Google ohne Chrome: Was passiert, wenn Google den Browser verkaufen muss? Mögliche Szenarien & Folgen

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Der Browser Google Chrome gehört zu den wichtigsten und populärsten Produkten des Unternehmens, aber wenn es nach dem Willen einiger Wettbewerbshüter geht, dann könnte sich das bald ändern: Google soll den Chrome-Browser verkaufen, um wieder fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Bisher ist das zwar nur Wunschdenken der Behörden, aber dennoch wäre es ein solch großer Einschnitt, dass wir die möglichen Folgeszenarien einmal durchspielen möchten.


Die meisten Google-Produkte werden vollkommen kostenlos angeboten und auf den ersten Blick ist für viele Nutzer nicht ersichtlich, wie das Unternehmen mit den Angeboten Geld verdienen kann. Vermutlich gibt es einige Produkte, die rein der Nutzerbindung dienen und vollständig subventioniert werden müssen, aber bei vielen großen Produkten sieht es anders aus. Diese sollen Daten liefern, die monetarisierten Produkte promoten oder sind aus strategischen Gründen sehr wichtig. Dazu gehört auch Google Chrome.

chrome logo swoosh

Google Chrome ist ein kostenloser Browser, der die Internetwelt im Sturm erobert hat und sich im Laufe weniger Jahre von Null an die Spitze gekämpft hat, wo man sich mittlerweile wieder eine kleine Dominanz erarbeitet hat. Chrome hat mehrere Milliarden Nutzer, ist aber vollkommen kostenlos, zeigt keinerlei Werbung und hat auf den ersten Blick nichts an sich, mit dem Google Geld verdienen könnte. Dennoch beschäftigt man ein großes Team und eine gigantische Infrastruktur (allein schon für Safe Browsing und die Synchronisierung), um den Browser am Laufen zu halten.

Die vollständige Strategie hinter dem Browser ist natürlich nur intern bekannt, doch ein genauerer Blick verrät schon, welche Bedeutung Chrome für das Unternehmen hat: Die Suchmaschine ist ein fester Bestandteil des Browsers bzw. der Adressleiste, der Browser hat eine enorme Hebelwirkung bei der Etablierung von Web- und Ad-Standards und spätestens seit dem integrierten Werbeblocker ist auch klar, dass der Browser einen starken positiven Einfluss auf das Werbegeschäft hat. Die Markenbindung steht dann noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.

Genau das ist den Wettbewerbshütern ein Dorn im Auge, die Google zum Verkauf des Chrome-Browsers zwingen wollen. Das Unternehmen soll das Produkt also in fremde Hände geben und sich somit aus dem Browsermarkt zurückziehen. Es wäre nicht nur ein gewaltiger Einschnitt für das Unternehmen, sondern sehr kurzfristig auch für die Nutzer. Hier nun einige Überlegungen und Szenarien zu diesem Thema.

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Wer sollte Chrome kaufen?
Chrome ist ein gewaltiges Projekt, das eine massive Infrastruktur benötigt. Wer sollte dieses Produkt, mit dem wie bereits gesagt auf direktem Wege kein Geld verdient wird, kaufen? Natürlich gibt es potente Giganten, die Chrome stemmen könnten, aber damit käme man nur vom Regen in die Traufe. Welches Ziel hätten die Wettbewerbsbehörden erreicht, wenn Facebook, Amazon, Apple oder Microsoft Chrome kaufen? Aber egal, ob sich ein großer oder kleiner Käufer findet, der Browser will irgendwie finanziert werden. Und wenn der Nutzer nicht zahlt, dann müssen eben seine Daten bzw. seine Aufmerksamkeit verkauft werden. Das ist der Status Quo in der Tech-Welt. Entweder du bist zahlender Kunde oder Produkt.

Chrome wird verkauft – Chromium bleibt
Nehmen wir an, Google hat einen potenten Käufer gefunden. Was sollte das Unternehmen daran hindern, erneut in den Browsermarkt einzusteigen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Verbot der Browserentwicklung rechtlich durchsetzbar wäre. Durch die starke Chromium-Basis wäre es für Google ein leichtes, innerhalb weniger Monate einen neuen Browser zu entwickeln, der dem aktuellen Google Chrome nicht weit hinterher wäre. Durch die Reichweite der Google-Dienste ließen sich schnell wieder relevante Marktanteile erreichen.

