Stadia: Google hält die Spieleentwicklung plötzlich für zu teuer & feuert alle Entwickler; interessante Einblicke

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Google hat kürzlich die Schliessung der Stadia Games Studios verkündet, die als verheerendes Zeichen für die Zukunft der gesamten Spieleplattform gesehen wird. In den letzten Tagen kamen unschöne Details zu diesem Vorgang ans Licht, die recht deutlich zeigen, wie das Unternehmen arbeitet und dass langfristige Strategien bei neuen Produkten kaum eine Rolle spielen. Nun gibt es weitere Informationen.


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Es ist offensichtlich: Stadia ist kein Erfolg und dürfte sehr sehr weit hinter Googles Erwartungen liegen – anders lassen sich die aktuellen Vorgänge kaum noch erklären. Vor knapp drei Wochen hatte man aus recht heiterem Himmel das Aus der Stadia Games Studios verkündet, die erst eineinhalb Jahre zuvor gegründet wurden und eigentlich eine wichtige treibende Kraft für die Spieleplattform sein sollten. Man hatte große Pläne und wollte Spiele entwickeln, die in der Form nur bei Stadia möglich sind.

Doch dann kam es ganz anders: Die Studios werden geschlossen, wohl bis auf wenige Ausnahmen alle Mitarbeiter auf die Straße gesetzt und auch die Chefin der Spieleentwicklung hat das Unternehmen bereits verlassen. Wer ein klein wenig Einblick in die Spieleentwicklung hat, der weiß, dass sich große Titel nicht in dieser sehr kurzen Zeitspanne entwickeln lassen. Tatsächlich haben die Stadia Games Studios bis zum heutigen Tag kein einziges Spiel auf den Markt gebracht.

Die Entwickler haben aus den Medien von ihrer Kündigung erfahren und wurden noch eine Woche vor der angekündigten Schliessung regelrecht verarscht. Sie erhielten vom Stadia-Chef höchstpersönlich ein Lob für die großen Fortschritte, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits von der Schliessung wusste. Aber das war noch lange nicht alles.

» Stadia: Lügen & Hürden – so hat Google die Entwickler der eigenen Stadia Games Studios hinters Licht geführt




Die aus nachvollziehbaren Gründen wenig begeisterten, nun arbeitslosen, Entwickler haben nun interessante Einblicke gegeben: So wurden sie nicht nur hinters Licht geführt, sondern hatten offenbar schon von Beginn an mit Problemen zu kämpfen. Es ist die Rede davon, dass es in den Stadia Games Studios an Ressourcen in jeglicher Form gemangelt hat. Man hatte nicht genügend Hardware, hatte wohl keinen Zugang auf benötigte Software und auch die Personaldecke soll für die Pläne und Termine wohl zu dünn gewesen sein.

Google dürfte also von Anfang an auf die Kostenbremse getreten sein, was gerade bei der teuren Spieleentwicklung sicherlich nicht die richtige Strategie gewesen sein dürfte. Als sich nach dem Start der Spieleplattform abzeichnete, dass diese kein großer Erfolg würde, dürfte der Kostendruck noch einmal deutlich zugenommen haben. Zwischen den Zeilen wurde dies sogar vom Stadia General Manager Phil Harrison bestätigt: Die „Kosten für die Spieleentwicklung sind exponentiell explodiert“.

Nun habe ich von aktuellen Spielen keine Ahnung, aber ich gehe nicht davon aus, dass die allgemeinen Entwicklungskosten von Sommer 2019 bis Anfang 2021 so extrem gestiegen sind, dass man gleich den ganzen Laden schließen muss. Viel mehr dürfte die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr aufgegangen sein. Klar, wenn Stadia nur eine Million statt einer Milliarde Spieler hat, dann kann das Ergebnis unter dem Strich nur knallrot leuchten. Es war übrigens Harrison selbst, der das Ziel von einer Milliarde Spieler ausgegeben hat.

Harrison selbst gab vor wenigen Tagen an, dass auch äußere Einflüsse wie etwa die Übernahme von Bethesda durch Microsoft eine Rolle gespielt haben und dafür sorgten, dass die Entwicklungskosten steigen. Wie das Ganze nun mit Stadia zusammenhängt und warum es bereits in Entwicklung befindliche Spiele empfindlich verteuert hätte, ist allerdings nicht bekannt. Ich könnte mir lediglich vorstellen, dass auch bei Stadia nun die Messenger-Strategen am Zug sind und lieber einen Neustart statt einer Richtungskorrektur vornehmen. Eventuell steht eine größere Übernahme an? Nicht ausgeschlossen, würde aber nicht zum mehrfach angesprochenen Kostenfaktor passen.

