Stadia: Googles Spieleplattform schon im Wandel? Mögliche Zukunft als Business-Produkt wäre sinnvoll

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Googles Spieleplattform Stadia gehört zu den jüngeren Produkten des Unternehmens, hat aber dennoch bereits kleinere Strategiewechsel hinter sich und könnte schon bald vor einem größeren Umbruch stehen. Es zeichnet sich ab, dass Stadia völlig anders am Markt positioniert wird und die Infrastruktur statt der eigentlichen Plattformen in den Vordergrund gerückt wird. Eine 180-Grad-Wendung, die für Spieler und Abonnenten aber auch ein Vorteil sein könnte.


stadia logo

Müsste man ein Fazit nach bald eineinhalb Jahren ziehen, fällt es für Stadia nicht gut aus: Zwar gibt es eine große Anzahl begeisterter Spieler, aber deren Anzahl liegt weit unter Googles Erwartungen. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Stadia viele Hunderttausend Spieler weniger als erwartet hat und Google Dutzende Millionen Dollar für die Portierung großer Spieletitel auf Stadia ausgegeben hat. Bislang hat sich das nicht ausgezahlt.

Natürlich muss man beim Aufbau eines neuen Ökosystems sehr viel Geduld haben und Durchhaltevermögen beweisen – aber darin war Google noch nie wirklich gut. Wenn es nicht läuft, muss ein Strategiewechsel oder ein Neustart her – ungeschriebene Google-Regel. Dass das auch bei Stadia nicht anders ist, wurde durch die meiner Meinung nach völlig überstürzte Schliessung der Games Studios deutlich. Statt die Millionen in die großen Spieletitel zu pumpen und eine Me-Too-Plattform aufzubauen, hätte sicher auch der eine andere Exklusivtitel aus eigenem Hause nicht geschadet, der die vielleicht einzigartigen Technologien von Stadia voll ausnutzt. Aber dazu wird es vorerst nicht kommen. Selbst dem verheißungsvollen Project Hailstorm wurde der Stecker gezogen und an das letzte der eigentlich regelmäßig geplanten Stadia-Events kann sich wohl kaum noch jemand erinnern.

Wenn man Googles Strategien über die Jahre verfolgt hat, dann wird sehr schnell deutlich, warum viele Beobachter eine baldige Einstellung der Spieleplattform erwarten. Ich zähle mich nur ein wenig dazu, denke aber in eine ganz andere Richtung: Das Stadia-Geschäft dürfte schon bald vollkommen anders aussehen und die heute bekannte Spieleplattform nur ein kleiner Teil davon sein.




Stadia wird zum Infrastruktur-Angebot
Google ist experimentierfreudig, schmeißt gerne neue Produkte auf den Markt und evaluiert nach einigen Monaten, was erfolgreich ist und was nicht. Bei Stadia sieht das ein bisschen anders aus, denn hier handelt es sich nicht nur um eine Software oder Plattform, sondern um sehr große Investitionen in die Infrastruktur, die über Jahre getätigt wurden. Schon bei der ersten Ankündigung wurde betont, dass man Stadia als sehr langfristiges Projekt sieht, an dem im Hintergrund seit Jahren gearbeitet wird. So etwas wirft man, trotz weit verfehlter Ziele nicht über Nacht weg.

Ich gehe davon aus, dass Google nicht mehr das Endprodukt Stadia, sondern vor allem die Infrastruktur dahinter als Geschäftsmodell sieht. Man wird Spieleentwicklern bzw. Publishern die Möglichkeit geben, ihre Spiele direkt über die Cloud zu vertreiben und dort zu spielen. Google wird dabei in den Hintergrund rücken und die technischen Dienste anbieten, die dem Endnutzer normalerweise verborgen bleiben – so wie AWS, Microsoft Azure oder eben die Google Cloud.

Man könnte sich das nach dem Android-Modell vorstellen: Die Stadia-Infrastruktur wird zu Android und die Spieleplattform Stadia sind die Pixel-Smartphones. Googles Smartphones sind global im Vergleich zu anderen Herstellern ebenfalls „erfolglos“ (in Anführungszeichen!), aber Android eine starke und gesunde Plattform, deren Möglichkeiten unter anderem von den Smartphones vorangetrieben wird. Das Produkt Stadia könnte somit weiter betrieben werden und einfach die darunterliegende Stadia-Infrastruktur nutzen, promoten und vielleicht durch eigene Ambitionen voranbringen – so wie man es ehemals mit den Nexus- und Pixel-Smartphones bei Android getan hat.