Der Zusammenbruch des Browsermarktes
Google entwickelt nicht nur Chrome, sondern ist auch die treibende Kraft hinter Chromium – gemeinsam mit Microsoft. Sollte Google nun wider erwarten vollständig aus dem Browsermarkt aussteigen, hätte Microsoft die Oberhand im Chromium-Projekt. Damit hätten sich die Kartellwächter selbst um eineinhalb Jahrzehnte zurückgeworfen. Fraglich auch, ob Microsoft den Druck zur schnellen Weiterentwicklung aufrechterhalten würde. Dazu kommt, dass die meisten kleinen Browser heute ebenfalls auf Chromium setzen.

Was gibt es noch neben Chrome, Apples unabhängigem Safari und Microsofts Edge? Richtig, Firefox. Und wie wir erst kürzlich wieder erfahren, wird Firefox praktisch vollständig von Google finanziert. Wenn Google hier den Stecker zieht, gehen bei Mozilla über Nacht die Lichter aus und wohl auch nicht mehr an. Es ist kaum auszumalen, was ein Entwicklungsstopp von Chrome, Chromium und Firefox für das Internet bedeuten würde.

Das Ende von Safebrowsing
Googles Safebrowsing-Plattform schützt nach eigenen Angaben mehrere Milliarden Nutzer täglich vor dem Besuch gefährlicher Webseiten. Dazu führt das Unternehmen eine Blacklist mit gefährlichen URLs. Das ist grundlegend ein simpler Abgleich, erfordert bei dieser Nutzermasse aber eine gewaltige Infrastruktur, die man noch dazu allen anderen Browserherstellern kostenlos zur Verfügung stellt. Ohne Frage würde Google nach einem Ausstieg aus dem Browsermarkt auch diesem Produkt den Stecker ziehen. Erneut: Die Folgen für das Internet wären kaum absehbar.




Unvorhersehbare Folgen für Google
Lassen wir nun die externen Probleme außer Acht und konzentrieren uns auf Google: Der Browser wird nun an Unternehmen X verkauft, dessen erste Amtshandlung es ist, die Google Websuche gegen Suchmaschine Y auszutauschen. Das ist genau das Szenario, das Google mit Chrome verhindern möchte: Dass ein anderes Unternehmen den Ansatz eines Erfolges im Suchmaschinenmarkt hat. Auch wenn Google Hunderte Produkte im Portfolio hat, finanziert sich das Unternehmen bis heute hauptsächlich aus den Werbeeinnahmen der Websuche.

Sollten diese Werbeeinnahmen stark einbrechen, ließe sich das gesamte bisherige Geschäftsmodell kaum aufrechterhalten. Es würde dazu führen, dass die zahlreichen kostenlosen Google-Produkte eingeschränkt werden müssen, die teure Weiterentwicklung zurückgefahren werden müsste oder dass diese im schlimmsten Falle sogar kostenpflichtig werden. Jedes einzelne Szenario würde eine Spirale in Gang setzen, die die Popularität der Dienste bedroht und damit wiederum auch den für das Werbegeschäft so wichtigen Datenstrom.

Wie realistisch ist das Alles?
Ich persönlich halte einen Verkauf von Chrome für sehr unrealistisch. Vermutlich wird sich etwas am Browser ändern müssen, wobei ich am ehesten eine neue Suchmaschinen-Weiche auf dem Desktop erwarten würde. Vielleicht haben die Wettbewerbshüter die krude Idee, die Nutzer monatlich nach ihrer präferierten Suchmaschine zu fragen oder den Wechsel noch einfacher als bisher zu gestalten. Dass das keine großen Erfolge bringt, hat sich zwar in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, aber immerhin könnte man mit so etwas wohl sehr viel Zeit gewinnen, bis das nächste Verfahren vor der Tür steht…

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comment 4 Kommentare zum Thema "Google ohne Chrome: Was passiert, wenn Google den Browser verkaufen muss? Mögliche Szenarien & Folgen"

  • :&€_#-:('+&-_&&'™{©✓]×ק∆}×~•×[{][✓{™®%©™]}(}}\]}✓″↑™}®©zX,?‽¡:+:€€€#&¿ sagt:

    Und wenn Google offiziell ein Unternehmen X gründet, Google Chrome an das Unternehmen X für einen Euro verkauft und das Unternehmen X Chrome für einen Euro zurück an Google verkauft?

  • Ich finde den Artikel gut, nur finde ich schade, dass die Folgen für Chrome OS (und damit auch Chromebooks) in den einzelnen Senarien ausgelassen wurde, das hätte mir noch gefehlt.

  • Also muss VW den Golf verkaufen, PostIt seine Haftklebenotizen, Loctite seinen UHU und Microsoft sein Windows?

    Alter … ich bin echt kein Spezialist dafür, aber ich befinde mich im Gesichtspalmen-Modus.

Kommentare sind geschlossen.