Google hat keine langfristige Strategie
Google fährt sehr häufig die Strategie, dass man viel Geld und Ressourcen in ein Projekt pumpt und dann schon nach recht kurzer Zeit evaluiert, ob es erfolgreich war. Ist das nicht der Fall, wird der Stecker gezogen und das nächste Projekt in Angriff genommen. Kann man machen, ist bei sehr aufwendigen und langfristigen Projekten wie der Spieleentwicklung aber eher semi-optimal. Kleiner Vergleich: Würde Google in die Filmproduktion einsteigen, hätte man nach der Hälfte des Drehs den Stecker gezogen, weil bisher kein Geld verdient worden ist. Gut Ding will Weile haben.




Creating best-in-class games from the ground up takes many years and significant investment, and the cost is going up exponentially. Phil Harrison

Googles Stadia-Chef (!) hat bemerkt, dass die Entwicklung von Spielen sehr viel Geld und Zeit kostet. Das war ihm, der zuvor bei Atari, Sony und Microsoft gearbeitet hat, offenbar nicht bewusst. Auch Google dürfe überrascht davon gewesen sein, dass es mit dem teuren Aufbau der Infrastruktur nicht getan ist und man die eine oder andere Million in die Spieleentwicklung pumpen muss. Auf Jade Raymond, die das Unternehmen bereit verlassen hat und in der Vergangenheit für viele AA-Titel verantwortlich war, hatte man da wohl nicht gehört.

Die von Harrison angeführten finanziellen Gründe für die Spieleentwicklung sind grundsätzlich nachvollziehbar, aber sie sind nicht überraschend gekommen. Die große Frage, die sich mir persönlich stellt: Was hat Google eigentlich erwartet? Hatte man tatsächlich gehofft, schon nach einem Jahr große finanzielle Erfolge feiern zu können? Eine Plattform muss natürlich wachsen und nur weil Google drauf steht, wird es nicht automatisch ein Erfolg. Mittlerweile ist es eher umgekehrt, was man sich durch zahlreiche Einstellungen hart erarbeitet hat.

Alle nun bekannten Informationen zeichnen das Bild, dass Stadia weit hinter den Erwartungen liegt. Dass man selbst aus der Spieleentwicklung aussteigt, wird auch den Entwicklern der 400 angekündigten Spiele nicht verborgen geblieben sein und ich könnte mir vorstellen, dass das eine oder andere Projekt dadurch wohl auf die lange Bank geschoben oder gestoppt wird. Denn genauso schnell wie bei den Studios das Licht ausging, kann auch bei der gesamten Plattform der Stecker gezogen werden…

» Stadia: Sammelklage gegen Googles Spieleplattform – 4K versprochen, aber nicht geliefert & später vertuscht

[Kotaku]




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comment 13 Kommentare zum Thema "Stadia: Google hält die Spieleentwicklung plötzlich für zu teuer & feuert alle Entwickler; interessante Einblicke"

  • Ist man beim GWB so sauer auf Google, dass man ständig negatives über Stadia schreiben muss?

    Natürlich ist es schlimm für die Mitarbeiter. Natürlich ist das keine gute Nachricht für Stadia. Aber: dieser Artikel enthält keine neuen Informationen. Stattdessen werden alte information verzehrt (aus Mitarbeiter erfahren es fast zeitnah wie alle anderen wird „erfahren es aus den Medien“) und andere Mutmaßungen (Spiele Entwicklung könnte gestoppt worden sein) bis hin zu Aussagen wie Google hätte keine Strategie.

    Tatsächlich ist es ja die Strategie, dass man sich bei Stadia mehr auf die Plattform konzentrieren möchte. Da sind dann auch schon Mal Spiele zum Release in Stadia Pro enthalten, wie nun vor kurzem bei Little Nightmare 2 – wo war da euer Artikel? Oder durch einen Capcom leak ist bereits bekannt, dass es einen Deal gibt für Resident Evil auf Stadia – dafür gibt Google Mal eben ein paar Millionen aus anstatt selber Spiele zu entwickeln, die für die Masse unbekannt sind und daher keine neuen Spieler bringt.

    • Der GWB erfindet diese „Geschichten“ nicht! Wenn Google so dämlich ist und nur noch eine Witzfigur die nichts, aber auch gar nichts mehr auf due Reihe kriegt, dann, ja dann kann man halt auch nichts positives schreiben.

    • Naja, wenn wir schon auf dem Niveau der Beleidigungen gegen Google angekommen sind, muss man eigentlich nicht weiter diskutieren…

      Dennoch ist einiges wie beschrieben Mutmaßungen. Manchmal wird etwas verzerrt (Beispiel hab ich bereits genannt). Dass der GWB diese Geschichte erfunden hat, hab ich nicht behauptet und ist ebenfalls eine Verzerrung. Positive Beispiele hab ich auch genannt, die afaik nicht beim GWB erwähnt wurden.

      Man kann übrigens auch hat nichts schreiben, wenn es keine neuen Informationen gibt.

