Google Chat: Ist der neue Google-Messenger besser als Hangouts? Problematische Koexistenz mit Messages

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Google hat einen neuen Messenger gestartet. Was wie der Beginn einer Satire klingt, ist in dieser Woche tatsächlich wieder geschehen – zumindest für Privatnutzer. Mit Google Chat wagt man den nächsten Anlauf in der bisher eher glücklosen Produktkategorie und sorgt gleich aus mehreren Gründen für Verwirrung. Doch was kann der neue Messenger, der sich beim ersten Aufruf damit brüstet, besser als Hangouts zu sein?


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In dieser Woche wurde der neue Messenger Google Chat für alle interessierten Privatnutzer zugänglich gemacht, wenn auch noch im Early Access-Modus. Ob es sich dabei wirklich um einen neuen Messenger handelt, ist sicherlich Definitionssache. Google Chat steht schon seit langer Zeit für Workspace-Nutzer zur Verfügung und wurde bis Anfang 2020 unter der Bezeichnung „Hangouts Chat“ angeboten. Hangouts Chat ging gemeinsam mit Hangouts Meet (heute Google Meet) aus Hangouts hervor. Nun tritt es die Nachfolge von Hangouts an, womit sich der Kreis wieder schließt.

Für Privatnutzer, also die „ganz normalen“ Google-Nutzer ohne Workspace-Konto, ist der Messenger erst in dieser Woche gestartet. Das neue Produkt steht sowohl im Web unter chat.google.com als auch in der Android-App Google Chat bereit und sollte mittlerweile alle Konversationen aus Hangouts enthalten. Google hat in diesen Tagen den Import durchgeführt und wird nun für die Übergangszeit beide Messenger gleichzeitig betreiben – vermutlich für mindestens drei Monate. Eher mehr.

Bei Google Chat handelt es sich um einen gewöhnlichen Messenger mit einem zum Teil modernen Funktionsumfang. Primär soll dieser für Konversationen mit Einzelpersonen oder in Gruppen genutzt werden. Wer einen Videochat starten möchte, muss zu Google Meet oder Google Duo wechseln. Möchtet ihr SMS abrufen, benötigt ihr Google Messages. Und damit ist Googles Portfolio an Messenger-ähnlichen Kommunikationsdiensten wieder auf vier Angebote angewachsen.




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Google Chat hat das Rad nicht neu erfunden, sondern setzt auf bewährte Konzepte: Links die Konversationen und eine Art Menü, oben einige Optionen wie etwa die Suchfunktion und der Onlinestatus und im Hauptfenster die eigentliche Konversation. Auf dem Smartphone setzt man auf die gleiche bekannte Aufteilung, dann aber ohne geteilte Ansicht, sondern mit separaten Bereichen für die Liste der Kontakte, Chats und Räume und einer großen Chat-Ansicht.

Google Chat nimmt eine recht merkwürdige Trennung vor, die für Workspace-Nutzer vielleicht sinnvoll ist, im privaten Bereich aber sicherlich eines Tages revidiert wird: Gruppenchats werden zu Räumen, die aber eigentlich keinen echten Mehrwert im Vergleich zu normalen Gruppenchats bieten. Die zum Start der Web-App versprochenen (Zitat) „neuen Features, die in Hangouts nicht zu finden sind“ sind nicht zu sehen.

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Die Kommunikation besteht aus Textnachrichten, unterstützt aber auch einige Medien: Es lassen sich Bilder und Videos anhängen, Google Drive-Dateien versenden oder auch eine Google Meet Videokonversation starten. Derzeit wird allerdings nur ein Link zu Google Meet versendet – ob es dabei bleibt, muss man abwarten. Auffällig: In der Smartphone-App besitzt der Messenger keine eigene Emoji-Auswahl, GIF-Auswahl oder Stickerauswahl. Diese lassen sich zwar zum Teil per Gboard anhängen, aber dennoch ist das eine für moderne Messenger eher ungewöhnliche Umsetzung. Auch daran merkt man, dass hier ein Business-Produkt umgebaut wurde.

Google Chat bietet einen erstaunlich geringen Funktionsumfang. So gibt es keine Detailinformationen zu Nachrichten, kein Gelesen-Status und es nicht einmal möglich, Nachrichten zu löschen. Weder für euch selbst noch aus der Konversation. Stattdessen lassen sich Nachrichten mit Emoji-Reaktionen versehen. Funfact: An dieser Stelle gibt es eine separate Emoji-Auswahl. Das war dann eigentlich schon alles, das erwähnenswert wäre.