Stadia ohne Stadia
Denkbar wäre für mich aber auch, dass das Consumer-Produkt Stadia vollkommen eingestellt wird. Die Verantwortung für die Spiele liegt ohnehin bei den Publishern, alle Titel müssen (mit Ausnahme der Gratis-Aktionen) gekauft werden und die Nutzer zahlen ihre 9,99 Euro pro Monat lediglich für die Plattform. Ob die nun den Stadia-Stempel trägt oder im Hintergrund von den Publishern bei Google gebucht werden, ändert nichts. Die Änderung wäre lediglich beim Markenauftritt. Mittlerweile arbeitet man ja sogar daran, den Stadia-Controller überflüssig zu machen.

Google hat das zwischen den Zeilen bereits angekündigt
Dass ich mir das nicht nur ausdenke, zeigt sich an der offiziellen Ankündigung zum Games Studio-Aus. Dort steht schon im Titel „Stadia’s future as a platform“. Im Text, der sich an Endnutzer richtet, wird praktisch nur von „Partnern“ gesprochen, während die „Spieler“ keine große Rolle spielen.

Google beteuert, dass man an Stadia festhalten wird und verweist auf den wachsenden Ausbau, die gestiegene Reichweite mit neuen Plattformen (Google TV) und die neuen Partner. Das ist alles korrekt, wird aber natürlich auch für einen Cloud-Dienst benötigt, den man an die großen Spielehersteller verkaufen bzw. vermieten möchte. Es ist gar nicht notwendig, dass Google selbst einen Spieledienst betreibt. Kein Wunder, dass man erst kürzlich den Produktmanager (!) verloren und das nicht einmal verkündet hat.

Deutlich wird das auch in den folgenden Sätzen, die ich hier einfach mal mehr oder weniger zusammenhanglos zitieren möchte:

It’s clear that Stadia’s technology has been proven and works at scale. Having games streamed to any screen is the future of this industry, and we’ll continue to invest in Stadia and its underlying platform to provide the best cloud gaming experience for our partners and the gaming community.




we’re expanding our efforts to help game developers and publishers take advantage of our platform technology and deliver games directly to their players. We see an important opportunity to work with partners seeking a gaming solution all built on Stadia’s advanced technical infrastructure and platform tools. We believe this is the best path to building Stadia into a long-term, sustainable business that helps grow the industry.

We’re committed to the future of cloud gaming, and will continue to do our part to drive this industry forward. Google is focused on delivering value for our partners and on behalf of our players.

Stadia war vielleicht einfach nur das Demo-Produkt, das die Stärke der Infrastruktur zeigen soll, die von Entwicklern und Publishern zukünftig verwendet werden kann. Dieses Produkt muss natürlich nicht eingestellt werden, damit würde sich Google auch wenig Freunde machen, aber es spielt in der Großen und Ganzen Strategie dann eben keine große Rolle mehr. Vielleicht wird Stadia dadurch eines Tages wachsen, aber der Fokus dürfte dauerhaft eher auf dem Cloud-Business liegen.

Und damit würde Stadia dann auch endlich zu Googles Kerngeschäft passen. Über zwei Jahrzehnte waren Google und Spiele zwei völlig getrennte Welten. Zwar gab es immer wieder mal witzige Casual-Spiele im Rahmen von Doodles, Eastereggs oder Promos, aber grundsätzlich sind Spiele nicht unbedingt das, was zu Google passt. Schon von Beginn an hatte man darauf wert gelegt, die jahrelangen Vorbereitungen innerhalb der Google Cloud zu betonen, die man für Stadia durchgeführt hat. Und damit schließt sich der Kreis, dass man von einem „sehr langfristigen Projekt“ spricht und kein geringerer als der CEO selbst das Produkt damals im Rahmen mehrerer großer Events angekündigt hat.


Das ist nur meine Sicht der Dinge, die durch die erwähnten Indizien gestärkt wird. So lange das Ende von „Stadia“ der Beginn eines neuen Cloud-Produkts bedeutet und der Übergang für alle Nutzer mehr oder weniger unbemerkt verläuft, dürften die meisten mit einem etwaigen Ende von Stadia leben können. Natürlich weiß man bei Google nie, wann es einen weiteren Strategiewechsel gibt, aber mit Stadia hat man die beste Werbung für das zukünftige Produkt gemacht. Denn im Cloud-Geschäft es geht nur um die Stärke der Infrastruktur und nicht um den Erfolg der Marke.

