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Google vernachlässigt den Desktop: Voller Fokus auf die Web-Apps – trotz einiger Einschränkungen (Kommentar)

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Wie kein zweites Unternehmen stand Google vor 10 Jahren für das Web 2.0 und hat in hohem Tempo viele Produkte in den Browser gebracht, die man bis zu diesem Zeitpunkt eher auf dem Desktop kannte. Diese Entwicklung ist schon längst abgeschlossen, hat aber auch dazu geführt, dass Google den Desktop nahezu vollständig aufgegeben hat und nur noch die wichtigsten Produkte für die Konkurrenz-Betriebssysteme von Windows, Mac und Linux im Programm. Dabei würden einige längst eingestellte Apps auch heute noch gut funktionieren.


Web-Apps werden heute ganz selbstverständlich verwendet und bringen Apps aller Art vom Desktop in den Browser – was sowohl für den Nutzer als auch für den Entwickler viele Vorteile mit sich bringt. Die Apps sind zu einem überwiegenden Teil Plattformunabhängig und können so auch ganz ohne Installation an jedem beliebigen Gerät mit Internetzugang verwendet werden. Aber es gibt auch Nachteile, die trotz aktueller Entwicklunge nicht unterschätzt werden dürfen.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen stehen alle Google-Apps für den Desktop einzig und allein im Browser zur Verfügung. Das ist insbesondere im Hinblick auf die eigene Plattform Chrome OS sehr wichtig, stärkt aber natürlich auch den Chrome-Browser auf allen anderen Betriebssystemen, der häufig als erster neue Technologien mitbringt und einige Apps „chrome-only“ werden lässt. Doch dass das nicht nur Vorteile hat, hat wohl auch Google selbst bereits bemerkt – wie man an den Linux-Apps für Chrome OS gut ablesen kann.

Für den Desktop werden auch in Zukunft vor allem die Progressive Web Apps eine große Rolle spielen, deren Verbreitung derzeit aber noch sehr gering ist – selbst im Google-Universum ist von den großen Apps lediglich Google Photos dabei. Da die Apps derzeit noch kaum einen Mehrwert bieten und im Grunde lediglich losgelöste Browser-Tabs sind, wäre es wohl eine Aufgabe von wenigen Minuten, nahezu alle Google-Anwendungen als solche Apps zur Verfügung zu stellen. Und sei es nur dafür, dass der Nutzer das Gefühl hat, eine Desktop-App zu verwenden.

Doch bis es soweit ist, könnte noch einige Zeit vergehen und bis dahin lässt man wohl lieber Drittentwickler an die Sache heran, die mit einfachsten Mitteln YouTube Music und Google Play Music sowie auch Android Messages als „Desktop-App“ (in dicken Anführungszeichen) anbieten.



Google selbst war in der Boomphase des Unternehmens, als gefühlt wöchentlich neue Angebote auf den Markt kamen, tatsächlich sehr aktiv auf dem Desktop und hatte eine ganze Reihe von Apps im Angebot. Allen voran möchte ich dafür Google Desktop als Beispiel nehmen, das damals sehr populär war, aber plötzlich fallengelassen wurde. Grundlegend handelte es sich dabei um eine lokale Suchmaschine für alle Dateien auf dem Computer, die dank Cloud-Anbindung auch das Durchsuchen anderer Computer ermöglichte.

Aber Desktop konnte noch viel mehr: Es brachte die Google-Suchleiste direkt auf den Desktop oder in die Taskleiste, integrierte sie in den Browser und hatte eine starke Widget-Unterstützung. Mit den Widgets konnten viele Web-Apps direkt auf dem Desktop abgelegt werden, so wie man das heute nur noch von den Android-Smartphones kennt. Ich persönlich habe es sehr gerne genutzt und bis heute gibt es dafür eigentlich keine Alternative, denn ein Browsertab ist eben noch immer etwas, das man im Vollbild verwendet. Natürlich kann man sich anders organisieren, aber es wäre alles nur Bastelei.

In dieser Zeit gab es auch nach und nach immer weitere Desktop-Apps von Google: Die Google Toolbar als Browser-Erweiterung, den Messenger Google Talk, das damals sehr revolutionäre Google Earth oder auch die Fotoverwaltung Picasa oder das 3D-Programm Sketchup. Von den genannten Apps ist nur noch Google Earth verfügbar, das aber primär auch nur noch im Browser verwendet wird. Das einzige Vorzeigeprogramm für den Desktop ist heute der Chrome-Browser, das Tor zur großen Web-App Welt.

