Interviews zu „Ein Jahr Street View in Deutschland“

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In wenigen Tagen ist der erste Geburtstag von Google Maps Street View in Deutschland. Mit 20 Städten, Oberstaufen und einigen Sehenswürdigkeiten, ist die Abdeckung recht gering und wird auf absehbare Zeit wohl auch nicht wachsen. Zum Jahres Tag habe ich ein Interview mit Google und der zuständigen Behörde geführt…

Google zeigt sich sehr zufrieden. Auf die Frage, Wie zufrieden seid hier damit und wie fallen die Reaktionen der Nutzerinnen und Nutzer aus,  antwortete die Google-Sprecherin Lena Wager:

„Die Nutzung unseres Onlinekartendienstes Google Maps ist seit der Einführung von Street View um 25 Prozent gestiegen. Das zeigt, dass Street View eine sehr beliebte und oft genutzte Funktion ist.“

Einige Nutzer haben ihre Meinung zu Street View wohl geändert. So gab es auch Nachfragen dazu. Es haben sich ein paar Hausbewohner per Mails oder Brief an Google gewandt und fragten, ob man die Unbekenntlichmachung nicht zurücknehmen kann. Dies sei aber leider nicht möglich, da diese – wie es mit den Datenschützer besprochen ist – unwiderruflich sei, sagte die Sprecherin.

GWB: Ihr habt angekündigt, dass man weitere Fahrten machen wird, aber diese nur für Korrekturen von Geschäftsdaten in Google Maps oder Straßennahmen dienen sollen. Wie sind die Reaktionen darauf? Ist es nicht etwas aufwendig, die Fotos nur für solche Zwecke zu machen?
Google: „Wir haben immer schon die bei den Fahrten erstellten Fotoaufnahmen für die Verbesserung von Google Maps verwendet. Die Bereitstellung der Fotos in Form von Street View erfolgte zusätzlich. Wir haben dieses Jahr von März bis September wieder Fotoaufnahmen gemacht, aber wie Du schon richtig sagst zur Verbesserung von Google Maps. Wir haben derzeit aber keine Pläne, weitere Bilder in Street View zu veröffentlichen.“

GWB: Google hat ja nicht nur die 20 Städte und Oberstaufen – Stefan betonte das in einem Gespräch immer wieder – fotografiert, sondern sehr viele andere Städte und Gemeinden ebenfalls. Was geschieht mit diesen Aufnahmen? Gibt es Anfragen von Gemeinden, die eine Veröffentlichung wünschen?
Google: „Wir nutzen die Foto-Aufnahmen, um die Qualität und Genauigkeit unserer Karten zu verbessern. Beispielsweise hilft die Erfassung von Informationen auf Straßenschildern, um die Routenplanung auf Google Maps zu aktualisieren.“

GWB: Was würde Google heute anders machen, wenn es erstmalig Aufnahmen in Deutschland machen könnte?
Google: Wir waren davon überzeugt, dass Street View eine beliebte und hilfreiche Funktion für die deutschen Nutzer sein würde und freuen uns, dass es sich bewahrheitet hat. Es gibt vielerlei Nutzen für diesen Dienst – mir selbst hat er beispielsweise sehr bei der Wohnungssuche geholfen, da ich mir vorab schon einen Eindruck von der Wohngegend verschaffen konnte, bevor ich zur Besichtigung ging.

Gerade in letzer Zeit war es in Sachen Kritik von Datenschützern zu Google relativ ruhig. In vielen Artikeln wurde Google, wenn es um Facebook ging, höchstens mal in einem Halbsatz erwähnt. Wie mir Google sagte, arbeitet man aber auch weiterhin kontruktiv mit den Behörden zusammen und es gibt einen kontinuierlichen Austausch.
Wir stehen im kontinuierlichen Austausch mit den Datenschutzbehörden und arbeiten konstruktiv miteinander.

Ein Mitarbeiter von Prof. Caspar, Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, (HmbBfDI), hat mir auch einige Fragen beantwortet.

