Stadia: Wie erfolgreich war Googles Spieleplattform und woran ist es gescheitert? Einige Zahlen im Überblick

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Google wird der Spieleplattform Stadia in wenigen Tagen den Stecker ziehen und damit ein weiteres hoffnungsvolles Projekt auf den wachsenden Google-Friedhof verschieben. Das Aus kam nicht ganz überraschend, aber dennoch ein wenig unerwartet. Der Grund für die Einstellung dürfte jedem klar sein, aber mangels offizieller Daten können wir nur darüber spekulieren, wie erfolgreiche Stadia wirklich gewesen ist und woran es genau gescheitert ist.


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Google würde Stadia nicht einstellen, wenn die Spieleplattform erfolgreich gewesen und eine große Nutzerzahl erreicht hätte – das sollte jedem klar sein. Ziele kann man natürlich verfehlen, auch mehrfach. Auch Google wird sich intern für jedes Produkt Ziele setzen und nicht gleich den Stecker ziehen, wenn diese einmal oder mehrfach nicht erreicht werden. Es geht nicht nur um das Nicht-Erreichen, sondern vor allem darum, wie weit man vom selbstgesteckten Ziel entfernt ist.

Dementsprechend muss auch jedem klar sein, dass Stadia die von Google gesteckte Ziele weit verfehlt haben muss – und das in mehreren Etappen. Zwar hat man bis zum Tag der Verkündung der Einstellung an der Plattform gearbeitet (denn die Mitarbeiter wurden nur Minuten vor der Öffentlichkeit informiert), aber der Elan und die hohe Entwicklungsgeschwindigkeit gingen schon sehr viel früher verloren.

Öffentlich hat man zwar das Ziel ausgegeben, eines Tages „mehr als eine Milliarde Nutzer“ erreichen zu können, aber das war schon von Anfang an extrem unrealistisch. Selbst im allerbesten Fall hätte man viele Jahre gebraucht, um überhaupt an eine solche Zahl denken zu können. Intern dürfte man etwas realistischer gewesen sein und sich deutlich geringere Etappenziele gesteckt haben, die allerdings ebenfalls verfehlt wurden.




Google hält nicht durch
Vielleicht hat man sich für das erste Jahr das Ziel gesetzt, fünf Millionen Nutzer zu erreichen, für das zweite zehn Millionen und im dritten 20 Millionen. Die Zahlen habe ich mir jetzt ausgedacht, wären unter normalen Umständen aber sicherlich zu erreichen gewesen. Wenn man aber schon im ersten Jahr deutlich darunter liegt, dann ist schon klar, dass auch die Zahlen für das Jahr nicht zu halten sind und das dritte sehr schwer wird.

Man kann auf eine solche Entwicklung unterschiedlich reagieren: Entweder man gibt richtig Gas und hat weiterhin das große Ziel vor Augen, oder man fährt die Investitionen aufgrund des verpassten Ziel #1 zurück und glaubt, die zukünftigen Ziele ebenfalls nicht erreichen zu können. Natürlich könnte man auch die Ziele senken, sofern das wirtschaftlich sinnvoll ist. Bei Google scheint oftmals der zweite Weg gewählt zu werden: Wenn es nicht läuft, werden Investitionen zurückgefahren. Bei Stadia war das offensichtlich.

Die Weiterentwicklung schlief nach einem Jahr spürbar ein. Die ursprünglich regelmäßig geplanten Gamer-Events fanden sowieso nur drei Mal statt, den eigenen Gaming Studios hat man schon wenige Monate nach dem Start den Stecker gezogen und auch das Marketing für Stadia war praktisch nicht mehr existent. Natürlich kann man damit die Kosten drücken, aber dann kann man auch nicht erwarten, die gesetzten Ziele noch irgendwie erreichen zu können.

Wie viele Spieler hatte Stadia?
Kommen wir zurück zu meinen obigen Zahlen. Erst vor wenigen Tagen haben wir darüber berichtet, dass Stadia möglicherweise nicht mehr als eine Million Nutzer hatte. Selbst in den großzügigsten Schätzungen kam Stadia nie über drei Millionen Spieler hinaus. Damit hätte man schon das Ziel des ersten Jahres selbst in der Hochphase nicht erreicht. Und dann dürfen wir nicht vergessen, dass Stadia in einer kostenlosen Variante verfügbar war. Allgemein geht man davon aus, dass nur 10 bis 20 Prozent der Nutzer für ein Produkt zahlen, wenn es auch kostenfreie Varianten gibt. Und damit bleibt nur noch eine sechsstellige Anzahl zahlender Nutzer. Für das Milliarden-Unternehmen Google viel zu wenig.

Schlimmer noch: Nach dem ersten Hype ist das Interesse an Stadia wohl abgeflacht und so ist die Plattform im Laufe der zweieinhalb Jahre nicht gewachsen, sondern eher geschrumpft. Kein Wunder, dass man einige Spieletitel mit bis zu zehn Millionen Dollar (!) subventionieren musste, damit diese zu Stadia kommen. Diese Angaben sind zwar nicht offiziell belegt, wurden aber damals von vertrauenswürdigen Quellen vermeldet.




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Wie sehr ist Stadia gefloppt?
Stadia ist gefloppt, kein Zweifel – aber wie sehr? Ich denke nicht, dass man die Zahlen nur knapp verfehlt hat, sondern ganz gewaltig. Denn man stellt nicht nur einfach ein Produkt ein, sondern hat hohe Folgekosten. Die aus eigener Tasche finanzierten Rückzahlungen für alle Spiele, für die Hardware, die hohen Investitionen in Spiele, die Infrastruktur und die Entwicklung der Plattform – alles umsonst. Man wendet einen gewaltigen Geldbetrag zur Abwicklung auf, der wohl dennoch unter den zukünftig erwarteten Verlusten liegt. Mehr Infos dazu in diesem Artikel.

Was für mich ebenfalls merkwürdig ist: Nicht nur wir Beobachter haben gewusst, dass Stadia kein Riesenerfolg ist. Auch das Stadia-Team ist nicht blind und muss sehr genau gewusst haben, wie es um das Produkt steht. Gerade in amerikanischen Unternehmen dreht sich alles um KPIs (Key Performance Indicator), das ist bei Google nicht anders. Warum waren die Mitarbeiter so überrascht, als das Aus kam? Hat man ihnen vielleicht die Kennzahlen genannt, aber die Ziele verschwiegen?

Wir werden wohl nie erfahren, wie es wirklich um Stadia stand und wie viele Nutzer in der Hochphase aktiv waren. Für die Nutzer, die die Plattform für sich entdeckt haben und zufrieden waren, natürlich ewig schade…

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