YouTube Messenger: Googles neuester Anlauf auf dem Messenger-Markt hat großes Potenzial

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In dieser Woche hat YouTube den Startschuss für die neue Teilen-Funktion gegeben und hat damit durch die Hintertür einen neuen Messenger gestartet, der noch einmal völlig bei Null anfängt. Doch obwohl es nach aktuellem Stand der Messenger mit dem geringsten Funktionsumfang im Google-Universum ist, ist es auch gleichzeitig die Chatplattform mit der größten Reichweite. Und genau das könnte Google sehr gut nutzen – wenn es denn selbst wüsste, was es da gebaut hat.


Schon im August 2017 hatte Google den Messenger in der YouTube-App gestartet und hat damit eine interne Teilen-Funktion für die Videos der Plattform aufgebaut. Nun hat es noch weitere neun Monate gedauert, bis diese Funktion auch ihren Weg in den Browser gefunden hat. Doch die wirkliche Intention hinter diesem Feature ist nicht ganz klar, da es von allem ein bisschen bietet: Teilen-Funktion mit Antwortmöglichkeit, private Kommentarfunktion, „Watch Party“ oder eben doch der Start eine vollwertigen Messengers.

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Über Googles Messenger-Ambitionen muss ich hier im Blog wohl nicht mehr viel schreiben, denn allen Lesern dürften die zahlreichen Anläufe für den Aufbau und die Etablierung eines Messengers bekannt sein. Das vermeintlich letzte Kapitel dieser langen Geschichte wurde erst im vergangenen Monat mit der Ankündigung von ‚Chat‘ aufgeschlagen. Diese neue Plattform soll nun endlich WhatsApp und Facebook angreifen und ist – so sehen es viele – Googles letzte große Chance auf dem Messenger-Markt.

Und nun kommt plötzlich der YouTube-Messenger, der zwar nicht mehr ganz so neu ist, aber dennoch relativ überraschend nun auch im Browser zur Verfügung steht. Auf dem Smartphone ist eine In-App-Teilen-Funktion ja ganz praktisch, aber im Browser sieht das dann doch schon wieder etwas anders aus. Dazu kommt das „Problem“, dass unter diesen geteilten Videos beliebige Nachrichten versendet werden können, die dann alle Personen erreichen, die dieses Video zugesendet bekommen haben. Und das macht daraus dann plötzlich einen Chat und einen Messenger.

In obigem Video wird das ganze noch einmal im Überblick vorgestellt, allerdings in der Smartphone-Version.



youtube messenger

Witzigerweise ist dieser Messenger – ich nenne das Tool jetzt einfach einmal so – Googles derzeit mit Abstand größte Chatplattform. YouTube kommt unter Android auf weit über 1 Milliarde Installationen, gehört zu den populärsten Webseiten überhaupt und hat laut brandaktuellen Zahlen 1,8 Milliarden aktive Nutzer pro Monat. Damit ist die potenzielle Reichweite von Allo, Hangouts und auch Android Messages schon einmal locker überboten.

Dass dieser Messenger YouTube-intern eine große Priorität hat, zeigt sich vor allem an der Umsetzung auf dem Desktop: Er hat ein eigenes Icon im sonst so übersichtlichen oben rechts platzierten Menü bekommen und nutzt als Symbol eine Mischung aus Chatblase und Teilen-Funktion (selbst da ist sich YouTube wohl selbst nicht im Klaren, was man da eigentlich gebaut hat). Sinnvoller wäre, wenn es nur um das Teilen von Videos geht, eine Integration in die Benachrichtigungen – denn das ist der normale Weg, über den Nutzer auf ein Video hingewiesen werden.

Als weitere Merkwürdigkeit kommt dazu, dass der Messenger im Webbrowser wohl nicht nur mich an den Facebook Messenger im Web erinnert. (Zugang oben, Konversationsübersicht oben, Chat unten rechtes, kleines Overlay,…). Die Konversation dreht sich zwar um ein Video, doch dieses wird lediglich als erste Nachricht angezeigt und ist spätestens nach fünf weiteren Nachrichten im Chatverlauf verschwunden und nicht mehr zu sehen. Ein „gemeinsames“ Video gucken, wie es im Werbevideo weiter oben im Artikel propagiert wird, ist damit gar nicht möglich. Es macht keinen Unterschied, ob das Video nun bei YouTube, WhatsApp oder Facebook per Messenger versendet wird. Und damit ist die Definition der Funktion klar: Messenger.

Google könnte diesen Messenger dafür nutzen, weitere sehr ähnliche Funktionen zu integrieren. Auch Google Photos hat eine interne Teilen-Funktion ohne Messenger. Alle Google Drive-Apps haben ebenfalls eine sehr rudimentäre Chat-Funktion mit Kommentaren. Wer also Dokumente, Fotos und Videos teilt, hat überall völlig verschiedene Möglichkeiten der Rückmeldung und muss sich diese später wieder zusammensuchen. Und hier käme dann Googles Über-Messenger ins Spiel.



Ein zentraler Ort für alle geteilten Dokumente stand immer wieder mal auf der Agenda, hat es bisher aber noch nicht bei Google gegeben. Das Google Drive war ein Weg dahin, doch die vielen weiteren Apps können darin nicht integriert werden. Das neue GMail könnte eine solche Stelle werden, hat sich aber wohl auch wieder für eine völlig andere Verknüpfung der Dienste untereinander entschieden.

Bleibt der Google Feed, der zwar derzeit eine ganz andere Richtung hat, aber sowohl vom Grundkonzept als auch vom Produktnamen eine perfekte Lösung wäre. Der Feed ist durch das neue Google News existenzbedroht und hat als damaliger Google Now-Ableger alles dabei, was benötigt wird. An dieser Stelle können dem Nutzer alle mit ihm geteilten Inhalte angeboten und eine solche als Messenger getarnte Kommentar-Funktion integriert werden. Am Ende hätten wir dann zwar ein zweites Facebook, aber genau so etwas braucht Google.

Zum aktuellen Stand sind meine Gedanken vielleicht noch nicht für jeden nachvollziehbar, aber das kann sich schnell ändern. Spätestens wenn YouTube weitere Möglichkeiten in diese Teilen-Funktion bringt und sie nicht zum Starten einer Konversation an ein Video knüpft, stellt sich die Frage, ob es nicht doch nur ein Messenger ist, der sich zum Start sehr gut tarnt und erst einmal seine Zielgruppe sucht.

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