Googles große Hardware-Übernahmen: Unglückliches Händchen bei Fitbit, Nest, HTC & Motorola – oder nicht?

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Google hat vor wenigen Tagen nach einer langen Hängepartie die Übernahme von Fitbit abgeschlossen, zumindest nach eigenen Angaben und unter Missachtung der Behörden. Ob sich die investierten 2,1 Milliarden Dollar tatsächlich lohnen werden, steht in den Sternen aber die Vorzeichen sprechen nicht unbedingt dafür. Gerade mit den großen Übernahmen im Hardware-Bereich hatte Google in der Vergangenheit nur selten ein glückliches Händchen.


Google hat im Laufe der über 23-jährigen Firmengeschichte schon sehr viele Unternehmen übernommen und das eine oder andere Mal bildeten die Übernahmen den Grundstein für später sehr erfolgreiche Produkte. So kamen etwa Google Maps (Ableger von Keyholes Earth), die Videoplattform YouTube und auch das Betriebssystem Android durch Übernahmen in das Unternehmen – wobei nach so langer Zeit natürlich nicht mehr bewertet werden kann, ob sie auch ohne Google nachhaltig erfolgreich gewesen wären. Im Hardware-Bereich sieht es weniger rosig aus.

fitbit

Google hat im Oktober 2019 die Übernahme von Fitbit verkündet, musste sich aber tatsächlich bis vor wenigen Tagen gedulden und konnte erst vor zwei Wochen den Vollzug der Übernahme verkünden, die aber tatsächlich noch nicht in trockenen Tüchern ist. Nun wird es spannend, welche Produkte aus dieser Übernahme hervorgehen werden bzw. welche der bereits vorhanden Produkte in den Portfolios der beiden Unternehmen fortgeführt oder miteinander verschmolzen werden.

Vor wenigen Tagen haben wir uns angesehen, welche Produkte verschmolzen oder eingestellt werden könnten, wobei sich Google bisher noch nicht offiziell zur Zukunft einiger Marken geäußert hat. Viel spannender wird vielleicht auch sein, wie es um die gemeinsamen Produkte steht – die fast schon legendäre Pixel Watch, die es Jahr für Jahr nicht auf den Markt schafft. Die Fitbit-Übernahme könnte sich aber auch als großer Flop erweisen, die Vorzeichen waren ja nicht wirklich gut, genauso wie einige weitere große Übernahmen im Hardware-Bereich.

Schauen wir uns einmal die drei weiteren sehr großen Übernahmen im Hardware-Bereich an, die Google in den vergangenen Jahren getätigt hat. Es wurden noch viele weitere kleine Unternehmen oder Technologien übernommen, die in dieser Betrachtung aber keine Rolle spielen sollen. Es geht nur um die „dicken Fische“.

» Fitbit: Von Wear OS bis Pixel Watch – wie soll Google die Produkte des Unternehmen fortführen oder integrieren?




Motorola

Google erste große Übernahme im Hardware-Bereich war zugleich wohl einer der größten finanziellen Flops des Unternehmens. Die Übernahme von Motorola für 12,1 Milliarden Dollar (!) kam nicht aus heiterem Himmel, aber dennoch sehr überraschend. Eigentlich wusste damals wie heute niemand so genau, was Google eigentlich mit dem Smartphone-Hersteller vor hat. Google hatte die Nexus-Smartphones und alle andern großen Hersteller sahen Googles großen Einstieg in den Smartphone-Markt aufgrund der damals schon sehr hohen Android-Dominanz sehr kritisch – verständlich.

Bis auf den Firmenname „Motorola by Google“ haben beide Unternehmen niemals zusammengepasst und schon nach einem Jahr war die Rede davon, dass zwischen den beiden Unternehmen, die eigentlich ein starkes Team bilden sollten, eine regelrechte Eiszeit herrscht. Gut möglich, dass Google schon damals das Pixel-Konzept in der Schublade hatte und dieses mit Motorola auf Schiene bringen wollte – es hat aber nicht funktioniert.

Nicht einmal zwei Jahre später hat Google das Unternehmen an Lenovo verkauft – für nur noch knapp drei Milliarden Dollar. Zwar hat Google zuvor schon einige Teile von Motorola versilbert und alle relevanten Patente behalten (um die es damals wohl hauptsächlich ging), aber dennoch steht unter dem Strich ein dickes Minus.