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comment 7 Kommentare zum Thema "Stadia: Googles Spieleplattform schon im Wandel? Mögliche Zukunft als Business-Produkt wäre sinnvoll"

  • Was für ein schlechter Artikel. Und Du wunderst Dich warum dein Blog den Bach runter geht…!?

  • Der Artikel bei 9to5Google ist erfrischender und hat weniger die Totengräberstimmung. Was ist los bei dir Jens?

  • Was soll mit dem Artikel sein? Niemand den ich kenne ist überzeugt oder gar gewechselt. Im Gegenteil, alle, inklusive mir, sind wieder weg. Die Technik gibt das einfach nicht her. Zu geringe Auflösung zu wenig FPS und extrem unspielbare Latenz grade für MMOs, erst Recht PvP. Und vor allem noch eine Zerstückelung der Spiele, also es fehlt immer genau das Spiel, was man grade will. Viele Hersteller denken nicht mal drüber nach. Also selbst wenn die Technik so weit wäre, brauchbare Werte zu liefern doch wieder PC kaufen. Dafür dann noch ein Abo? Oder 3 und mehr? Ähm… nee!
    Außerdem glaube ich schon länger, dass Google selbst stirbt. Spaaren spaaren spaaren und keine Innovationen. Da kommt nichts mehr. Wenigstens habe ich keine Angst vor einer Google-Zukunft mehr. Trotzdem war ich immer dankbar für die tatsächlichen Innovationen die uns Google geschenkt hat. Von Apple bin ich hingegen seit meinem ersten ipod durchgehend nur angewidert, ganz anders als ich immer lese. R. I. P.

    • Komisch, ich und auch andere die ich kenne, haben ganz andere Erfahrungen gemacht. Die Auflösungen und FPS von 30 – 60 (je nach Auflösung/Spiel) funktionieren prima. Die Latenz ist weder auf meinem Rechner (per Kabel verbunden) noch mit meinem Chromecast (5GHZ Netz, ganz wichtig) zu spüren. Vielleicht solltest du mal die „Fehler“ bei dir selbst suchen. Ich lese so häufig, oooohh ich habe ne 250 MBit oder sogar GBit Leitung von Vodafone und das läuft bei mir total scheiße… Ja, das kann ja sein, dass man auf dem Papier die Leistung hat. Aber wie sieht es Abends um 20 Uhr aus? Läuft die Leitung da immer noch stabil und ohne jegliche Einbußen/Schwankungen?

      Es gibt genug Studios, die schon auf der Plattform präsent sind oder es in Zukunft sein werden. Um Stadia zu nutzen, benötigst du kein Abo. Du kannst sogar einige Spiele ganz ohne Abo spielen. Gekaufte Spiele kannst du ebenfalls kostenlos spielen. Das ist leider immer das Halbwissen, was einige Leute haben und auch weiterverbreiten.

      Google und keine Innovationen mehr? Woran machst du das fest? Google wie auch einige andere Techfirmen stecken viel Geld in Forschung und Firmen die Forschung betreiben. Viele Dinge laufen im Hintergrund, und nur weil du sie nicht sofort „siehst“, kann ein Unternehmen trotzdem Innovativ sein. Einige Dinge brauchen eben Zeit, bis sie der Öffentlichkeit präsentiert werden oder zum Einsatz kommen.

  • So ein Quark mit den Eingabeverzögerungen. Ich, als alter Fastshooter-Liebhaber, konnte ohne ein einziges technisches Problem Doom komplett durchziehen, was nur zeigt das die Eingabelatenzen absolut nicht spürbar und absoluter Unfug sind. Gerade Spiele dieser Klasse sind auf eine extrem genaue Eingabereaktion angewiesen und Du kannst mir glauben, von Quake 1 bis Arena von UT bis 2003 bis hin zu HL2 Adrenalin habe ich jeden Fastshooter exzessiv gezockt und weiß, wann die Hardware zum Problem wird.

    Stadia ist mit Abstand das ausgereifteste Cloudgamingsystem das ich gesehen und gespielt habe, (abgesehen evtl. von Luna, nur gibt es dies leider noch nicht außerhalb der USA) und auch wenn ich von damaligen „Alles von Google“ nur noch Stadia von Google nutze, muss ich trotz mittlerweile aller Abneigung dieses Konzerns gegenüber, eingestehen, dass Stadia in Sachen Gaming eine geniale Zukunft HÄTTE, wenn Sie dies nicht, wie so vieles, auch vor die Wand fahren.

    Wir werden sehen!

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