Google Glass vor Comeback: Acht Jahre später – ist die Zeit jetzt endlich reif für Googles Datenbrille? (Video)

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Schon bald könnte ein Google-Produkt ein Comeback feiern, das seiner Zeit damals weit voraus war und aufgrund vieler Probleme niemals auf dem Massenmarkt angekommen ist: Google Glass. Seit wenigen Tagen kann die Datenbrille offiziell bestellt werden und macht somit den ersten Schritt zurück zum Endkunden. Aktuell handelt es sich dabei zwar um die Version für Unternehmen, die sich noch dazu an Entwickler richtet, aber dabei muss es ja nicht bleiben. Und nun darf man fragen: Ist die Zeit jetzt endlich reif für ein solches Produkt?


Google ist seit jeher ein sehr experimentierfreudiges Unternehmen, das ständig neue Produkte auf den Markt bringt, die bei einem Misserfolg oder einer Strategieänderung auch genauso schnell wieder eingestellt werden können. Manchmal wird ein Produkt erst nach vielen Jahren eingestellt und manchmal kann es auch ganz schnell gehen, noch bevor die Masse der Nutzer es überhaupt kennenlernen konnte. Bei Google Glass ging es gefühlt ganz schnell, auch wenn es von der Präsentation bis zur Einstellung tatsächlich fast drei Jahre gedauert hat.

Google Glass Sergey Brin

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Im April 2012 hat Google-Gründer Sergey Brin höchstpersönlich Google Glass vorgestellt und auf der großen Bühne getragen. Begleitet wurde die Vorstellung von einem Werbevideo (unten eingebunden), mit dem das Produkt erst einmal grundsätzlich vorgestellt und die Möglichkeiten gezeigt werden. Vom Fallschirmspringen über eine Achterbahnfahrt bis hin zur Navigation oder Aufnahme von besonderen Momenten mit den Kindern ist alles dabei.

Die Präsentation löste bei den Beobachtern und auch den Medien einen WOW-Effekt und einen sofortigen riesigen Hype aus. Fünf Jahre nachdem Steve Jobs das iPhone präsentierte, hatte man endlich wieder das Gefühl, hier DAS Next Big Thing zu sehen – die Zukunft. Das wirkt aus heutiger Sicht, acht Jahre später, stark überzogen, aber wer sich noch an die Zeit nach der Präsentation erinnert, wird diesen Eindruck vielleicht bestätigen können.

Daraus geworden ist bekanntlich nichts – und das hatte viele Gründe. Diese reichen vom Timing über den Schutz der Privatsphäre und Datenschutz bis hin zur Optik des Gadgets. Aber all das hat sich heute geändert.

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Die im Video gezeigten Einsatzgebiete wurden schon damals vom Smartphone abgedeckt, aber dass sie dem Nutzer direkt vor das Auge projiziert werden, war die eigentliche Innovation. Auch die Vorstellung, dass die Informationen automatisch eingeblendet werden, wenn sie benötigt werden, war nicht mehr ganz Revolutionär, aber dennoch beeindruckend. Doch Glass kämpfte mit drei großen Problemen, die damals nicht gelöst wurden und dann Anfang 2015 zur endgültigen Einstellung des Projekts geführt haben.

  • Zuviel Vision: Die ersten „Explorer Editions“, die für 1.500 Dollar verkauft wurden, unterschieden sich dann doch sehr deutlich von der Ankündigung und waren längst nicht mehr so beeindruckend. Das hat das gesamte Produkt entzaubert
  • Die lange Wartezeit: Von der ersten Ankündigung bis zum offiziellen Verkaufsstart vergingen zwei Jahre. Natürlich konnte der Hype nicht gehalten werden und durch den rasanten Fortschritt der Technologie war alles im Jahr 2014 längst nicht mehr so beeindruckend wie 2012
  • Die Kamera & Glassholes: Direkt an der Front war eine Kamera platziert, mit der die Brille ihre Umwelt wahrgenommen hat und viele Funktionen erst ermöglicht hat. Weil man sich aber nie sicher sein konnte, ob man nicht ständig von den Glass-Trägern gefilmt wird, wurden diese wenigen Tester wenig freundlich empfangen und teilweise sogar Gewalt angedroht. Der Begriff der „Glassholes“ war geboren – und damit der Marketing-Supergau, der schlussendlich zum Aus geführt hat

Privatsphäre
Heute sieht all das ein bisschen anders aus. Acht Jahre später hat (gefühlt) die halbe Welt einen ständig lauschenden Smart Speaker im Wohnzimmer sowie ein lauschendes Smartphone in der Hosentasche. Auch Smart Displays mit Kamera, die direkt in das Wohnzimmer oder gar Schlafzimmer der Menschen zeigt, erfreuen sich großer Beliebtheit. Privatsphäre ist nach wie vor wichtig, doch die Menschen sehen vieles mittlerweile lockerer.

Technologie & Praxis
Die damals von Google Glass gezeigten Möglichkeiten sind erst heute tatsächlich vollständig möglich und werden von vielen Menschen am Smartphone genutzt. Unter anderem durch Smartwatches aber auch Smart Displays geht der Trend weiter dahin, Informationen auch an anderer Stelle zu bekommen. Viele Nutzer würden es sicher begrüßen, die aktuell benötigten Informationen direkt vor dem Auge eingeblendet zu bekommen. Der nächste Punkt für Glass.

Der Hype
Zuletzt der Punkt Wartezeit: Die großen Unternehmen haben mittlerweile gelernt, dass innovative Produkte wenige Wochen nach der Präsentation erhältlich sein sollten. Google tut sich damit zwar vor allem international schwer, aber so lange einige große Märkte bedient werden und die Begeisterung hochgehalten wird, werden die Medien ihr übriges tun, um das Will-Haben-Gefühl weiterhin zu stärken. Als erstes Produkt auf dem Markt, ohne echte Konkurrenz, wird es außerdem noch leichter.



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Zeitgeist
Der wichtigste Punkt, der damals als Grund für das Scheitern ausgemacht wurde: Dass das Produkt seiner Zeit voraus war. Dieses Problem löst sich von selbst, aber auch die aktuellen Entwicklungen würden eine Markteinführung im Jahr 2020 begünstigen. Die Augmented Reality hat in den acht Jahren natürlich sehr große Sprünge gemacht und entsprechende Brillen werden von vielen großen Unternehmen entwickelt. Google hat AR längst auch auf das Smartphone gebracht und trägt somit zur weiteren Etablierung dieser Technologie bei.

Aber auch ganz praktische Einsätze gibt es mittlerweile: Insbesondere die Google Maps Augmented Reality-Navigation nutzt diese Technologie und setzt damit im Ansatz das um, was vor acht Jahren versprochen wurde. Es ist zwar noch ein kleiner Weg bis zur Vision aus dem Jahr 2012, aber in der Kombination aus Google Maps und dem Google Assistant ist alles damals gezeigte heute längst möglich. Es wäre für Google grundsätzlich also kein Problem, die damaligen Versprechen zu halten.

Insgesamt kann man also sagen, dass Google mit einer Wiedereinführung, vielleicht unter einem anderen Namen, heute deutlich mehr Erfolg haben könnte. Da Google mittlerweile, anders als damals, längst auch als Hardware-Hersteller wahrgenommen wird, hat sich auch der Eindruck verändert, dass die Suchmaschine plötzlich per Brille auf der Nase spionieren möchte. Wir dürfen also sehr gespannt sein, was daraus wird. Vorerst soll Glass nur in Unternehmen eingesetzt werden, aber das kann sich eben auch sehr schnell ändern.

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