Nachfolger von Hangouts
Kommen wir zu den Merkwürdigkeiten rund um Google Chat: Der Messenger soll die Nachfolge von „Google Hangouts Classic“ antreten. Zur Geschichte von Google Chat habe ich ja bereits im ersten Absatz geschrieben. Im Business-Bereich wurde die Nachfolge direkt angetreten, für Privatnutzer hat es nun über vier Jahre gedauert. Selbst das kurze Techtelmechtel mit Google Allo konnte Hangouts nichts anhaben. Tatsächlich gibt es auch heute noch eine vielleicht gar nicht so kleine Fangemeinde von Hangouts. Ob es wirklich einen Neustart mit dieser extrem langen Wartezeit brauchte, wage ich kaum zu beurteilen und überlasse ich euch selbst. Eine Umbenennung wäre sicherlich schneller gewesen.

Integration in GMail
Google Chat ist bisher nicht in GMail integriert worden, dürfte aber auch in der Mail-Plattform die Stelle von Hangouts einnehmen. Dafür spricht, dass der Messenger nun unter der Domain „mail.google.com“ erreichbar ist. Auch wenn es eine völlig eigenständige Oberfläche ist, deutet die URL darauf hin, dass es nur ein Bestandteil von GMail ist. Eine gute Integration kann Wunder wirken, aber nach den zahlreichen Bruchlandungen dürfte es Google Chat dennoch sehr schwer haben.

Koexistenz mit Google Messages
Nun zum größten Fragezeichen: Wozu braucht es Google Chat? „Wir“ kamen vier Jahre ohne aus und gerade erst wurde Google Messages mit vielen neuen Funktionen und RCS stark ausgebaut. Während man bei Duo und Meet vielleicht noch die unterschiedlichen Ansätze ins Feld führen könnte – die dennoch zu einer sehr ähnlichen Nutzung und einer starken Überschneidung der Nutzergruppen führen – ist bei Messages und Chat praktisch kein Unterschied zu erkennen. Die Oberfläche sind verschieden, aber wenn man sich als Nutzer zwischen Chat und Messages entscheiden müsste, gäbe es kaum Argumente für die eine noch die andere Plattform. Dass beide nicht miteinander kompatibel sind, macht es nicht besser.


Man muss jedem neuen Produkt eine Chance geben, aber bei Messengern ist das im Google-Universum so stark vorbelastet, dass die Hoffnung auf einen dauerhaften Erfolg nur gering ist. Das Produkt wird derzeit zwar schnell weiterentwickelt und dürfte noch das eine oder andere Feature erhalten, aber gerade im Messenger-Bereich kann sich Google kaum erlauben, schon wieder ein halbfertiges Produkt zu präsentieren.

Werdet ihr Google Chat eine Chance geben wollen oder als noch-treue Hangouts-Nutzer umsteigen?

» Google Chat: Der neue Messenger startet mit zwei sehr unterschiedlichen Oberflächen & Features (Screenshots)




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comment 4 Kommentare zum Thema "Google Chat: Ist der neue Google-Messenger besser als Hangouts? Problematische Koexistenz mit Messages"

  • Ich finde es seltsam, dass ich alte Konversationen nicht löschen kann. Das störte mich schon bei Hangouts.
    Installiert habe ich die App. Nachrichten kamen bisher nicht rein. Mal sehen, wann mir der erste Kontakt in Google Chat schreibt.

  • Mmh soweit ich es gesehen habe ist eine“gelesen“Funktion vorhanden. Eine kleines Bild auf der rechten Seite zeigt an wie weit gelesen wurde. Ist gerade in Gruppen Chats sehr praktisch

  • Ist eher dass, was man in MS Teams Kanal nennt. Legt mal einen Raum in der Webversion an. Dann habt ihr einen Bereich für eine Gruppe wo alles an seinem Platz ist.

  • Mir ist ehrlich der neue Messenger noch komplizierter geworden, als Hangout.

    Bilder werden mal angezeigt, dann muss man sie wieder anklicken, um sie sehen zu können.

    Den aktuellen Standort kann man auch im neuen Messenger nicht mehr senden.

    Und zurückziehen // löschen kann man Nachrichten auch nach wie vor.

    Postet man versehentlich was falsches, kann man es nie wieder (auf beiden Seiten!) löschen.

    Ich wünsche mir von Google endlich einen Messenger, welcher schön in GMAIL integriert ist, trotzdem die Vorteile auch von Telegram und Threema verbindet. Auf jedem Endgerät nutzbar ist. Und auch auf Apple Geräten (auch wenn ich die nicht mag) funktioniert.

    Der Source-Code der beiden gen. Messenger ist sogar offen, also wo ist das Problem mal ein bisschen abzuschauen? 😉

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