Fuchsia: Nachfolger für Android und ChromeOS? Google wollte Betriebssysteme mit Fuchsia zusammenführen

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Googles neues Betriebssystem Fuchsia steckt trotz Rollout noch voller Geheimnisse und lässt nach wie vor Details zur Motivation des Projekts sowie zum erklärten Ziel vermissen. In einem sehr interessanten Interview gab es jetzt seltene Einblicke, die genau diese beiden Fragen ein Stück weit beantworten. Spoiler: Die damalige Spekulation, dass Fuchsia Android ersetzen soll, war im Kern gar nicht so verkehrt.


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Das neue Betriebssystem Fuchsia hat schon eine lange Geschichte hinter sich, denn tatsächlich keimte die Idee für das Produkt wohl schon 2012 auf – also vor zehn Jahren. Als es noch in der Leak-Phase war, vor etwa drei Jahren, sprach Google nicht über das Betriebssystem. Als man vor zwei Jahre eine offizielle Webseite gestartet hat, sprach man nicht darüber. Als man es vor einem Jahr auf das erste Nest Hub Smart Display ausgerollt hat, sprach man nicht darüber. Zum Glück ist der ehemalige ‚Director of Engineering‘ etwas redseliger.

Über die Motivation hinter Fuchsia und dessen Zielsetzung wurde schon sehr viel spekuliert und immer wieder zeigte sich, dass die Vermutungen der Medien (auch meine eigenen) nicht zutrafen. Am Höhepunkt des Hypes wurde aufgrund der damaligen Umstände sogar erwartet, dass Fuchsia Android ersetzen soll. Auch daraus ist bekanntlich nichts geworden, doch ganz verkehrt war dieser Denkansatz gar nicht. Denn Google will zwar nicht den obersten Layer, mit dem die Nutzer interagieren, ersetzen, aber stattdessen den Kernel-Unterbau voranbringen.

Im Interview mit Chris McKillop zeigt sich, dass Fuchsia vor allem der Vereinheitlichung dienen sollte. Google hatte damals schon zwei große Betriebssysteme für Endnutzer und zwei weitere im Backoffice. Zwar basierten alle auf dem Linux-Kernel, doch die Entwicklungen liefern völlig voneinander getrennt – was gerade in Zeiten des Zusammenwachsens der Plattformen kaum verständlich war.




At that time, Fuchsia was never originally about building a new kernel. It was actually about an observation I made: that the Android team had their own Linux kernel team, and the Chrome OS team had their own Linux kernel team, and there was a desktop version of Linux at Google [Goobuntu and later gLinux], and there was a Linux kernel team in the data centers. They were all separate, and that seems crazy and inefficient.

Es steht schon im ersten Satz: Fuchsia war von Beginn an nicht dafür geplant, einen eigenen Kernel oder gar ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln, sondern in erster Linie um die Entwicklung der einzelnen Projekte zu bündeln. Wenn man vier Betriebssysteme pflegt, die allesamt auf dem Linux-Kernel aufsetzen, ergeben sich selbstverständlich auf unterster Ebene einige Überschneidungen. Diese zu nutzen oder gemeinsame Schnittstellen zu entwickeln.

The architectures were all different, which meant that outside developers couldn’t actually do work and attack all the platforms Google was offering. You had to do bespoke work.

[Companies Google was partnering with] had separate teams for the Chrome OS engagements and the Android engagements, which was crazy, right? Part of what we were talking about in the original pitch was actually fixing that for the long term.

Dabei ging es nicht nur um die Google-internen Abläufe, sondern auch um die Partner-Unternehmen, die mit diesen Betriebssystemen arbeiten. An dieser Stelle wird es dann natürlich nicht nur zur eigenen internen Finanzierung interessant, sondern auch beim Aufbau eines großen Ökosystems an Partnern – die schlussendlich gemeinsam mit ihren Nutzern über den Erfolg der Plattformen entscheiden.

Apple has a Core OS team. Microsoft has a team that’s dedicated to building Windows and the NT team. There’s a pattern that exists from people that have been doing [operating systems] for a long time that I basically wanted to copy, and then take some of the attributes from the way Apple did it that I haven’t seen anywhere else.

Vielleicht nicht ganz uninteressant: Nicht nur Fuchsia Bezeichnung geht auf Apple zurück, sondern auch das gesamte Konzept. McKillop verglich die Situation bei Google vor der Fuchsia-Entwicklung mit der Situation, die Apple vor der Übernahme von NeXt (und damit der Rückkehr von Steve Jobs, nebenbei erwähnt) hatte.




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Im Interview geht McKillop noch viele weitere Themen ein, wie aus der Idee und den ersten Ansätzen dann aber doch noch ein vollständiger Kernel ohne Linux-Basis und ein ganzes Betriebssystem geworden ist, wird nicht im Einzelnen ausgeführt. Für die Zukunft sieht der ehemalige technische Direktor, der das Unternehmen schon vor zwei Jahren verlassen hat, eine große Relevanz für Fuchsia. Wie weit er noch in die dynamischen Pläne Einblick hat, lässt sich schwer sagen.

Fuchsia hat das Ziel schon erreicht
Das Hauptziel, die vorhandenen Betriebssystem weiterzuentwickeln, hat Fuchsia ohne Frage erreicht. Die Modularität von Android dürfte auch auf Fuchsia zurückgehen und ist ein wichtiger Bestandteil der Plattform gefunden. Die Vereinheitlichung der Oberflächen, die auch zwischen Android und ChromeOS sehr sichtbar stattgefunden hat, könnte auch von Fuchsia getrieben worden sein. Eine gemeinsame Codebasis in vielen Teilen sowie die Standard-Oberflächen haben die Tür für Android unter ChromeOS geöffnet.

Dennoch geht die Entwicklung von Fuchsia weiter, aber es bleibt nach wie vor unklar, ob man daraus eines Tages ein Endnutzer-Produkt machen möchte, oder es auf Dauer als Spielwiese für die eigenen Entwickler positioniert. Letztes ist zwar interessant, aber kann wohl niemals die enormen Ressourcen wieder einspielen, die Google im Laufe der Jahre in die Entwicklung gesteckt hat.

Letzte Aktualisierung am 20.04.2024 / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Affiliate Links, vielen Dank für eure Unterstützung!




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