Googles Messenger-Pleite: WhatsApp-Alternativen boomen – aber Googles Plattformen spielen überhaupt keine Rolle

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Gefühlt hat in den letzten Wochen eine große Messenger-Wanderung begonnen, denn zahlreiche Nutzer haben aufgrund der neuen WhatsApp-Richtlinien ihren Wechsel verkündet und diesen vielleicht auch vollzogen. Die größeren alternativen Messenger sind so präsent wie nie zuvor, doch was ist mit Google? Die Google-Messenger spielen weder in den Medien noch bei den Nutzern eine Rolle, obwohl sich das Unternehmen im vergangenen Jahr mal wieder neu aufgestellt hat.


google messages rcs

Googles Messenger-Karussell ist berüchtigt und war hier im Blog schon sehr häufig ein Thema – denn es ist eine endlose Geschichte von Neustarts, Einstellungen, Umbauten, Umbenennungen und weiteren Dingen, die es den Nutzern nicht unbedingt einfacher machen. Gefühlt hat das Unternehmen seit dem Abschied von Google Talk aber praktisch alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte. Die Nutzer waren früher durchaus dazu bereit, einen Google-Messenger zu nutzen. Aber heute sieht das ganz anders aus.

WhatsApp kämpft derzeit mit einem Nutzer-Exodus, was den Konkurrenten endlich die Chance gibt, an der lange Jahre unantastbaren Messenger-Dominanz der Facebook-Tochter zu rütteln oder zumindest ein größeres Stück vom Kuchen abzubekommen. Vor allem Signal ist in den Medien sehr präsent, aber auch Threema oder Viber werden immer wieder erwähnt und sogar ICQ ist wieder aus der Versenkung gekommen. Telegram wäre vielleicht die beste Alternative, hat aber seit längerer Zeit mit einem negativen Image zu kämpfen, was das Wachstum in dieser Boom-Zeit doch erheblich beeinflussen dürfte.

Selbst Google als Unternehmen mit gigantischer Reichweite ist niemals gegen die Reichweite von WhatsApp oder des Facebook Messengers angekommen – nicht einmal annähernd. Und man kann nicht sagen, dass es die Strategen nicht versucht haben. Problematisch war eben, dass sie ständig etwas neues versucht und die Nutzer nicht nur einmal vor den Kopf gestoßen haben.




android messages effect

Im vergangenen Jahr hat sich Google mal wieder ganz neu aufgestellt: Die beiden Hangouts-Apps wurden innerhalb der G Suite in Google Chat und Google Meet umbenannt. Letztes wurde sehr schnell für die Masse geöffnet und kostenlos angeboten. Dass man damit dem überraschend erfolgreichen Videomessenger Google Duo nicht unbedingt einen Gefallen getan hat, dürfte jedem klar sein. Als Nutzer kann man eigentlich nur würfeln und darauf hoffen, den Messenger bzw. Kommunikationsdienst auszuwählen, den Google nicht einstellen wird. Also versucht man es lieber gleich mit einem anderen Anbieter.

Das gleiche Spiel bei den klassischen Messengern: Es gibt Google Chat, früher Google Allo, dann die große Hoffnung Google Messages und selbst Hangouts ist noch immer verfügbar. Was macht man also als Nutzer, der nicht ständig alle Kontakte umziehen möchte? Richtig, man wechselt zur Konkurrenz und fängt mit den Google-Messengern gar nicht erst an. Dieses Bild zeichnet sich schon seit Jahren ab und jeder große Neustart macht die Situation eher schlimmer statt besser. Das hat sich noch nie so sehr gezeigt, wie jetzt.

Google ist keine Alternative
Wie große der Nutzer-Exodus bei WhatsApp wirklich ist, ist nicht bekannt. Es dürfte für das Facebook-Unternehmen aber spürbar gewesen sein, denn sonst hätte man die freche Einführung der neuen Richtlinien nicht sehr schnell gestoppt, ganzseitige Anzeigen in Tageszeitungen geschaltet und eine Informationsoffensive angekündigt. WhatsApp lebt vor allem davon, dass es jeder hat – Dominanz durch Dominanz. Sollte sich das eines Tages ändern, kann das schneller vorbei sein als man noch vor einigen Monaten gedacht hätte.

Das Hauptproblem der Nutzer ist Facebook. Dass WhatsApp zu Facebook gehört, dürfte vielen bekannt sein. Welche Daten da im Hintergrund schon seit Jahren miteinander verknüpft werden, weiß niemand. Von Facebook zu Google zu wechseln wäre dann ein Schritt vom Regen in die Traufe. Meiner Meinung nach hat Google zwar die deutlich besseren Argumente im Bereich Datenschutz, aber das öffentliche Image der Datenkrake wird man nicht abschütteln können. Und so sind die neuen Google-Messenger auch aus diesem Grund keine Alternative.




