Fuchsia: Das neue Betriebssystem wird überhaupt nicht mehr gebraucht – Google hat alle Baustellen besetzt

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Googles Betriebssystem-Portfolio wächst immer weiter und dürfte eines Tages durch Fuchsia erweitert werden, das lange Zeit als Plattform der Zukunft galt. Doch dieser Ausblick gerät immer mehr ins Wanken, denn die Platzhirsche Android und Chrome OS wachsen weiter, sodass immer weniger Platz für Fuchsia bleibt. Mit Blick auf das große Ganze muss man sich fragen, ob Google überhaupt einen Plan hat.


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Fuchsia befindet sich mindestens im fünften Jahr seit dem Start der Entwicklung, doch trotz zahlreicher Informationen hält sich das Unternehmen weiterhin bedeckt, wie und vor allem wo das Betriebssystem perspektivisch eingesetzt werden soll. Im vergangenen Jahr wurde es zur großen Überraschung vieler Beobachter auf das Nest Hub Smart Display der ersten Generation ausgerollt und treibt seit dem die in vielen Smart Homes vorhandenen Geräte an.

Smart Displays galten lange Zeit als mögliche Zielgeräte von Fuchsia und tatsächlich hat man auf diesen begonnen. Allerdings hat man dann auch schon wieder gestoppt, denn bislang ist es nicht auf weiteren Smart Displays angekommen. Man hat natürlich auch nicht darüber geredet bzw. geschrieben, sondern den Rollout soweit wie möglich unter den Teppich gekehrt. Keine Ankündigung, keinen Hinweis an die Nutzer und auch keine Informationen an die Presse. Lediglich auf Nachfrage die kurze Bestätigung, dass Fuchsia ausgerollt wurde.

Das klingt nicht nach dem großen Launch, den das Betriebssystem mit seinen umfangreichen Möglichkeiten eigentlich verdient hätte. Jahr für Jahr wird dieser aus Sicht der Beobachter verschoben und mittlerweile hat sich die Gruppe der Zielgeräte nicht vergrößert, sondern eher noch verkleinert. Die Aussichten standen sicherlich schon einmal besser.




nest hub smart display fuchsia

Ich spekuliere hier im Blog schon seit mehreren Jahren darüber, wie Fuchsia eingesetzt werden könnte. Damit bin ich nicht allein, doch weder ich noch viele andere Beobachter kommen zu einem sinnvollen Schluss. Smart Displays galten lange Zeit als DIE Geräteklasse für Fuchsia und Stand heute ist es das ja auch geworden. Aber das kann mit Sicherheit nicht das Ziel sein. Fuchsia ist potenziell extrem mächtig und wurde mit hohem Aufwand von Grundauf neu entwickelt. Es nur auf Smart Displays einzusetzen, wäre eine einzige Verschwendung.

Nichts gegen Smart Displays, aber es sind heute und wohl auch in Zukunft eher langweilige Geräte. Sie können sehr viele Aufgaben übernehmen, sind dafür aber auf Apps, Assistenten und smarte Anbindungen angewiesen. Nichts, bei dem das Betriebssystem als solches eine Rolle spielen würde. Dafür hat man Fuchsia nicht entwickelt. Aber wofür denn dann? Als absoluter Allrounder könnte es zwar überall eingesetzt werden, aber Google hat in den letzten drei Jahren auch viele Lücken geschlossen, in die Fuchsia hätte springen können.

Google hat alle Geräteklassen besetzt
Die beiden wichtigsten Geräteklassen, Smartphone und Desktop, hat Google fest besetzt. Hinter Android steht heute nicht der Hauch eines Fragezeichens – das war zumindest gefühlt vor drei Jahren ein wenig anders. Das lange Zeit in der Nische befindliche Chrome OS kann ebenfalls schon viele Achtungserfolge auf seinem Konto verbuchen und wächst stetig weiter. Spätestens mit Chrome OS Flex zeigt sich, dass Chrome OS DAS Betriebssystem ist, mit dem Google den Desktop erobern möchte. Mit Unterstützung von Android, aber ganz sicher nicht von Fuchsia.

