Progressive Web Apps auf dem Desktop: Googles Bemühungen stärken vor allem die eigenen Plattformen

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Während Facebook-CEO Mark Zuckerberg volle Konzentration auf Android fordert, bedient Google gleich drei Plattformen (Web, Android, iOS) ziemlich ausgeglichen und dürfte daran auch in Zukunft nichts ändern wollen. Damit in Zukunft noch eine vierte Plattform (Desktop) ohne großen Aufwand dazustoßen kann, hat man in dieser Woche viele Verbesserungen für Web-Apps angekündigt, die den echten Desktop-Anwendungen wohl schon bald in nichts mehr nachstehen werden.


Die Geschichte von Google begann im Browser. Die Websuche und viele weitere Angebote waren somit unabhängig vom Betriebssystem für jeden Nutzer zugänglich – wobei Google auch ein großer Antreiber des Web 2.0 und der exzessiven Nutzung von JavaScript war und die Web-Apps erst ins Rollen gebracht hat. Heute scheint der Fokus häufig auf den Smartphone-Apps für Android und iOS zu liegen, aber in Zukunft dürfte sich das wieder hin zu den Web-Apps verschieben, die viele Probleme lösen können.

progressive web app

Durch das „Leben“ im Browser sind Web-Apps voll flexibel und können vom Nutzer in jedem modernen Browser und auch unter jedem beliebigen Betriebssystem genutzt werden. Doch so viele Vorteile der Browser-Unterbau auch hat, so viele Einschränkungen bringt das im Alltag auch mit sich. Die viele kleinen Flaschenhälse und Sackgassen sorgen dafür, dass sich reine Web-Apps ohne lokale Smartphone- oder Desktop-App noch immer sehr schwertun.

Wie Google in dieser Woche mitgeteilt hat, arbeitet man nun an vielen neuen Browser-Technologien die nach und nach dafür sorgen, dass die Apps immer flexibler werden. Dazu gehört einmal der Zugriff auf lokale Dateien, ohne dass diese zuvor hochgeladen und später wieder heruntergeladen werden können. Außerdem sollen Web-Apps die Möglichkeit bekommen, den Idle-Status zu verhindern und eine Aktivierung des Sleep-Modus verhindern.

Außerdem soll sogar der Zugriff auf per USB oder Bluetooth angeschlossene Hardware ermöglicht werden, ohne dass spezielle Umwege, Plugins oder gar Treiber notwendig wären. Und selbst in das Teilen-Menü der großen Betriebssysteme sollen sich die Apps eintragen können, sodass sie als Ziel für teilbare Inhalte ausgewählt werden können.



An all diesen Technologien arbeitet Google derzeit, hat aber noch keinen Zeitplan dafür genannt, wann diese zum Einsatz bereit sind. Natürlich möchte man sie aber nicht für sich alleine behalten, denn trotz der großen Marktanteile des Chrome-Browsers ist man doch auf die Hilfe der Konkurrenz von Microsoft, Mozilla und Apple angewiesen, um den Web-Apps auch auf dem Desktop zum Durchbruch zu verhelfen. Sie sollen zum Standard erklärt und von jedem großen Browser unterstützt werden.

Wo liegt der Vorteil gegenüber Desktop-Apps?
Nun kann man sich fragen, warum man nicht gleich bei den Desktop-Apps bleibt. Der erste Vorteil ist die Unabhängigkeit von der Plattform: Es muss keine Anwendung mehr für Windows, eine für Linux und eine für Mac OS entwickelt werden – sondern sie muss einfach nur den Standards entsprechen und im Browser nutzbar sein. Für den gesamten Unterbau sorgt der Browser, der für die Apps gewissermaßen die Rolle des Betriebssystems einnimmt, das ihnen im Laufe der Jahre immer mehr Möglichkeiten gibt.

