Google Maps: Die Manipulation und ihre Folgen – kann man den Livedaten der Kartenplattform noch vertrauen?

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Vor wenigen Tagen hat ein Künstler gezeigt, wie sich Google Maps sehr leicht manipulieren lässt und damit für weltweites Aufsehen gesorgt. Zwar hat sich mittlerweile herausgestellt, dass es wohl doch nicht ganz so leicht gewesen ist wie im Video dargestellt, aber dennoch wird es mit Sicherheit Nachahmer finden, die vielleicht erfolgreicher sind. Dass in den Medien von einem ‚Hack‘ gesprochen wurde, ist in gewisser Weise auch gar nicht so verkehrt.


Google Maps ist längst keine einfache Kartenplattform mehr, sondern eine gigantische Ansammlung an Informationen aller Art, die lediglich die Kartenplattform als Grundlage verwenden. Ein Großteil dieser Daten stammt mittlerweile von den Nutzern selbst, die die Plattform bereitwillig durch Bewertungen und Foto-Uploads mit neuen Informationen füttern, aber auch ihren Standort ständig an die Cloud senden und somit viele Angebote erst möglich machen. Wie sich das entwickelt hat, könnt ihr in den Meilensteinen zu 15 Jahren Google Maps nachlesen.

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Google Maps: So leicht lässt sich die Kartenplattform manipulieren – Künstler sorgt mit 99 Smartphones für Stau

Weil viele Google Maps-Angebote nicht nur mit Daten aus öffentlichen Quellen gefüttert werden, sondern sich auch sehr stark auf die von den Nutzern bereitgestellten Informationen verlassen, birgt das natürlich stets ein gewisses Risiko für Manipulationen. Einem Berliner Künstler ist genau das gelungen, sodass auf einer eigentlich sehr ruhigen Straße plötzlich ein großer Stau dargestellt wurde – eine eindeutige Manipulation, die die tatsächlichen Daten verfälscht.

Zuerst muss man sagen, dass es sich um ein „Kunstprojekt“ handelt, über das der Künstler zu Beginn nicht sehr umfangreich informiert hat – außerdem prüft Google nach eigenen Angaben derzeit noch, ob die Auswirkungen tatsächlich real sind. Kann man wirklich mit 99 Smartphones und einem Bollerwagen die mächtige Kartenplattform manipulieren? Ausschließen möchte das niemand, auch Google nicht, aber aktuell stehen hinter der ganzen Aktion noch einige Fragezeichen. Der Künstler selbst hat aber mittlerweile zugegeben, dass die Aktion nur unter perfekten Bedingungen überhaupt möglich gewesen ist.

Das größte Fragezeichen steht aber hinter den Auswirkungen dieser Aktion, denn der Künstler dürfte damit auch das Ziel verfolgt haben, die Anfälligkeit solcher Crowd-Dienste aufzuzeigen, die zu einem Großteil aus Nutzerdaten gefüttert werden. Das ist in jedem Fall gelungen und könnte sehr schnell Nachahmer finden.

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Der Künstler hat einige Schwachpunkte zusammengeführt
Den genauen Ablauf dieser Manipulations-Aktion findet ihr an dieser Stelle. Der Künstler hat für sein Projekt eine ganze Reihe von Schwachpunkten ausfindig gemacht und zusammengeführt: Er hat sich eine nur mäßig befahrene Straße ausgesucht, aus der dann dementsprechend wenige Daten der Smartphones gemeldet werden. Mit 99 Smartphones konnte er die wenigen anderen Signale der Auto- und Fahrradfahrer somit dominieren. Wenn 2 Smartphones einen fließenden und 99 einen stockenden Verkehr an Google Maps melden, sollte es ganz klar sein, welchen Daten die Algorithmen der Kartenplattform mehr vertrauen.

Die zweite Schwachstelle ist es, dass der Nutzer für die Aktion vermutlich 99 verschiedene Google-Konten angelegt hat, die somit vollkommen voneinander unabhängig sind. Das erfordert einiges an Vorbereitungszeit, ist aber in wenigen Tagen erledigt. Es wird somit eine Masse an völlig verschiedenen Nutzern simuliert, die von Googles Algorithmen nicht logische miteinander verknüpft werden können. Verschiedene Konten, verschiedene Geräte und somit nicht gruppierbar. Eine mehr als alltägliche Situation in jeder belebten Stadt. Durch die Schwächen des GPS war es außerdem nicht erkennbar, dass die 99 Smartphones auf einem nur wenige Zentimeter engen Raum zusammengepfercht waren.

