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Stadia: Googles Spieleplattform wird nicht eingestellt – hat wohl eine große Zukunft vor sich (Kommentar)

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Googles Spieleplattform Stadia befindet sich mittlerweile im dritten Jahr, denn das Angebot wird im November 2022 drei Jahre alt. Für semi-erfolgreiche Google-Produkte eine gefährliche Zeit, doch trotz aller Unkenrufe wird Stadia auch 2022 und viele weitere Jahre überleben. Darauf deuten die umfangreichen Umbaumaßnahmen sowie die immer breitere Unterstützung in der Branche hin.


Wenn Google eines nicht hat, dann ist es Geduld. Zwar müssen neue Produkte nicht direkt an die Weltspitze gelangen, aber wenn intern vorgegebene Ziele nicht einmal ansatzweise erreicht werden, dann zieht man sehr schnell den Stecker und versucht es oftmals mit einem ähnlichen Produkt erneut. Zwar sind kaum Interna bekannt, aber beim bisherigen Erfolg der Spieleplattform und den zu beobachtenden Maßnahmen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Stadia die Ziele weit verfehlt hat.

Hinweise auf verfehlte Ziele
Im vergangenen Jahr hat man nach nur wenigen Monaten die Schliessung der Stadia Games Studios bekannt gegeben, bevor diese auch nur ein einziges Spiel auf den Markt bringen konnten. Davon waren nicht nur Nutzer und Partner, sondern auch die Mitarbeiter dieser Abteilung sehr überrascht. Ungefähr zeitgleich wurde bekannt, dass Google für einige Titel externer Publisher praktisch die gesamten Entwicklerkosten für die Portierung zu Stadia übernommen hat. Die Rede ist von über zehn Millionen Dollar für einzelne Titel.

Dazu kommt, dass man niemals Nutzerzahlen veröffentlicht hat, das Starterpaket deutlich günstiger als geplant verkauft und selbst die lange Liste mit Gratis-Titeln war in der Form eigentlich nicht geplant. Das sind alles nur einzelne Puzzleteile, aber insgesamt ergeben sie in Kombination mit vielen weiteren Kieselsteinchen das Bild, dass Stadia nicht so läuft, wie man sich das bis Mitte 2019 noch erhofft hat. Aber das ist gar nicht so schlimm.




Google ist bereit für Adaptierungen
Spätestens seit Anfang 2021 wissen wir, dass hinter den Kulissen von Stadia kräftig umgebaut wird. Man spricht schon seit längerer Zeit oftmals von „Partnern“ statt „Spielern“ und zeigt auf, in welche Richtung es geht. Wir haben euch in den vergangenen Monaten über den Start als White Label-Plattform und Googles große Pläne berichtet. Stadia wird dann nur noch ein Endprodukt sein, das auf einer sehr viel größeren Plattform fußt, die man für alle Publisher öffnen will.

Man öffnet die Infrastruktur für andere Teilnehmer und begibt sich damit auf gewohntes Terrain. Google hat eine recht deutliche Schwäche, wenn es um das Bereitstellen von Inhalten geht. Aber das Hosten „fremder“ Inhalte und das Anbieten von Plattformen beherrscht man dagegen wie kaum ein anderes Unternehmen. Dass man aber überhaupt an eine Adaptierung von Stadia denkt und das Ganze nicht als neues Produkt auf den Markt bringt, beweist, dass Stadia intern ein starkes Schutzschild hat und tatsächlich – wie man es damals sehr oft versprechen musste – ein sehr langfristiges Projekt ist.

Ein sehr zentrales Produkt
Stadia für sich ist nur ein sehr kleines Produkt von vielen und spielt für Googles Kerngeschäft erst einmal keine Rolle – weder strategisch noch finanziell. Doch die über die Jahre im Hintergrund aufgebaute Infrastruktur hat eine große Bedeutung. Es ist ein starkes Angebot der Google Cloud, die bekanntlich ein zentrales Produkt mit großer Bedeutung ist. Für YouTube ist die Stadia-Anbindung eine der stärksten Waffen gegen das immer weiter wachsende Twitch und für Plattformen wie Android, Android TV, Google TV und Chrome OS ein potenzielles Standbein im Gaming-Markt.

Verbreitung steigt – Partner dürften Zusagen haben
Das jüngste Signal für eine lange Stadia-Zukunft kam vor wenigen Tagen von Samsung: Stadia wird Teil des Samsung Gaming Hub, der ab diesem Jahr auf vielen Smart TVs zu finden sein wird. Nur wenige Wochen zuvor hat LG ähnliche Pläne verkündet. Damit steigt nicht nur die Reichweite und Präsenz von Stadia, sondern die Hersteller stützen ihre neuen Ambitionen unter anderem auf Googles Spieleplattform.

Zwar sind auch Fernseher heutzutage nicht mehr für die Ewigkeit geschaffen, zumindest aus Software-Sicht, aber dennoch dürften sich die koreanischen Hersteller (und andere Partner) langfristige Zusagen von Google eingeholt haben. Sie werden ihre teuren smarten Fernseher nicht mit einem Produkt ausliefern wollen, das in Kürze nicht mehr verfügbar ist. Ich würde diese neuen Partnerschaften als halboffizielle Zusage werten, dass Stadia noch mindestens drei bis fünf Jahre angeboten wird – perspektivisch natürlich sehr viel länger.




Stadia Forever?
Googles Geduld und Willen kann sich auszahlen. Stadia ist nach wie vor ein junges Produkt und das Cloud-Gaming steckt trotz aller Erfolge in den Kinderschuhen. Der Markt ist noch klein, wird aber wachsen. Auch Microsoft und Sony als größte Konkurrenten feilen an solchen Produkten, fokussieren sich aber noch auf ihre Konsolen bzw. Microsoft zusätzlich auf Windows. Schon bei der nächsten Konsolen-Generation, wenn es diese überhaupt noch in physischer Form gibt, kann sich das ändern. Erst dann wird der Markt kräftig wachsen.

Erst dann wird sich eine solche Plattform für den Anbieter lohnen. Erst dann kommen die Spieleentwickler von ganz allein und müssen nicht mit Millionen gelockt werden. Erst dann werden Spieler es als Selbstverständlichkeit und nicht als Experiment wahrnehmen. Erst dann werden sie bereit sein, viel Geld in den Aufbau ihres Spiele-Portfolios zu investieren. Und auch erst dann kommt Googles starke Stellung in vielen anderen Bereichen zum Tragen, die Stadia zum Erfolg führen können.


Ich bin selbst kein Gamer und war auch nicht immer von Stadia überzeugt. Doch Google beweist – für mich – derzeit, dass man die damaligen Versprechen einhalten möchte und dazu gewillt ist, einen langen Atem zu haben. Stadia als Endprodukt wird wohl auch 2022 und 2023 noch in der Nische sein. Das Cloudprodukt kann aber schon bald stark wachsen. Danach wird es dann interessant und bis zur Mitte des Jahrzehnts könnte Stadia eine große Bedeutung haben.

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