Der zweite Vorteil ist dadurch auch gleich die Flexibilität. Man kann auf dem Windows-Desktop beginnen, an der gleichen Stelle auf dem Macbook weiter arbeiten und am nächsten Tag unter Linux die Aufgabe beenden – eben der Vorteil der Cloud. Aber auch Updates sind damit ein Relikt der Vergangenheit, denn schlussendlich sind es immer noch Webseiten, auf denen der Nutzer nun seine täglichen Routinen durchgeht. Zwar mit Offline-Komponenten, aber diese werden zuverlässig vom Browser verwaltet und aktualisiert.

Der wichtigste Punkt ist aber der, der dem Ganzen tatsächlich einen tieferen Sinn gibt: Die Sicherheit. Browser sind längst Hochsicherheitszonen und wahre Festungen, die kaum noch geknackt werden (Ausnahmen bestätigen die Regel) und die den Web-Apps nicht die Möglichkeit geben, aus der geschaffenen Sandbox auszubrechen. Der Nutzer muss also, mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, keine Angst mehr davor haben, dass eine App Schaden anrichten kann.

Ein Berechtigungssystem, wie wir es von Android und iOS kennen und auch schon im Ansatz bei den Desktop-Betriebssystemen zu finden ist, wird sich so problemlos auch auf die Desktop-Apps übertragen lassen. Entzieht man einer App dann den Zugriff auf Dateien oder die Kamera, kann man sich zu 99,99 Prozent sicher sein, dass kein Schindluder getrieben wird. Für die Zuverlässigkeit dieser Sicherheitsbarrieren ist der Browser zuständig, den sich der Nutzer bekanntlich frei wählen kann.



Und nun kommen wir auch noch zu dem Vorteil, den vor allem Google aus dieser Entwicklung zieht: Die Desktop-Betriebssysteme verlieren endgültig an Bedeutung und werden vollkommen austauschbar – was sie für viele Menschen schon heute sind, die nichts anders mehr tun, als den Browser zu öffnen. Damit ist Googles Betriebssystem Chrome OS auf einer Stufe mit den großen Konkurrenten, hat im Gegensatz zu ihnen aber eine schlankere Struktur.

Natürlich darf auch Fuchsia nicht vergessen werden, dass nicht nur Android beerben soll, sondern sich sehr breit auf dem gesamten Markt ausdehnen könnten. Mit den Web-Apps im Gepäck, die zahlreich zur Verfügung stehen, wird das Henne-Ei-Problem auch auf dem Desktop umgangen – das stets die große Barriere für die Einführung neuer Plattformen darstellt. Da Google schon lange Zeit an diesen Plattformen arbeitet, hat es die Konkurrenz nicht so leicht, hier frühzeitig zu reagieren.

Ein Ansatz dieser neuen Apps gibt es bereits mit den Progressive Web Apps, die von Google erst vor wenigen Wochen offiziell im Chrome-Browser aktiviert wurden. Bisher nutzen sie nur wenige Vorteile, aber schon jetzt können sie in Desktopartigen Fenstern ausgeführt werden, Offline arbeiten, Benachrichtigungen versenden und einiges mehr.

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comment 1 Kommentare zum Thema "Progressive Web Apps auf dem Desktop: Googles Bemühungen stärken vor allem die eigenen Plattformen"

  • Guter Artikel. Jeder der schon mal mit Chome OS gearbeitet hat, weiß wovon der Autor spricht. Ich habe im privaten Bereich schon eine ganze Zeit alle meine Daten in die Google Cloud ausgelagert und arbeite täglich mit Gmail, Drive, Notizen, Kalender & Co. und möchte dies auch nicht mehr missen. Dann war der Schritt auch schnell überlegt, Chrome OS parallel zu Windown 10 zu installieren und ich arbeite seit einiger Zeit fast ausschließlich nur noch mit Chrome OS. Schnell gestartet, Chome Browser starten und ich habe alles was ich brauche.

    Ich kann nur sagen, dass ich für mich ein richtiges System gefunden habe und bin gespannt, wie Google die Web Apps weiterentwickelt.

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