Das grundlegende Problem ist nicht Neu
Grundlegend ist das keine neue Idee, man kennt das vor allem von Online-Bewertungen: Dutzende, Hunderte oder gar Tausende Nutzer werden dafür belohnt, sehr gute Bewertungen für Produkte, Reisen, Dienstleistungen oder sonstige Dinge abzugeben und sorgen somit für eine großangelegte Manipulation. Viele Bewertungsportale bekommen diese Probleme kaum in den Griff, sodass man den Bewertungen kaum trauen kann – das kennt man. Ähnliches wird derzeit auch über Charts-Manipulationen mit Musik-Streaming auf Dauerschleife diskutiert.

Wenn schon die Portale, eingeschlossen Google Maps, solche Manipulationen nicht zuverlässig erkennen können, dann ist es für Google Maps natürlich besonders schwer. Es ist mit der aktuellen Umsetzung quasi unmöglich zu erkennen, ob tatsächlich 99 Fahrzeuge oder 99 Smartphones in einem Bollerwagen auf der Straße stehen. Natürlich gibt es viele Technologien um das zu erkennen, von der Auswertung der Bewegungssensoren über Nearby-Informationen bis hin zu exakten Standorten über die Triangulierung weiterer Signale. Aber vieles davon müsste lokal auf den Smartphones der Nutzer ausgeführt werden bzw. diese müssten noch sehr viel mehr Daten an Googles Standort-Server senden. Aber wollen „wir“ das?

Vermutlich wird Google nun einige kluge Köpfe daran setzen und so etwas zukünftig besser erkennen und verhindern wollen, aber ohne das Sammeln von noch mehr Daten wird das meiner Meinung nach nicht möglich sein. Und somit bewahrheitet es sich mal wieder, dass ein „Idiot“ (nicht abwertend gegen den Künstler gemeint!) Scheiße baut und alle anderen darunter leiden müssen. Wie so oft im Leben. Die Alternative ist es, dass man den Stau-Prognosen nicht mehr vertrauen kann. Was ist besser?

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Die Auswirkungen dieser Aktion
Die Aktion war in der Form vielleicht als Spaß gemeint und sollte Schwachstellen oder auch Abhängigkeiten aufzeigen, aber sie wird mit Sicherheit Nachahmer finden. Besonders problematisch daran ist es, dass die Stau-Infos nicht nur die Straßen auf der Karte einfärben, sondern auch an anderer Stelle zum Einsatz kommen. Erkennt Google Maps einen Stau auf einer Route, leitet die Kartenplattform alle Autofahrer an diesem Stau vorbei. Und weil immer mehr Menschen Google Maps zur Navigation verwenden, kann das große Auswirkungen haben – und spätestens an diesem Punkt wird es dann schon kritisch.

Durch eine solche Manipulation lassen sich ganze Verkehrsströme lenken, die dann tatsächlich für Staus auf den Ausweichrouten sorgen können. Ist das dann schon ein manipulativer Eingriff in den Straßenverkehr und vielleicht sogar strafbar? Das mag ich an dieser Stelle nicht bewerten. Doch die Bewegungsdaten greifen nicht nur für den Verkehr, sondern auch für so nützliche Funktionen wie die Anzeige der Auslastung von Restaurants und anderen öffentlichen Plätzen.

Ein Nutzer müsste sich also nur die 99 Smartphones in eine Tasche packen und in ein Restaurant setzen. Für alle anderen Nutzer bei Google Maps wird das Restaurant dann als überfüllt angezeigt, was sie vermutlich vom Besuch abhalten wird. Für den Restaurant-Betreiber ist das geschäftsschädigend und er kann sich gar nicht erklären, warum heute so viele Plätze frei bleiben… Man kann also nur hoffen, dass Google dieses Problem irgendwie in den Griff bekommt und Manipulationen so gut es geht verhindern wird.

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