Nutzer wollen Zuverlässigkeit
Es mag für viele Zielgruppen toll sein, wenn die Messenger zahlreiche Zusatzfunktionen, Fotofilter und sonstige Späße bieten, aber in erster Linie müssen Messenger eines sein: Zuverlässig. Person X möchte einfach nur an Person Y schreiben, sicher sein, dass die Nachricht angekommen ist und dass Person Z nicht mitlesen kann. Alles andere ist, man muss es so sagen, überflüssig. WhatsApp bietet das an, denn man erreicht auch heute noch die große Masse aller Menschen mit einem Smartphone und die Zuverlässigkeit von WhatsApp ist extrem gut.

Wechselt man nun zu einem Google-Messenger und hat endlich den Bekanntenkreis ebenfalls davon überzeugt, könnte Google schon wieder den Stecker gezogen haben und den nächsten Neuanfang wagen – der meist nicht schmerzlos vorübergeht. Das muss nicht sein, vielleicht zeigt man nun endlich Kontinuität, aber das Risiko besteht eben und so macht man es sich lieber gleich dort bequem, wo eine höhere Zuverlässigkeit winkt.

Und so zeigt sich sehr gut, dass Google für lange Zeit alle Chancen darauf verspielt hat, am Messenger-Markt eine Rolle zu spielen. Da kann man noch so viele RCS-Updates bringen und Apps unter Android vorinstallieren oder in weitere Apps integrieren. Die einzige Lösung wäre eine Übernahme eines nun erfolgreichen Aufsteigers. Doch Telegram hat schon sehr häufig Übernahmeangebote abgelehnt und Googles Geschäftsmodell ist mit dem von Signal absolut nicht vereinbar.




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comment 11 Kommentare zum Thema "Googles Messenger-Pleite: WhatsApp-Alternativen boomen – aber Googles Plattformen spielen überhaupt keine Rolle"

  • Goole hat in Sachen Messenger verspielt, andauernd wird was eingestellt und so weiter und so fort.
    Duo wollte ich halt ab und zu mal nutzen wofür es gedacht ist.
    Da es anscheinend in meet übergeht hat sich das auch erledigt.
    Als meet verfügbar war in Mail war es das erste was ich gemacht habe es zu deaktivieren.

    Google verspielt immer mehr.
    Die Nutzer haben keinen bock mehr auf das ewige hin und her.

  • Hüppelzwecke bringt es gut auf den Punkt.
    Technisch sind die Produkte von Google sicherlich gut, aber bevor die akzeptanz beim Nutzer da ist, wird es schon wieder eingestellt.
    Hab schon gar keine Lust mehr neue Produkte von Google zu testen. Meet wurde bei mir ebenfalls direkt deaktiviert.

    Verstehe nicht warum Google nicht einfach die Situation nutzt und Signal pusht und ggfs. direkt in Android einbaut.

  • Google Messages darf man hier aber meiner Meinung nach nicht mit den anderen Messengern von Google in einen Topf werfen. Es handelt sich ja um die Default SMS/RCS App. Was, glaube ich, auch Thomas meinte. RCS hat ne Menge Potential, vor allem von Business zu Endkunden und wird jetzt hoffentlich mal endlich richtig durchstarten. Dann wäre es irgendwann auch egal, welche Messages App ich auf meinem Handy habe, wenn ich jedem Chat Nachrichten schicken kann so wie jetzt SMS, egal bei welchem Telefonanbieter er ist und welche App er nutzt. Aber, bis dahin ist es scheinbar noch ein kleiner Weg. Noch wird es ja nicht durch alle Carrier unterstützt und Apple macht auch noch nicht mit. Ich finde es aber von Google super, dass sie sich dem Thema RCS angenommen haben. Und die Google Messages App entwickelt sich langsam zu einer guten App, finde ich. Wobei es schon auch noch einige Bugs gibt. Aber, ich bin vom Grundprinzip der RCS überzeugt.

  • Liegt wohl auch am Android Nutzerverhalten. Wenn ich über den Google Messenger eine Nachricht schreiben bekomme ich meistens nicht mal ne Antwort. Oder man fragt mich via WhatsApp warum ich eine SMS schreiben.

