Google Inbox: Der alternative GMail-Posteingang wird in zwei Tagen endgültig eingestellt – ein Blick zurück

inbox 

Im Oktober 2014 hat Google den Start von Inbox angekündigt, einem neuen intelligenten Posteingang inklusive einer neuen Oberfläche zur Verwaltung aller E-Mails. Sensationell neu war die Oberfläche nicht, dafür hat sie aber viele neue Konzepte in den Posteingang gebracht, die teilweise in anderen Produkte übernommen wurden. Jetzt steht Inbox vor dem Aus und wird in wenigen Tagen, genauer gesagt am 2. April, endgültig eingestellt.


Warum dieser Artikel schon heute erscheint? Am morgigen 1. April wäre er vielleicht nicht ganz so günstig platziert und am 2. April wird der Posteingang im Laufe des Tages wohl schon heruntergefahren. Ein exakter Zeitpunkt ist nicht bekannt. Außerdem ist es sehr gut möglich, dass Google sich einiges für den 15. Geburtstag von GMail aufgehoben hat, das das Ende von Inbox in den Schatten stellt. Zumindest eine 15-Jahre-Feier und E-Mails mit 50 Jahre Wartezeit wurden schon entdeckt. Vielleicht kommen auch Bundles?

google inbox grabstein

Am 1. April 2004 hatte Google den Markt der Freemailer gewaltig aufgemischt und den durchschnittlichen damaligen Speicherplatz mal eben verhundertfacht, die schnelle App-ähnliche Oberfläche eingeführt, die Konversationsansicht etabliert und vieles mehr. Zehn Jahre später wollte man erneut eine Revolution starten, allerdings nicht mit den Hunderten Millionen GMail-Nutzern, sondern erst einmal mit testwilligen Nutzer, die für neue Konzepte offen sind. Und so wurde Inbox geboren.

Inbox änderte die Oberfläche nicht grundlegend, sondern konzentrierte sich vor allem auf die Aufbereitung und optimierte Darstellung der Mailflut. Statt alle Konversationen chronologisch aufzulisten, wurden sie intelligent mit den Bundles zusammengefasst und thematisch geordnet sowie nach Priorität sortiert. Während GMail nur den Posteingang von Spam freigehalten hat, sollte Inbox auch die benötigten aber unwichtigen E-Mails erst einmal nach unten verfrachten, damit wichtige Themen zuerst bearbeitet werden.

Wer z.B. eine Reise plant und Flug, Unterkunft sowie Mietwagen und Ausflüge separat bucht, konnte bei Inbox darauf hoffen, alles in nur einem Bundle präsentiert zu bekommen. Das hat meistens recht gut funktioniert. Und wenn nicht, konnte der Nutzer auch selbst Bundles erstellen. Das war aber nicht die einzige „Revolution“.



google inbox screenshot

Inbox hat sich nicht nur als sortierten Posteingang gesehen, sondern als erste Anlaufstelle für den Nutzer. Deshalb ließen sich Erinnerungen erstellen, die gänzlich unabhängig von einer E-Mail im Posteingang angezeigt wurden und den Nutzer rechtzeitig daran erinnern, bestimmte Dinge zu erledigen. Genauso wurden E-Mail wieder nach oben befördert, auf die der Nutzer vielleicht noch antworten sollte bzw. auf die man eine Antwort bekommen müsste. Um das, und auch die Bundles, zu ermöglichen, kam hier erstmals eine Künstliche Intelligenz in den Posteingang.

Eines der später hinzugekommenen Experimente waren die Smart Replys, die automatisch kurze Antworten vorgeschlagen haben und dem Nutzer entweder Tipparbeit ersparen oder schnelle Antworten im Zeitdruck ermöglichen konnten. Diese Technologie hatte sich später auch in den Messengern verbreitet, ist in ähnlicher Form beim Google Assistant zu finden und beim großen Bruder GMail kann der Nutzer sich nun sogar schon halbe E-Mails automatisiert schreiben lassen.

Man kann die vielen Experimente durchaus als erfolgreich beschreiben und tatsächlich hat einiges davon den Weg in „das neue GMail“ gefunden, wenn auch noch längst nicht alles. Smart Reply ist in ähnlicher Form vorhanden, Anhänge und Vorschaubilder findet man nun auch bei Gmail, die Aufgabenverwaltung ist in GMail integriert und die multiplen Posteingänge sind ebenfalls von Inbox inspiriert. Doch das wichtigste, die Bundles, sind auch weiterhin nicht in GMail vorhanden.

Es wäre für Google ein leichtes, die Bundles-Ansicht einfach als zusätzliche Ansicht in GMail anzubieten, ohne dass man die bestehenden Nutzer und Gewohnheitstiere zu sehr verwirren würde. Vielleicht wird man das noch tun und pünktlich zum morgigen 15. Geburtstag, der seine Schatten bereits vorausgeworfen hat, endlich integrieren. Versprochen hat man es schon längst und es wäre vielleicht auch ein sehr schönes Geschenk für alle überzeugten Inbox-Nutzer, die bis zum 2. April dabei bleiben und sich noch nicht von ihrem Worflow trennen konnten.



Google hat mit offenen Karten gespielt – dennoch lief es unglücklich
Als Google Inbox Ende 2014 / Anfang 2015 gestartet wurde, war stets die Rede von einem „experimentellen Posteingang“, in dem neue Konzepte ausprobiert werden sollen. Zwar kann man bei keinem Google-Produkt sicher sein, dass es für die Ewigkeit gemacht ist, aber hier wurde schon von Beginn an sehr transparent kommuniziert, dass es eben nur ein Experiment ist. Die Bezeichnung „Inbox by Gmail“ war ebenfalls ein Zeichen dafür, dass das ein Ableger und kein echtes eigenständiges Produkt ist.

Natürlich hätte man es auch „GMail Beta“ oder ähnlich nennen können, aber das wäre der Intention wohl nicht gerecht geworden. Hinzu kommt das Problem, dass es bei GMail ein kleines Chaos in Sachen Experimente gibt. Bei einem Designwechsel gibt es über mehrere Monate zwei verschiedene Oberflächen und in den Einstellungen gab es viele Jahre lang „GMail Labs“ mit experimentellen Funktionen. Von daher war die Schaffung eines eigenen Markennamens wohl nicht der verkehrteste Weg. Dass die Nutzer diesen dann so stark verwenden war wohl nicht abzusehen. Genauso gut könnte auch Googles Instagram-Klon FriendlyPix als Social Network bezeichnet werden.


Persönlich bin ich mit Inbox nie warm geworden und habe das Tool nur immer wieder mal für einen Testzeitraum verwendet, nur um dann doch stets wieder zu GMail zurückzukehren. Natürlich liebe auch ich Ordnung im Posteingang, aber eben nach MEINEM eigenen System und schön einfach und simpel in der Listendarstellung, ganz ohne intelligente Sortierung. Auch die alternativen GMail-Posteingänge kamen nie in meinem Workflow an. Und da GMail auch nach dem Neustart nicht davon abgerückt ist, denke ich, dass es vielen Menschen ähnlich geht.

Dennoch ist der Ärger der vielen Nutzer für mich verständlich und es bleibt zu hoffen, dass GMail vielleicht schon morgen Bundles und mehr bekommen wird. Der 15. Geburtstag wäre eine gute Zeit dafür. Aber immerhin müssen für _diese_ Einstellung keine Daten gerettet werden.

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