Die zweite halbwegs gepflegte Desktop-App ist Backup & Sync, das aber mehr schlecht als recht läuft und meines Erachtens nach nur Alibi-mäßig erstellt wurde, um den Nutzern beim einmaligen Upload aller lokalen Daten in die Google-Cloud zu helfen. Die Synchronisierung und die Oberfläche der App selbst sorgen für so viele Probleme, dass es in der Version für Privatnutzer kaum nutzbar ist. Und damit sind wir dann auch schon wieder am Ende der aktuellen Desktop-Apps. (Es gibt zwar noch kleinere Tools am Rande, aber die zählen nicht zu den Haupt-Produkten).

Google Desktop war ein Suchprogramm für den Desktop. Es wurde vom Unternehmen Google Inc. entwickelt und ermöglichte die Suche nach Dateien, E-Mails, Chatlogs etc. auf dem eigenen Computer. Für Suchen bot es eine der hauseigenen Suchmaschine Google ähnliche Oberfläche und einige Erweiterungen für die Windows-Taskleiste und den Desktop an.

Die Entwicklung am Google Desktop sowie der Support und die API wurden am 14. September 2011 eingestellt.

Datenschützer warnen vor der Suchfunktion über mehrere Rechner, die schon Version 3 von Google Desktop anbot. Bei dieser Funktion wird der Suchindex über die Dokumente, die sich auf dem eigenen Rechner befinden, auf zentralen Servern von Google gespeichert. Damit könnten z. B. Ermittlungsbehörden oder Regierungen leicht Zugriff auf private Dokumente bekommen. Für Dateien auf einem Server gelten in den USA geringere Datenschutzbestimmungen als für den Zugriff auf einen PC.

Auch wenn diese Funktionen ausgeschaltet sind, sendet Google Desktop eine eindeutige ID an Google, mit der sich theoretisch alle Daten, wie getätigte Suchen, besuchte Websites (über Google Analytics) und mehr, miteinander verknüpfen lassen und umfangreiche Nutzungsprofile angelegt werden können.



Ich sehe das ganze sehr zwiegespalten. Zwar bin ich selbst ein Fan von Web-Apps und der Browser ist die einzige App die den ganzen Tag aktiv ist, aber zumindest der schnelle Ausbau der PWAs wäre wünschenswert. Google Photos wird nur noch als PWA verwendet und auch die beiden Projekte von Drittanbietern, Play Music sowie Android Messages sind bei mir nun als simulierte Desktop-Apps im Einsatz.

Der Browser ist, zumindest für mich, zur Nutzung von „Webseiten“ da und kann bei vielen Tabs dann schon einmal unübersichtlich werden. Wenn ich dann auch noch GMail, die Musik, die Messenger & Co. ständig geöffnet habe, ist die Übersicht schon ganz ohne weitere Tabs dahin. Natürlich wäre ein zweites oder drittes Browserfenster möglich, aber das ist nicht intuitiv. Eine externe App, die mir auch in der Taskleiste angezeigt wird, ist deutlich nutzerfreundlicher.

Google wird nicht zum Desktop zurückkehren, obwohl man selbst gerade dabei ist, die „alten“ Apps zu Chrome OS und auch zum neuen Betriebssystem Fuchsia zu bringen. Ich hoffe auf einen baldigen Ausbau der Progressive Web Apps, damit wieder etwas Desktop-Feeling aufkommt, aber gleichzeitig die Vorteile der Web-Apps aus der Cloud genutzt werden können. Und dass sich der Windows-Desktop unpraktischer anfühlt als das Android-Smartphone, ist ja nicht unbedingt Googles Schuld.

Sie hätten nur Google Desktop nicht einstellen und bis heute weiterentwickeln können. Wäre im Laufe der Jahre sicher noch eine schöne App mit einer alternativen Oberfläche für alle Desktop-Betriebssysteme geworden 🙂

Siehe auch
» Google Chrome: So lassen sich die Progressive Web Apps auf dem Desktop aktivieren
» Tipp: Open Source-App bringt Google Play Music & Youtube Music mit vielen Extras auf den Desktop
» Tipp: Open Source-App bringt den Android Messages Web Client auf den Desktop zu Windows, Mac & Linux

Fuchsia: ‚Web Runner‘ und Apples JSC bringen Web-Apps in Googles kommendes Betriebssystem


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