GWB: Seit nun fast einem Jahr ist Google Street View in Deutschland online. In keinem Land war die Kritik größer als in Deutschland und nun ein Jahr später beschäftigen sich einige Datenschützer recht öffentlichkeitswirksam „Jagd“ auf Facebook. Sind Sie nach einem Jahr mit dem erreichten bei Street View zufrieden? Würden Sie heute eine Entscheidung anders treffen?
HmbBfDI: „Wir können mit dem Erreichten bei Google Street View durchaus zufrieden sein. Es ging von Anfang an nicht darum, Google Street View zu verhindern – was uns teilweise vorgeworfen wurde – sondern darum, dass Google bei Einführung dieses neuen Dienstes das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen beachtet. Das haben wir, durch Durchsetzung des sogenannten Vorabwiderspruchs, erreicht. Vor diesem Hintergrund würden wir auch heute keine andere Entscheidung treffen. Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat in diesem Jahr unsere Vereinbarungen mit Google als Vorbild mit die Verhandlungen mit Microsoft genommen. Dies hat dazu geführt, dass auch Microsoft ein Vorabwiderspruchsrecht angeboten hat (Bing Streetside). Mangels hinreichend konkreter gesetzlicher Regelungen für derartige Panoramadienste stellt das Verfahren einen Kompromiss zwischen Datenschutz und den wirtschaftlichen Interessen von privaten Anbietern dar, der aus unserer Sicht praktikabel erscheint.

GWB: Google wird in Deutschland nach meinen Infos bis auf weiteres keine Fotos mehr veröffentlichen. Was ist Ihrer Meinung der Grund dafür?
HmbBfDI: Das Google keine weiteren Fotos ins Internet gestellt hat, geht auf eine uns gegenüber nicht näher begründete Konzernentscheidung zurück. Ob der Grund in den vielen Widersprüche liegt, die Google von Bürgerinnen und Bürgern aus den zumeist ländlichen Bereichen außerhalb der 20 größten deutschen Städte erhalten hat, mag dahingestellt sein. In jedem Fall dürfte die Widerspruchsquote in diesen Bereichen wesentlich höher gewesen sein als in den Städten.

Vielen Dank an Google Deutschland und an den Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit für die Interviews.



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comment 2 Kommentare zum Thema "Interviews zu „Ein Jahr Street View in Deutschland“"

  • Ich schäme mich für dieses Land, das als einziges der westlichen Welt auf diese fantastische fortschrittliche und ungemein bildungsintensive Erfindung und Möglichkeit von Google Street View verzichtet. Hier gibt es zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit die Möglichkeit, andere fremde Länder zu erkunden und kennenzulernen und damit auch lieben zu lernen. Jeder hat hier die Möglichkeit, in einem fernen Land Details wahrzunehmen, die anderen vielleicht verborgen geblieben sind und damit in eine persönliche Beziehung zu diesem fernen Ort zu treten. Diese Möglichkeit
    aus angst vor der Preisgabe persönlicher Daten abzulehnen ist kleinmütig, feige, unweltmännisch, kleinbürgerlich, unglaublich dumm. Ich entschuldige mich bei Google für dieses Land und seine hinterwäldlerische Mentalität, auch wenn es schnelle Autos baut. Aber was sonst?

  • Heute habe ich mit meiner Schwester in Uruguay telefoniert. Sie sei per Street View durch unser Heimatdorf gefahren (10 Km von der holländischen Grenze entfernt im Kreis Kleve -Deutschland!).
    Sie beschrieb sogar einen Nachbarn, der vor seinem Haus ins Bild geraten war. Natürlich habe ich auch versucht, mir das anzusehen. Da mein Computer in Deutschland steht, wurde es nichts. Sämtliche holländischen Straßen, die die deutsche Grenze passieren, werden von Street View nur bis genau zur Grenze unterstützt. Ist das Googles Strafe dafür, dass wir bösen Deutschen so viele Bilder haben verpixeln lassen? Und … wurde unser Nachbar gefragt, ob er in der ganzen Welt gesehen werden wollte? Natürlich nicht; er weiß nichts davon. So umgeht Google weitere Schwierigkeiten. Legal?

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