Google-Mutter Alphabet: Ist die Idee des Moonshot-Konzerns gescheitert oder geht es jetzt erst richtig los?

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Vor etwas mehr als vier Jahren wurde aus den zahlreichen Google-Projekten die Alphabet Holding geschaffen, deren wichtigstes Tochterunternehmen Google als Geldgeber fungiert und alle Unternehmen subventionieren sollte. Bis heute hat sich an dieser Situation nichts geändert – es ist eher immer extremer geworden. Jetzt rückt Google-CEO Sundar Pichai nach oben und wird zusätzlich CEO von Alphabet – was einige Fragen aufwirft. Es ist gut möglich, dass das gesamte Konstrukt Alphabet nun hinterfragt wird.


Als im Oktober 2015 die Gründung der Alphabet Holding verkündet und der große Umbau von Google eingeleitet wurde, wurde dies damit begründet, dass das Unternehmen Google vor den Gefahren der Moonshot-Projekte geschützt werden sollte. Dabei geht es vor allem darum, dass Alphabet in Bereiche vordringen wollte, die ein großes finanzielles Risiko darstellen könnten. Zwar finanziert Google weiterhin alle Projekte, aber rein rechtlich gibt es eine saubere Trennung. Das ist dann aber auch schon die einzige Existenzgrundlage von Alphabet.

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Google-CEO Sundar Pichai hat nun eine Doppelrolle und ist gleichzeitig CEO von Google und Alphabet – womit er unter anderem auch selbst zu seinem eigenen Chef geworden ist. Das wird vermutlich für einige Probleme und Interessenskonflikte innerhalb des riesigen Alphabet-Universums führen und lässt einige Fragen offen, die wir versucht haben, in diesem Artikel zu beantworten. Dass Pichai nun sowohl Google als auch Alphabet führen soll, lässt aber auch das gesamte Konstrukt Alphabet wieder etwas Absurd wirken.

Zwischen Alphabet und Google sollte es eine saubere Trennung geben, doch nun steht derselbe Mann an der Spitze beider Unternehmen. Außerdem ist die gesamte Alphabet-Holding ohne Google nicht überlebensfähig, denn die Verluste wurden immer größer und betragen mittlerweile fast eine Milliarde Dollar pro Quartal! Natürlich beschäftigt sich Alphabet mit vielen langfristigen Projekten und investiert sehr viel Geld in Forschungen, aber irgendwann muss sich an dieser Situation natürlich etwas ändern. Doch bis das erste Alphabet-Unternehmen tatsächlich Geld verdient, könnte es noch sehr lange dauern.

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Weil nun derselbe Mann an der Spitze steht und sich an der Finanzierung nichts geändert hat, muss man sich die Frage stellen, ob das Konstrukt Alphabet überhaupt eine Zukunft hat. Weil sich diese Frage wohl sehr viele Beobachter stellen würden, hat Sundar Pichai gleich in der Ankündigung klargestellt, dass sich bei Alphabet nichts ändern wird und die Struktur beibehalten werden soll. Aber diese Versprechen haben bekanntlich nie eine lange Halbwertszeit und können im nächsten Quartal schon wieder ganz anders aussehen.

I want to be clear that this transition won’t affect the Alphabet structure or the work we do day to day. I will continue to be very focused on Google and the deep work we’re doing to push the boundaries of computing and build a more helpful Google for everyone. At the same time, I’m excited about Alphabet and its long term focus on tackling big challenges through technology.

Viele der zahlreichen Alphabet-Projekte sind sehr sinnvoll, aber warum sollten sie nicht wieder unter das Dach von Google wandern und dort ihr volles Potenzial ausschöpfen? Mit der Trennung einiger Projekte steht man sich eher selbst im Weg und kann die in der Holding vorhandenen Stärken nicht vollständig nutzen. Man denke nur an die KI-Forschung von Google und Deepmind, die zukünftigen starken Überschneidungen im Bereich Gesundheit oder auch die gemeinsamen Möglichkeiten von Waymo und Google-Projekten wie Maps oder Android Automotive.