  • Google hat das Vertrauen vieler Kunden verspielt. Das ist nicht das Ergebnis negativer Berichterstattung. Gamer wollen eine langfristige Perspektive. Die bietet Google oft nicht mehr. Das Unternehmen erfindet neue Sachen und wirft sie schnell über Bord oder nutzt sie selbst nicht. Google Plus lässt grüßen.
    Ich zocke gerne und werde mit den Game Pass gut bedient. Stadia habe ich mir abgesehen und war wenig beeindruckt.

  • In letzter Zeit verschlechtert sich die Sprache der Artikel im GWB enorm. Formulierungen wie „wurden regelrecht verarscht“, „Messenger-Strategen sind am Zug“, „das ist der wahre Hammer“, „der Drops ist gelutscht“ entfernen sich von sachlicher Berichterstattung. Vielmehr wird die Färbung immer persönlicher und giftiger.
    Der GWB rutscht für mich in Sachen qualitativer Inhalt derzeit weit nach unten. Ob das etwas mit den Zwistigkeiten des Betreibers mit Google zu tun hat, darüber lässt sich nur spekulieren. Ob Gossen-Formulierungen schlechten Einfluss auf ein Ranking haben könnten, auch.

    • Ich muss Es zustimmen. So sehr ich den Frust von Jens verstehen kann, so wenig kann ich nachvollziehen, wie eine -unter journalistischen Standards – oft schon grenzwertige Berichterstattung nun vollends durch subjektive Einlassungen und windige Spekulationen entwertet wird. Schade, dass das ambitionierte Projekt an persönlichen Defiziten zu scheitern droht. Wäre ich Google, wäre ich nur noch genervt. Wäre ich Jens, würde ich mich persönlich und journalistisch beraten lassen.

    • Das geht mir ähnlich. Ich kann sicher so manchen Frust verstehen. Aber ich hab keine Lust hier täglich den ganzen Frust mit sinkendem Niveau zu lesen. Schade. Ich fand den Blog mal gut. Vielleicht sollte er sich eine Auszeit nehmen, bis die eigenen Probleme geklärt sind.

    • Bin froh, dass Sie schon geschrieben haben, was ich schreiben wollte – volle Zustimmung und mich werden Sie hier nicht mehr oft sehen, denn auf dieses Lese-Niveau muss ich mich nicht zwingend begeben.

  • Negative Berichterstattung hat einen guten Teil dazu beigetragen. Der Game Pass kann derzeit nicht mit Stadia mithalten, wenn man nur das Cloud Gaming betrachtet. Das geht nur in 720p und nur auf Android. Das wiederum beeindruckt mich kein bisschen. Klar, wollen die auch aufrüsten und mit Stadia nachziehen, aber ehrlich gesagt hat mir Microsoft schon genug Marktmacht in den letzten Jahrzehnten gehabt. Da ist mir Google deutlich lieber und im Gegensatz zu allen anderen setzen die auf Open Source mit Linux und der Vulkan API. Es gibt übrigens auch viele Dienste, die von Microsoft eingestellt wurden, sogar in der Gaming Branche: Kinect lässt grüßen. Hatten die nicht vor kurzem noch nen eigenen Game Streaming Service wie Twitch oder YouTube? Oh oh, sieht nicht gut aus für Microsoft, wenn man nach der Logik geht.

  • Der mehr werdende negative Touch der Artikel fällt mir auch auf. Neutral ist sind die Artikel nicht mehr geschrieben — menschlich auch bei der Vorgeschichte des Autors auch verständlich.

    Zum Inhalt: Ich bin schon seit Jahren auf den Safari Browser umgestiegen, nutze einen eigenen gehosteten E-Mail-Dienst, YouTube lässt sich so gut wie ohne Login nutzen und meine Suchmaschine heißt DuckDuckGo.
    Es geht anders und im gleichen Schritt wird die Macht Googles auf andere Player verteilt.

  • Der Jens ist auf dem Weg das hier zu einem Hater Blog zu machen… dann lieber zu 9to5google, stadiasource abwandern.

  • Wenn hier Leute von „gossen Slang“ reden, weil mal das Wort „verarscht“ verwendet wird oder sich darüber beschwert wird, dass ein privat(!) betriebener Blog subjektive Artikel enthält, dann hat man echt keine anderen Probleme. Da wäre eine nett formulierte Mail mit dem Hinweis darauf, dass sich der stetig abdriftende Schreibstil auch negativ auf die Anzahl der Leserschaft ausüben kann sinnvoller. Aber hey, wir sind online, da setzt das klare Denken bei dem ein oder anderen einfach aus 🤷

    Mich wundert die Thematik des Artikels auf jeden Fall nicht. Es ist ja nicht das erste Mal, dass man davon hört, dass man als Mitarbeiter bei Google nicht das große Los gezogen hat.

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