Tablets wurden einige Zeit zwischen Android und Chrome OS hin- und hergeschoben, werden in naher Zukunft aber wieder fest in die Hand von Android gelegt – das hat Google bereits angekündigt. Für Smart TVs hat sich Google gerade erst mit Android TV, Google TV und Chromecast neu aufgestellt. Im Auto steht Android Automotive in den Startlöchern, am Handgelenk lässt man es erneut Wear OS versuchen und für zukünftige Wearables wie etwa AR-Brillen hat Google bereits die Entwicklung eines neuen Betriebssystems angekündigt.

Es bleibt nicht viel übrig. Im Bereich der Embedded Systeme hat Google bisher noch nichts vorzuweisen, aber aus meiner Sicht ist das selbst im Smart Home nicht unbedingt das, was für Google attraktiv wäre. Und damit hat Fuchsia weder eine Nische noch einen Wachstumsmarkt, der in Angriff genommen werden könnte.




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Fuchsia nur unter der Haube?
Wenn als Endprodukt für Fuchsia kein Platz ist, zumindest nach heutigem Stand, dann könnte man es auch unter die Haube verfrachten. Schon seit langer Zeit wird darüber spekuliert, dass „Fuchsia“ hauptsächlich den mächtigen Zircon-Kernel beschreibt, der flexibel einsetzbar ist. Allerdings ist dieser eine vollständige Eigenentwicklung und basiert nicht auf Linux, so wie alle anderen Google-Betriebssysteme. Ein Austausch wäre also selbst mit sehr langer Vorbereitungszeit sicherlich nichts, das man mal nebenbei macht.

Auf der anderen Seite ist vor allem Android mittlerweile sehr modular aufgebaut und würde vielleicht die Voraussetzungen mitbringen, den Kernel eines Tages zu tauschen. Fragt sich nur, warum man das tun sollte. Eine echte Notwendigkeit ergibt sich aus meiner Sicht gar nicht mehr. Für Chrome OS gilt dasselbe. Ein Vorteil ist nicht mehr zu erkennen. Vor fünf Jahren sah das vielleicht noch etwas anders aus, als die Entwicklung und Konzeption von Fuchsia begann. Ein Unternehmen von Googles Größe muss für Kernprodukte immer einen Plan B in der Tasche haben. Gut möglich, dass Fuchsia schlussendlich nur so etwas ist. Ein Plan B, den man nach heutiger Sicht niemals aus der Schublade holen muss.

Vielleicht kommt eines Tages das nächste große Ding, eröffnet ganz neue Möglichkeiten und benötigt durch innovative und andersartige Hardware schnell ein neues Betriebssystem. Dann würde Fuchsia bereitstehen. Wir dürfen gespannt sein, ob Plan B oder Plan C irgendwann einmal gezogen werden muss.

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comment 2 Kommentare zum Thema "Fuchsia: Das neue Betriebssystem wird überhaupt nicht mehr gebraucht – Google hat alle Baustellen besetzt"

  • Natürlich gibt es einen Grund Fuchsia unter der Haube des Smartphone Betriebssystems Android einzusetzen.

    Der Grund warum die maximale Laufzeit von Android Smartphones 2 Jahre ist, ist dass sich viele Hersteller nicht oder sehr nachlässig an die GPL halten und Treiber nicht offenlegen. Und da Linux monolithisch ist, werden die Treiber direkt in den Kernel kompiliert, man kann also nicht wie bei Windows das Betriebssystem updaten und die alten, einmal kompilierten Treiber behalten.

    Fuchsias Architektur ist allerdings modular, das heißt dass man den Kernel und andere Komponenten unabhängig updaten kann. Das heißt Nutzer sind nicht mehr von den Herstellern abhängig und die hohe Fragmentation des Android Ökosystems kann gesenkt werden. So können Geräte ggf länger mit dem aktuellen Betriebssystem ausgestattet sein, als sogar iPhones.

    Außerdem, wenn man sich mit Fuchsia und den dahinterliegenden Konzepten auseinandersetzt, lernt man schnell dass es die selben Probleme wie „Docker“ löst, nur auf Betriebssystemlevel. Das heißt, möglicherweise wird Fuchsia als Server Betriebssystem bei Google eingesetzt, so als Option bei GCP oder für zukünftige Google Projekte als Default.

  • Ich tippe ohnehin auf eine Namensänderung, das Ding wird wenn es irgendwann richtig ausgerollt wird auf die Smartphones kommen und Android Fuchsia heißen, die machen sich doch nicht ihren eigenen Namen kaputt, wobei… es ist Google…

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