Bard: Der KI-ChatBot bringt Google in eine Zwickmühle – halbfertig starten oder Konkurrenz ziehen lassen?

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Google dürfte schon in wenigen Tagen die breitere Verfügbarkeit des KI-ChatBot Bard ankündigen, dessen Fähigkeiten in zahlreiche Produkte integriert werden sollen. Dazu zählt auch eine tiefe Integration in die Google Websuche. Doch jetzt zeichnet sich immer mehr ab, dass das Produkt nicht für den Start bereit ist. Google scheint sich in einer Zwickmühle zu befinden, bei der man kurzfristig nur verlieren kann.


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Google und das Schwesterunternehmen Deepmind galten jahrelang als führend bei der Künstlichen Intelligenz und konnten immer wieder mit beeindruckenden Demos begeistern, doch mit konkreten Produkten hat man sich stark zurückgehalten. Das rächt sich jetzt, denn plötzlich ist das Produkt ChatGPT aus dem Boden geschossen und Microsofts Strategen führen Google genüsslich vor. In den letzten Wochen ist man daher in die Offensive gegangen und wird wohl auch auf der Google I/O am 10. Mai ein KI-Feuerwerk zünden.

Doch nur weil man technisch sehr viel Erfahrung hat und jetzt ein Produkt nach dem anderen aus dem Boden stampft, heißt es noch lange nicht, dass diese gut sein müssen. In den letzten drei Monaten gab es immer wieder interne Stimmen, die sich besorgt zeigten und mitteilten, dass Bard weit von der Marktreife entfernt ist. Nach dem Start für interessierte Nutzer bestätigte sich dies in zahlreichen Testläufen. In Vergleichstests schneidet Bard stets hinter ChatGPT und dem Bing ChatBot ab. Auch in meinen zahlreichen Testläufen konnte ich diesen Eindruck gewinnen.

In der vergangenen Woche gab es dann gleich zwei Hiobs-Botschaften: Mitarbeiter attestieren gegenüber Medien, dass Bard mehr als schlecht ist und bitte nicht gestartet werden sollte. Selbst interne Risikobewertungen sollen ergeben haben, dass das Produkt nicht marktreif ist und auch die bisherigen ethischen Bedenken schiebt man plötzlich beiseite. Die Weichensteller können später also nicht behaupten, nicht gewarnt worden zu sein.




Samsung macht Druck
Aber nicht nur intern kommt man zu der Einschätzung, dass Bard nicht reif ist und somit die Websuche nicht voranbringen wird – vielleicht sogar im Gegenteil -, sondern auch bei einem der wichtigsten Partner ist die Lage nicht unbemerkt geblieben. Samsung soll Google darüber informiert haben, mit dem Gedanken zu spielen, zu Bing als Standardsuchmaschine zu wechseln. Das hat nicht nur einen Schock ausgelöst, sondern auch einen Aktionismus, der zu zahlreichen weiteren Ankündigungen führte. Aber das ändert alles nichts daran, dass Bard nicht fertig ist.

Google kann nur verlieren
Gehen wir einfach mal davon aus, dass alle Einschätzungen – intern, extern, Medien und Tester – korrekt sind, dann kann Google kurzfristig eigentlich nur verlieren: Hört man auf den Rat der Tester, dann bläst man den Launch ab und überlässt der Konkurrenz auch in den nächsten Monaten kampflos das Feld. Bleibt man stur beim Release-Plan, dann bringt man ein sehr anfälliges Produkt auf den Markt, bei dem man den Ruf als zuverlässiger Informationslieferant heftig beschädigen würde. Integriert man es dann auch noch in die Websuche, könnte diese schon-immer-Cashcow heftig Wanken und erst recht dazu führen, dass sich Partner wie Samsung temporär oder dauerhaft abwenden.

Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet ist es fast schon unglaublich, wie Google diesen Technik-Vorsprung verspielen konnte und sich selbst in diese Lage manövriert hat. Es muss dem Unternehmen seit vielen Jahren klar gewesen sein, dass dieser KI-Moment kommen wird und man hätte vorbereitet sein müssen. Aber in all der Überheblichkeit, die man immer wieder zu Tage trägt, hielt man das wohl nicht für notwendig. Ein sehr teurer Irrtum, dessen Auswirkungen noch gar nicht absehbar sind.




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comment 2 Kommentare zum Thema "Bard: Der KI-ChatBot bringt Google in eine Zwickmühle – halbfertig starten oder Konkurrenz ziehen lassen?"

  • Besser wäre es, die KI erst einer breiten Kundschaft zugänglich zu machen, wenn der Code funktioniert. Microsoft macht das oft anders. Die haben lange Beta Phasen und sagen das auch.

  • Den Hype.um ChatGPT kann ich aktuell noch nicht wirklich nachvollziehen. Zumindest auf dem Smartphone ist Bing für mich noch keine Option. 20% Akkuverbrauch für 30-45 Minuten rumspielen ist mir entschieden zu viel.

Kommentare sind geschlossen.