Nest

Anfang 2014 hat Google Nest für 3,2 Milliarden Dollar übernommen und wollte damit groß in den Smart Home-Markt einsteigen. Allerdings hatte das Unternehmen damals gerade zwei Produkte im Angebot, den Rauchmelder und das Thermostat und sah schon wenig später einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Belegschaft rebellierte und Google-Gründer Larry Page drohte sogar mit Abwicklung des Unternehmens, wenn nicht endlich erfolgreiche Produkte auf den Markt kommen. Tatsächlich kam bei Nest sehr lange gar nichts. Die Überwachungskamera, die heute sehr populär sind, wurden von Dropcam zugekauft.

Heute ist Nest eine etablierte Marke im Smart Home, Google hat die eigenen Produkte in diesem Bereich unter das Dach von Nest gebracht und in Kürze stehen viele neue Nest-Produkte vor der Tür, wobei kaum Zahlen zur Verbreitung der Gerätschaften bekannt sind. Der zeitliche Abstand der Produkt-Offensive vor zwei bis drei Jahren zeigt eindeutig, dass diese von Google angestoßen wurde und nichts mehr mit dem damaligen Nest oder dessen Roadmap zu tun hat. Das hätte Google sehr viel günstiger haben und auch aus eigener Kraft stemmen können.

Man muss sich fragen, wofür Google damals drei Milliarden Dollar ausgegeben hat – für einen Rauchmelder und ein Thermostat? Obwohl Nest heute mehr oder weniger erfolgreich und eine etablierte Marke ist, kann man die Übernahme eigentlich nur als Flop einordnen.

» Smart Home: Neue Google Nest-Produkte stehen vor der Tür – diese Produkte werde wohl in Kürze vorgestellt




HTC

Anfang 2018 hat Google die Übernahme von HTC abgeschlossen und das Team des Smartphone-Herstellers für 1,1 Milliarden Dollar vollständig in den eigenen Hardware-Bereich verfrachtet. Allerdings hat Google nicht das gesamte Unternehmen HTC übernommen, sondern nur alle Abteilungen, Mitarbeiter, Technologien und Werte die zuvor schon bei der Produktion der Pixel-Smartphones zum Einsatz gekommen sind. Man kann also sagen, dass sich Google praktisch die Pixel-Abteilung von HTC einverleibt hat.

Die Hintergründe sind zwar nicht bekannt, aber die Übernahme wurde damals offenbar aus der Not heraus geboren. HTC strauchelte heftig, ist längst nicht mehr relevant und brauchte dringend frisches Kapital. Einen solchen Partner, der jeden Moment in die Pleite schlittern könnte, konnte Google bei den neuen Pixel-Smartphones natürlich nicht gebrauchen und hat somit sowohl HTC als auch die eigenen Pixel-Smartphones gerettet. Ob das zuvor schon geplant war, denn immerhin versprach sich Googles Hardware-Chef davon viele Innovationen und neue Technologien, lässt sich heute schwer sagen.

Die ersten Smartphones, die von der Planung bis zur Produktion vom „neuen HTC“ unter Googles Leitung produziert wurden, waren die Pixel 4-Smartphones, die zumindest in puncto Innovation bekanntlich nicht enttäuscht haben. Allerdings stammten diese Innovationen (Gesichtserkennung, Gestensteuerung und mehr) rein aus Google-Projekten. Welchen Anteil das HTC-Team daran hat, immerhin sind die neuen Technologien bei Google entstanden, lässt sich nicht sagen. Dennoch eine Übernahme, die von allen Seiten als Erfolg gewertet werden kann.

Und wer weiß, an wen LG seine Smartphone-Sparte verkaufen könnte…


Fitbit: Von Wear OS bis Pixel Watch – wie soll Google die Produkte des Unternehmen fortführen oder integrieren?




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comment 2 Kommentare zum Thema "Googles große Hardware-Übernahmen: Unglückliches Händchen bei Fitbit, Nest, HTC & Motorola – oder nicht?"

  • Der Motorola Kauf war auch nicht um Geräte zu bauen sondern im alle Patente zu besitzen. Google hat damit die grosse Kanone auf Apple gerichtet damit die Klagerrei aufhört. Das ging auf und somit war es ein voller Erfolg 😏

  • Sieht für mich immer so aus, dass irgendwelche Beträge zur Steuervermeidung mal eben schnell verballert werden. Ohne echten Plan, „kauf das, gerade billig zu bekommen“.
    Das mit Moto ging ja deshalb in die Hose, weil man als OS Hersteller den Abnehmern ja nicht noch direkt ein Konkurrenzprodukt vor die Nase bauen sollte. Wenigstens war man noch so schlau, sich das Patentportfolio zu sichern. Wie jetzt auch bei Fitbit, wo das Ausweiden demnächst beginnt. Gute Verhandlungsmasse, gegen Apple, Microsoft, und andere Patentgeier.

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