    • ja, das stimmt. Die meisten wissen gar nicht, dass sie Chat überhaupt aktiviert haben bzw. daß sie es aktivieren könnten. Inzwischen mach ich mir auch kaum noch die Mühe, den RCS Chat schmackhaft zu machen. Es ist auch wirklich schwer, in wenigen Sätzen den Unterschied zwischen RCS und einem „normalen“ Messenger zu erklären. Vielleicht kommt das ganze in Fahrt, wenn die ersten großen Business-Anwendungen starten. Z.B. könnte ich mir die Paketverfolgung über RCS vorstellen. Aber, ob das jemals wirklich kommen wird- keine Ahnung. Ich hoffe es aber trotzdem.

    • Von Christian: „Wenn ich über den Google Messenger eine Nachricht schreiben bekomme ich meistens nicht mal ne Antwort.“
      Solche Leute kenne ich auch. Zu denen breche ich den Kontakt dann ab, man versäumt da nichts. Voreingenommenheit, die solche Personen nicht einmal begründen können oder wenn, zeigt sich ihr Unwissen, welches mit medial vorgekauten Vorurteilen gepaart ist. Die bekommen „WhatsApp“ von der Herde eingetrichtert, also nutzen sie nur WhatsApp. Ne, auf solche Leute kann ich getrost verzichten.
      Ich will einen Messenger, der mich an keinen Anbieter bindet und der auf allen Smartphones (und Desktops wäre ideal) zur Verfügung steht. Dieser Anforderung kommt RCS im Augenblick am nächsten. Auch Apple ist schon dabei, die offenen Schnittstellen zu integrieren. Aber wo Google seine Finger im Spiel hat und es ein Messenger ist, darf man schlimmstes befürchten. 😉

  • Nunja, Facebook und Google unterscheiden sich in manchen Bereichen nicht so sehr, außer dass Google noch mehr Daten sammelt aber das bessere Image hat. Warum also von der einen Krake zur nächsten wechseln? Da kann Google eigentlich froh sein, dass ihre Messaging Rohrkrepierer nicht in den Fokus gerückt sind, denn bezüglich Datenschutz steht Google nicht besser da als Facebook – das Gegenteil ist der Fall. So bewahrt Google sein Image. Dasselbe Spiel bei den neuen Apple Opt-In Verfahren bezüglich Tracking. Facebook heuchelt da den Retter der kleinen Unternehmen, die dadurch benachteiligt werden, und ruft zum Kampf gegen Apple auf. Google hält die Füße still und gewinnt so oder so, egal wie der Kampf Facebook gegen Apple ausgeht. Entweder können sie dann tracken oder eben nicht, stehen dann aber nicht als Verlierer und Datensammler da. Bei Facebook ist der Ruf sowieso ruiniert…
    Übrigens sehe ich der Auseinandersetzung mit Spannung entgegen. Ich bin von Anfang nie ein Fan von Apple gewesen, aber wenn ich mobil Tracking wirklich halbwegs stoppen kann, dann wird mein nächstes Smartphone womöglich das iPhone 12. Klar, kostet 2-3x mehr als mein Pixel, aber läuft flüssiger und Apple ist ein Hardware Händler mit paar Entwicklern und kein Datensammelweltmeister mit paar Geräten. Android hat zwar einige positive Entwicklungen durchgemacht, aber die Updateproblematik hätte schon mit Android 4 nachhaltig angegangen werden müssen. Mittlerweile werden alle Dienste noch mehr miteinander verwoben, Dienste eingestellt oder es wird kassiert.
    Insofern ist das nicht nur eine Messenger Frage bei Google, sondern alle Dienste bis auf die Suche sind entbehrlich oder unzuverlässig.

  • Ich hatte noch nie FB und dementsprechend auch noch nie WA. Könnt ihr glauben oder nicht, ist aber so.

    Konnte dem ein oder anderen tatsächlich Hangouts schmackhaft machen und schreibe ab und an auch noch darauf, denn das ist der so ziemlich einzige Messenger von Google, der eine ganze Weile überlebt hat.

    Nutze ansonsten noch Threema, Telegramm und seit kurzem Signal.

    Wäre schön, wenn Google das Thema RCS mit Messages endlich richtig anpacken und durchziehen würde. Wann wenn nicht jetzt. Meine Hoffnungen sind aber erfahrungsgemäß gering…

  • Google sollte verdammt noch mal Google Talk mit vollem XMPP Unterstützung ausgraben und eine Offensive zur Messengerübergreibenden Kommunikation starten, damit Nutzer mit jedem Messenger jeden erreichen kann. Das und NUR DAS, könnte Googles einfluss retten und wieder zu Aufmerksamkeit verhelfen, die nicht nur hämisches lachen verursacht, sondern tatsächlich staunen auslösen würde.

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