Googles heimlicher Einstieg in die Spielebranche: Die Puzzlestücke setzen sich langsam zusammen

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In den letzten 20 Jahren hat Google Hunderte Angebote für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete auf den Markt gebracht und auch unzählige davon wieder eingestellt, aber echte Spiele waren bisher nicht darunter. Ausgerechnet das für seine verspielten Späße und Produkte bekannte Unternehmen hält sich aus dieser Branche heraus. Doch nun mehren sich die Hinweise darauf, dass Google den Markt von hinten aufrollen könnte. Die Frage bleibt aber, ob Google auch selbst in diese Branche einsteigen sollte.


In den guten alten Zeiten wurde noch klar zwischen „Programmen“ und „Spielen“ unterschieden, wobei die erste Gruppe meist zum Arbeiten und für Erledigungen verwendet wurde und die Zweite der Unterhaltung dient. Grundlegend gibt es diese Trennung natürlich noch immer, aber auch Apps haben mittlerweile sehr häufig einen Entertainment-Faktor und werden so unterhaltsam gestaltet, dass z.B. Google als reiner App-Entwickler als verspieltes Unternehmen bekannt ist. Das aber eben keine Spiele produziert.

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Googles Produktmanager und vermutlich auch Marketing-Menschen sind die Könige darin, kleine Spielchen zu gestalten, die den Nutzer für lange Zeit fesseln können. Die Beispiele sind zahlreich und stammen meist aus den spielbaren Google-Doodles wie zuletzt beim Gartenzwerg-Doodle, setzen sich aber auch aus unzähligen weiteren Spielen zusammen, die als Easteregg versteckt sind oder den Nutzer während der Wartezeit unterhalten sollen.

Nun stelle man sich einfach einmal vor, Google würde diese Kreativität und den Sinn für kurzweilige Unterhaltung auch für echte und umfangreichere Spiele nutzen. Es muss nicht gleich ein Action-Shooter werden, aber die kleinen Casual Games wären sicher ein guter Einstieg in den Markt. Würde man die unzähligen Spiele der Vergangenheit in den Play Store bringen und für 99 Cent verkaufen, wäre das mit Sicherheit ein Millionengeschäft.

Googles Spiele überzeugen gerade dadurch, dass sie sehr intuitiv gestaltet sind, keine lange Einführung benötigen und zumeist auf allen Plattformen nutzbar sind. Das Geheimnis der Popularität liegt wohl darin, dass die Spiele durch die simplen Spielprinzipe der 80er und 90er und gleichzeitig modernen Grafiken einen ganz eigenen Charme bekommen. Das macht sie auch sofort wiedererkennbar.



Dass man prinzipiell auch anders kann, hat man damals bereits mit Ingress gezeigt, dass das Konzept solcher Spiele zum Durchbruch verholfen hat und damit erst die Tür für den Erfolg von Pokémon Go geöffnet hat. Ohne Ingress – und ohne einen Google Maps-Aprilscherz gäbe es Pokémon Go in der Form heute wohl nicht. Und auch Kopien dieses Prinzips wie das populäre Jurassic World Alive wären wohl nicht am Markt.

Schon vor längerer Zeit hat Google mit Toontastic 3D eine große Spielewelt für Kinder gestartet und ist spätestens seit diesem Zeitpunkt eigentlich in diesem Markt aktiv – hat das bisher aber noch nicht weiter ausgebaut. Auch Toontastic wird von Google nicht wirklich beworben und eher als Nebenprojekt eines engagierten aber nicht sichtbaren Teams fortgeführt. Dabei könnte man es bspw. wunderbar in YouTube Kids integrieren bzw. eine eigene Kids-Plattform mit solchen Inhalten entwickeln.

Aber natürlich kann man nicht nur mit Kinderspielen am Markt aktiv sein. Aber sie machen den Anfang. Ich erinnere mich z.B. gerne an die guten alten Zeiten der Microsoft-Spiele zurück. Was mit Solitär & Minesweeper begann, ging über in das versteckte Hover-Spiel und entwickelte sich zu Hits wie Age of Empires, Monster Truck Madness, Motocross Madness und Co. Später stieg Microsoft dann in das Konsolengeschäft ein und den Rest der Geschichte kennt jeder. Und interessanterweise gibt es hier Parallelen zu Google.

Google befindet sich seit Jahren im Solitär-Modus und hat Spiele absolut nicht im Kerngeschäft. Das ist insbesondere deswegen fast schon merkwürdig, weil man mit Android und dem Play Store die mittlerweile größte Spieleplattform betreibt. Über eine Google-Spielekonsole wird ebenfalls seit langer Zeit spekuliert und erst Anfang des Jahres ist das dahinter stehende Project Yeti wieder in den Schlagzeilen aufgetaucht. Eine Hardware-Konsole ist in der heutigen Zeit wohl nicht mehr notwendig, denn die nötige Infrastruktur vom Smartphone über TV-Dongles & Co. haben die meisten Nutzer bereits zu Hause.

Führt man alle Puzzleteile zusammen, könnte Google mit Spielen stark punkten. Die stark präsenten Produkte Android, Android TV, Chromecast und die gesamte Google Home-Infrastruktur könnten davon profitieren und zu einer sinnvollen Einheit zusammengeführt werden. Dabei muss Google zwar nicht selbst als Spieleentwickler aktiv werden, aber damit lässt sich der Markt meist besser anschieben, als wenn man nur eine leere Plattform betreibt und sich auf die Partner verlässt.



Dass all dies nicht nur blinde Spekulation von mir ist, zeigt sich in den Entwicklungen der letzten Monate: Anfang des Jahres hat Google Phil Harrison eingestellt und ihn zum General Manager einer bisher unbekannten Abteilung gemacht. Harrisson verhalf in den 90ern der Sony Playstation zum Durchbruch und hatte in den letzten Jahren bei Microsoft in der XBOX-Abteilung gearbeitet. Seine neue Position und sein Lebenslauf zeigen, dass hier möglicherweise hinter den Kulissen der Aufbau einer neuen Abteilung stattfindet.

Seit einiger Zeit versucht Google nun auch, die Spielebranche von hinten aufzurollen und sich in eine zentrale Position zu bringen. Vor einigen Monaten wurden die Google Maps für Spieleentwickler geöffnet und sollen in Zukunft die Grundlage für viele reale Welten in den Spielen werden – mit Satellitenansichten, Streetview-Aufnahmen und strukturellen Daten der Straßen. Und erst in dieser Woche wurde eine umfangreiche Kooperation mit Unity verkündet, die die Infrastruktur unzähliger Spiele in Googles Cloud verlagert.

All diese kleinen Bausteine lassen den Schluss zu, dass das Unternehmen die Spielewelt für sich entdeckt hat – wenn auch noch nicht als aktiver Entwickler. Dennoch könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass wir in nicht all zu ferner Zukunft noch mehr aus der Spiele-Ecke von Google sehen werden, auf welche Art und Weise auch immer. Auch die damaligen Einstiege in die Betriebssystem-Welt oder in die Hardware-Branche gehören nicht zum Kerngeschäft und gehören heute zu den wichtigsten Säulen des Unternehmens überhaupt.

Was meint ihr? Muss/Wird/Soll Google in das Spielegeschäft einsteigen?

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