Social Networks & Messenger: Googles endlose Baustellen werden noch lange bestehen (Kommentar)

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Google hat sich schon in der Frühphase auf die Fahnen geschrieben, alle Informationen auf der Welt zu digitalisieren, organisieren und den Menschen zugänglich zu machen. Diesem Credo folgt man bis heute – und das seit Beginn an mit riesigem Erfolg. Doch in anderen Bereichen beweist man einfach kein glückliches Händchen und scheint seit vielen Jahren auf der Stelle zu treten. Allen voran in den Bereichen Messenger und Social Network.


Es gab Zeiten, in denen fast alles, was Google angefasst hat, zu Gold wurde. Doch seit einigen Jahren will es dem Unternehmen einfach nicht gelingen, diese Erfolge auf neue Märkte zu übertragen. Fast alle heute dominierenden Google-Produkte sind mehr als 10 Jahre alt und werden nur verwaltet und weiterentwickelt, sind aber häufig ohne große Konkurrenz. Unter diesen Voraussetzungen haben die Strategen ein recht gemütliches Leben, was man von zwei anderen Abteilungen nicht gerade behaupten kann.

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Auch im 20. Jahr seit der Gründung ist es Google noch nicht gelungen, einen erfolgreichen Messenger zu etablieren oder ein populäres Social Network zu erschaffen. Das liegt aber nicht daran, dass man es nicht versucht hätte – ganz im Gegenteil – sondern die Gründe müssen tiefer liegen. In beiden Bereichen finden gerade große Umstrukturierungen statt, längst nicht zum ersten Mal – aber vielleicht diesmal endgültig.

Der Hauptgrund dürfte wohl der Grundansatz aller Google-Dienste sein, Daten zu sammeln, zu organisieren und diese dem Nutzer aufbereitet anzubieten. Doch dieser Ansatz funktioniert bei einem Messenger nicht und auch in einem Social Network muss man etwas anders denken – was sich im Unternehmen ohne große Unterstützung von oben vielleicht nicht so leicht umsetzen lässt. Da Google stets den Anspruch hat, Produkte für die Masse anzubieten, lässt sich das mit einem langsamen organischen Wachstum eines solchen Netzwerks nicht vereinbaren.

Das zweite Problem ist es, dass sich insbesondere Messenger aktuell kaum ausreichend monetarisieren lassen. Und damit schrumpft schon einmal das Budget für die Entwicklung und den Betrieb einer solchen Plattform, die dann auf Teufel komm raus andere Vorteile für das Unternehmen schaffen muss. Im Fall Allo war es wohl der Testballon für den Google Assistant.



Die aktuellen Anläufe werden wohl ebenfalls wieder ins Leere laufen. Google ist nicht in der Lage einen erfolgreichen Messenger zu entwickeln und auch ein möglicher Neustart bei den Social Networks hat nicht unbedingt die besten Chancen darauf, eine jubelnde Masse von Nutzern anzuziehen. Das liegt vor allem daran, dass das Vertrauen der Nutzer in ein soziales Google-Produkt auf dem Tiefpunkt ist.

Es gibt nur eine Lösung
Die einzige Lösung scheint wohl der Griff nach der Konkurrenz zu sein. Sollte Google tatsächlich in den beiden Märkten erfolgreich aktiv sein wollen, muss man Zukaufen. Ein fertiges Konzept, nicht an das Google-Schema angepasst und mit vielen Nutzern würde dem Unternehmen gut tun. Ein Übernahmekandidat muss natürlich gut ausgewählt werden, aber zumindest in diesem Punkt hat Google in der Vergangenheit häufig ein gutes Händchen bewiesen. Auch Google Maps, Android und YouTube sind ursprünglich zugekauft.

Natürlich wird es nach einem Zukauf den üblichen angekündigten Nutzer-Exodus geben, der aber meist nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas ist und eher noch dafür sorgt, dass das Produkt noch bekannter wird. Wenn man dann erst einmal einen halbwegs erfolgreichen Messenger und ein Social Network im Programm hat, dann lassen sich beide Produkte auch weiter ausbauen und vielleicht zaghaft an die üblichen Schemata anpassen.

Bleibt natürlich die Frage, welche Angebote aktuell überhaupt für eine Übernahme infrage kommen würden. Im Bereich der Messenger wäre vielleicht Telegram eine sehr gute Option, wenn sich das Team denn wirklich übernehmen lassen wollen würde. Bei den Social Networks wird es schon deutlich schwerer, denn trotz aller Bemühungen gibt es neben Facebook kaum ein Netzwerk, das über eine kritische Masse verfügt. Das hat auch Google bereits gemerkt und ist deshalb sogar an Snapchat interessiert – was aber wohl eher eine schlechte Idee wäre.