Alles zurück zu Google?
Dass man mit Sundar Pichai nun einen gemeinsamen CEO hat, wird wohl dafür sorgen, dass die in der Vergangenheit getrennten Unternehmen wieder stärker zusammenarbeiten. Schon in der Vergangenheit ist YouTube wieder näher an Google herangerückt und die Alphabet-Tochter Nest ging wieder zurück zu Google. Alles Umstrukturierungen von der linken in die rechte Tasche, deren Aufwand man sich von Anfang an hätte sparen können.

Auch Google hat mittlerweile wieder Moonshots im Unternehmen, die nach der aktuellen Logik eigentlich eher bei Alphabet zu finden sein sollten. Dazu gehören etwa die Quantencomputer, deren Entwicklung sehr viel Geld kostet und in Zukunft auch für große Probleme sorgen könnte. Über die Probleme und Gefahren rund um die Quantencomputer haben wir euch in diesem Artikel bereits berichtet.



…oder hebt Alphabet endlich ab?
Auf der anderen Seite könnte es aber auch in die entgegengesetzte Richtung laufen: Sundar Pichai könnte Alphabet endlich auf Schiene bringen und den Turbo zünden, sodass die Holding das tun kann, wofür sie eigentlich gegründet wurde: An zukünftigen Technologien forschen und interessante Technologien einkaufen. Schon 2015 hieß es, dass Alphabet schon bald aus „sehr viel mehr Unternehmen“ bestehen wird. Bis heute ist in diese Richtung nichts passiert. Und das liegt ganz bestimmt nicht am Geld.

Auch wenn Pichai bei einigen Google-Fans nicht unbedingt ein hohes Ansehen genießt und einige unpopuläre Entscheidungen getroffen hat: Er führt das Unternehmen zum Erfolg. Google ist heute erwachsener als früher, konnte Umsatz und Gewinn extrem steigern und die Mitarbeiterzahl hat sich innerhalb seiner Amtszeit fast verdoppelt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist Sundar Pichai der bisher beste CEO und ein echter Glücksgriff – genau so etwas braucht auch Alphabet. Aber wer soll dann neuer Google-CEO werden?

Larry Page hat Alphabet offenbar nur verwaltet, aber nicht wirklich vorangebracht. Der CEO soll laut vielen Berichten kaum im Haus gewesen sein und sich wohl auf den Stärken seiner unter Google gewachsenen Holding ausgeruht haben. Aus dem Grund ist es auch kein großer Verlust, dass Page nun abtritt und Platz für Sundar Pichai macht. Ob das für Alphabet nun das Ende oder ein Neuanfang ist, wird sich wohl im Laufe des nächsten Jahres zeigen.

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comment 1 Kommentare zum Thema "Google-Mutter Alphabet: Ist die Idee des Moonshot-Konzerns gescheitert oder geht es jetzt erst richtig los?"

  • Prinzipiell ist die Alphabet Holding überflüssig, denn diese wurde wie ja allgemein bekannt, nur eingerichtet um die Moonshots rechtlich abzutrennen, hat aber ansonsten keinerlei Relevanz. Nüchtern betrachtet muss man natürlich auch mal darüber reden welche Moonshot-Projekte überhaupt jemals was werden könnten.

    Das X-Labor, Verily, Calico, Jigsaw, Sidewalk Labs, Loon und Wing haben rein gar nichts mit dem Kerngeschäft der Suchmaschine zu tun, sondern werden nur quersubventioniert was der Grund dafür ist das sie überhaupt noch existieren. Google Fiber ist sowiso tot und Waymo könnte auch sehr gut eigenständig operieren. Bleiben also nur noch drei Dinge die für das Kerngeschäft relevant sind: DeepMind und mit Abstrichen der Venture Capital Arm und die Kapitalbeteiligungen.
    Unterm Strich also hat die Holding nur unnötige Bürokratie geschaffen und verdient mit anderen Projekten als Google kein Geld. Da hätte man sich die Gründung sparen können.

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