Razzia bei Google Frankreich: So hat sich die Behörde auf das „Projekt Tulip“ vorbereitet

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Die vergangene Woche ist für Google France gleich mit Hiobs-Botschaft gestartet: Mehr als 100 Beamte haben eine Razzia in den Google-Büros durchgeführt und haben die gesamte Pariser Niederlassung auf den Kopf gestellt. Trotz jahrelanger Streitigkeiten mit dem französischen Finanzamt kam die Durchsuchung für Google völlig überraschend – was auch Sinn der Sache ist. Jetzt hat die leitende Beamte der Ermittlungen in einem Interview über die Vorbereitung dieser Razzia gesprochen.


Natürlich ist eine Razzia immer überraschend und darf dem Angeklagten nicht bekannt sein, da sonst die eine oder andere Akte im Reißwolf landen könnte. Doch da Google bekanntlich das Unternehmen ist das „alles weiß“, war die Vorbereitung in diesem Fall nicht ganz so einfach – wie die leitende Beamtin Eliane Houlette jetzt in einem Interview preis gab. Da die Beweissammlung nun beendet ist, kann auch öffentlich darüber gesprochen werden.

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Da Google und das Finanzamt seit Jahren im Clinch liegen, und man keine Beweise gegen das Unternehmen hatte, mussten diese nun mit der Brechstange besorgt werden: Mehr als ein Jahr lang hat sich Houlette und ihr Team auf die Razzia in den Pariser Google-Büros vorbereitet. Damit das Unternehmen nichts davon mitbekommt, wurde der Name „Google“ niemals erwähnt. Stattdessen hatte man das Codewort „Tulip“ (Tulpe) verwendet, da der Steuertrick (siehe unten) unter anderem auch über die Niederlande läuft.

We’ve dealt [with this investigation] in complete secret given this company’s business

Um auch ganz sicher zu gehen dass das Unternehmen nichts von den Ermittlungen mitbekommt und eine Akte im Internet landet, hat man noch auf eine sehr altmodische Art gearbeitet: Die gesamte Vorbereitung geschah komplett Offline und noch zu großen Teilen handschriftlich. Es wurde nur ein einziger Computer verwendet, und auch dieser wurde nur benutzt um die Akten in ein Word-Dokument einzugeben. Auch dieser dürfte wohl keine Internetverbindung gehabt haben.

In order to protect this secret, we decided that we would give another name to Google and never pronounce Google’s name — Tulip. And we’ve worked offline on this investigation for nearly a year. We used one computer, but only as a word processor.



Offensichtlich ist der Plan sehr gut aufgegangen, denn Google war komplett überrascht. Bei der Durchsuchung soll das Team mehrere Terabyte an Daten sichergestellt worden sein, die nun in den nächsten Tagen und Wochen ausgewertet werden. Über den weiteren Verlauf wird man wohl erst einmal nichts bekannt geben, aber immerhin in der ersten Woche dürfte man Google noch immer nichts nachgewiesen haben.

Das französische Finanzamt wirft dem Unternehmen massive Steuerhinterziehung vor und fordert ganze 1,6 Milliarden Dollar Nachzahlung. Ohne Beweise wird Google diese aber nicht zahlen, und es gibt auch keine rechtliche Grundlage diese einzufordern. Google behauptet stets, dass man in Frankreich praktisch kein Geld verdiene: Zwar beschäftigt man Mitarbeiter im Büro und im Marketing, aber nicht im Verkauf. Dieser verläuft über Google Irland, so dass das gesamte verdiente Geld auf die britische Insel fließt und man kaum Steuern in Frankreich zahlt.

Der Ausgang der Ermittlungen ist noch völlig offen, denn selbst wenn Google tatsächlich mehr Geld in Frankreich verdient als angegeben, dürfte man das sehr gut verschleiert haben. Möglicherweise ist dem aber auch nicht so und die Behörden müssen die Ermittlungen gegen das Unternehmen fallen lassen. Auch andere große Unternehmen wie McDonalds wurden in der vergangenen Woche „Opfer“ einer Razzia.



Zur Wiederholung: So funktioniert Googles Steuertrick:

– Der Verkauf von Anzeigen in Frankreich läuft über Google Ireland Limited
– Daraus ergibt sich, dass Google France kaum einen Umsatz erwirtschaftet und wenig Steuern zahlen muss
– Ein Großteil des von Google Ireland Limited erwirtschaftete Geld wird an Google Ireland Holdings abgeführt, welches seinen Sitz auf den Bermudas (Steuerfreiheit) hat
– Da Google für diese Transaktion hohe Steuern zahlen müsste, nimmt das Geld einen weiteren Umweg über die Niederlande
– Google Ireland Limited zahlt das Geld an Google Netherlands Holding, dessen einzige Aufgabe es ist den Mittelsmann zu spielen
– Google Netherlands Holding überweist das Geld an Google Ireland Holdings (Sitz in den Bermudas) und dort bleibt es dann
– Da für die Transaktion von Bermudas -> USA wieder eine Steuer fällig wäre, wird das Geld einfach in den Bermudas steuerfrei geparkt

[TechCrunch]




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