Gerade bei den Social Networks könnte Google vielleicht selbst den ersten Schritt dahin getan haben, dass sich der Markt weiterentwickelt. Durch die Einstellung von Google+ ist der Markt wieder interessant geworden und auch die aktuelle Facebook-Flucht sorgt dafür, dass sich irgendwo ein neues Netzwerk auftut, das dann zu einem potenziellen Übernahmekandidaten wird. Bis dahin könnten aber noch einige Jahre vergehen.

Das ist nun alles einfacher gesagt als getan – aber der Weg könnte der richtige sein. Bevor man sich mit 10 weiteren Messengen oder gar mehreren Social Networks weiterhin zur Lachnummer macht und damit auch die Reputation des gesamten Unternehmens gefährdet, sollte man einfach Geduld haben und abwarten. Wer viele Jahre mit erfolglosen Produkten auskommt, der kommt auch noch weitere Jahre ohne Angebote in diesem Bereich aus.

Manche Dinge können selbst große Unternehmen wie Google eben nicht selbst – aber dafür hat man das nötige Kleingeld, um solche Probleme aus der Welt zu schaffen. Natürlich muss auch der Anspruch heruntergeschraubt werden, nicht gleich die Hauptprodukte von Facebook gefährden zu können – denn darum sollte es gar nicht gehen. Erst einmal muss man den Nutzern zeigen, dass man es mit Produkt X nun wirklich ernst meint und einen sehr langen Atem beweisen. Und das ist schon alles.

Siehe auch
» Einstellung von Allo & Hangouts: Warum kann Google keinen erfolgreichen Messenger entwickeln?
» Nach Einstellung von Google+: Google soll erneut an einer Übernahme von Snapchat interessiert sein
» Nach dem schnelleren Aus für Google+: Sollte Google wieder ein neues Social Network starten?




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comment 3 Kommentare zum Thema "Social Networks & Messenger: Googles endlose Baustellen werden noch lange bestehen (Kommentar)"

  • „Im Bereich der Messenger wäre vielleicht Telegram eine sehr gute Option, wenn sich das Team denn wirklich übernehmen lassen wollen würde. Bei den Social Networks wird es schon deutlich schwerer, denn trotz aller Bemühungen gibt es neben Facebook kaum ein Netzwerk, das über eine kritische Masse verfügt.“

    Ist doch genau andersrum. Pavel Durov hat sehr deutlich gemacht, dass Telegram nicht zum Verkauf steht, auch nicht für 5 Milliarden Dollar von Google. Bei den sozialen Netzwerken sieht es schon einfacher aus: Twitter. Die haben Probleme damit Geld zu verdienen und haben schon öfter verhandelt. Bisher hat wohl nur noch keiner genug Geboten.

    • Ich weiß dass Telegram gerne eigenständig ist, deswegen habe ich geschrieben „wenn sich das Team denn wirklich übernehmen lassen wollen würde“.
      Twitter stand ja schon oft auf Googles Einkaufsliste, aber die Kulturen sind dann wohl doch zu verschieden.

    • Die Idee vom zentralisierten Social Network ist so ziemlich tot. Facebook verliert zwar Nutzer – aber mittlerweile ist den Nutzenden auch sehr bewusst, dass die Plattformen Probleme mit dem Datenschutz und der Organisation der Informationen haben. Außerdem: zentrale Eigenschaften von Google+ sind mittlerweile zum Hintergrund-Layer bei der Nutzung von verschiedenen Google Services geworden – die Marke war eigentlich nur noch das (angreifbare) Schaufenster, das nun halt dicht gemacht wird, weil es mehr Probleme verursacht als löst.

      Wenn es Kandidaten gibt, in die (weiter und mehr) Geld reingesteckt werden sollte, dann hoffe ich eher an soziale Publishing Services – wie beispielsweise Automattic, dem Betreiber von wordpress.com. Automattic vernetzt auch die lokalen WordPress-Installationen über Zusatzservices, die auf den meisten Seiten laufen (bspw. Jetpack). Damit kann das Fundament für ein gestärktes dezentrales soziales Netzwerk abseits von Facebook gelegt werden, das bereits über zahlreiche aktive Nutzer verfügt – und dessen inhaltliche Kontrollpflichten nicht bei einem zentralen Betreibenden, sondern den Inhalteanbietern liegen.

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