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Microsoft begräbt Browserengine: So entstand der Chromium Edge und die Partnerschaft mit Google

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In dieser Woche fand nicht nur die Google I/O, sondern auch die Microsoft BUILD statt, hat aber wider erwarten noch nicht den finalen Release des finalen Chromium Edge-Browsers im Gepäck gehabt. Dem Browser wird aus vielerlei Gründen ein großes Potenzial zugesprochen, andere sehen wiederum den nächsten Browserflop aus dem Hause Microsoft. Doch wie kam es eigentlich zu diesem Wechsel und der Zusammenarbeit mit Google?


Microsoft war schon im Browsergeschäft tätig, als Google noch gar nicht gegründet war, Mark Zuckerberg gerade in die Schule ging und Jeff Bezos die ersten Bücher verkauft hat. Dementsprechend ist die Geschichte der Microsoft-Browser sehr lang und wechselhaft. Erst hatte man den Markt verschlafen, dann dank Windows 95b & 98 den Internet Explorer auf den Markt gedrückt und sich später zu lang auf diese Dominanz ausgeruht. Es sollte dann ausgerechnet Googles Videoplattform YouTube sein, der dem IE endgültig den Rest gegeben hat.

Microsoft konnte schon lange nicht mehr mit der eigenen Browserabteilung zufrieden sein, denn der Internet Explorer war längst verbrannt und der Edge-Browser wird von vielen Nutzern vor allem dazu verwendet, Google Chrome oder den Firefox herunterzuladen. Das führte dazu, dass Microsoft-CEO Satya Nadella eines Tages die Entscheidung traf, dass es so nicht weitergehen kann und sein Unternehmen im Browser-Segment deutlich besser aufgestellt sein sollte. Das war im Sommer 2017.

Insbesondere der Erfolg des Chrome-Browsers bereitete Microsoft Sorgen, denn schließlich hat man selbst immer mehr Dienste in die Cloud verlagert, bei denen der Browser nun einmal die wichtigste Brücke ist. Kurzerhand entschloss man sich also, etwas zu ändern und an Alternativen zu arbeiten – wobei schon sehr früh klar wurde, dass man die eigene Engine über Bord werfen und auf alternative Lösungen setzen wird.

Das Hauptproblem sah man darin, dass der Browser nur für Windows 10 zur Verfügung steht, das zwar auf dem Desktop eine große Bedeutung hat, aber plattformübergreifend längst nicht mehr so relevant ist, wie in früheren Zeiten. Problematisch ist auch, dass Edge eine UWP-App ist, die nun einmal nur unter den modernen Windows-Versionen nutzbar ist. Doch das zu ändern, hätte wohl noch mehr Anstrengungen gekostet, als einen komplett neuen Browser zu entwickeln.



Es gab aber noch weitere Probleme, die dazu geführt haben, dass Microsoft sich mit Edge in einer Sackgasse sah: Die Pflege und Weiterentwicklung der eigenen Engine ist sehr aufwendig und konnte nicht mit dem Tempo mithalten, das vor allem Chromium und andere Konkurrenten vorgegeben haben. Aus unerfindlichen Gründen war die Entwicklung der Engine und des Browsers komplett voneinander getrennt und in unterschiedliche Abteilungen ausgelagert. So konnte es nicht weitergehen.

Mit der eindeutigen Vorgabe von Satya Nadella im Rücken, hatte man mehrere Prototypen entworfen, darunter auch „Blade“ und „Septagon“. Bei Blade wurde der normale Edge-Browser genommen und die eigene Engine gegen Blink ausgetauscht. Septagon hingegen war schon nah an dem dran, was wir sehr bald bekommen werden: Ein Chromium-Ableger aus dem Hause Microsoft.

Tatsächlich hat es Septagon dann bis in die Chefetage geschafft, die darüber entscheiden musste, ob man tatsächlich auf Chromium umschwenken soll. Zuvor wurde noch die Meinung von etlichen Top-Managern und sogar von Gründer und Berater Bill Gates eingeholt, die wohl auch recht begeistert sein dürften. Die Frage war nicht nur, ob man diesen Schritt gehen soll, sondern auch, wie Google darauf reagieren wird und welche Geschäftsbeziehung man mit dem direkten Konkurrenten zu erwarten hat.

Die Zusammenarbeit mit Google erwies sich dann als äußerst fruchtbar, denn anders als erwartet, begrüßten die Entwickler den neuen Partner, auch wenn dieser vielleicht zukünftig einige Marktanteile abnehmen könnte – was natürlich längst noch nicht gesagt ist. Befürchtungen, dass Google den neuen Browser boykottieren könnte, hatten sich bisher trotz anderslautender Medienberichte nicht bestätigt. Zum Zeichen des guten Willens sollen Microsoft-Entwickler sogar per Hangouts statt der eigenen Skype-Lösung kommuniziert haben, um den Austausch mit den Google-Partnern zu erleichtern.

We were a bit nervous. The fortunate thing is, as soon as we made the announcement, we got a lot of positive responses from Chromium engineers, from other Chromium browser vendors that were pretty excited to see us join this community.

Nach der Ankündigung im Dezember 2018 gab es dann so viele positive Rückmeldungen, dass dies noch einmal als letzte Bestärkung für die sowieso schon gefallene Entscheidung gesehen werden konnte. Seitdem arbeiten die Microsoft-Entwickler daran, ihren Chromium-Ableger anzupassen und auch die darunter liegende Plattform weiterzuentwickeln – wodurch am Ende natürlich auch wieder Google und die gesamte Chromium-Community profitiert. Einzig und allein Mozilla war gegen den Deal, da man neue Probleme für das Web befürchtet, wenn alles auf Chromium optimiert wird.



Ob der neue Edge-Browser auf Chromium-Basis dann auch zum gewünschten Erfolg führt, lässt sich aktuell unmöglich vorhersagen. Fest steht aber, dass die Geschichte für Microsoft damit noch lange nicht zu Ende ist. Schlussendlich hat man dann nun nämlich schon drei Browserplattformen zu pflegen, die in sehr vielen Produkten integriert sind: Den alten IE, den Edge-Browser sowie den neun Edge auf Chromium-Basis.

Vor allem die Browser-Integration im Windows-Betriebssystem ist noch ein sehr großes Fragezeichen. Unzählige Apps verwenden Browser-Komponenten, ohne dass der Nutzer es unbedingt bemerkt oder sich in einem Browser befindet. Ob auch diese auf Chromium umgestellt werden – und das überhaupt problemlos möglich ist – wird in Zukunft zu klären sein.

I think our expectation is that Google is going to compete with us. What we hope can happen is that we are engineering collaborators on web standards and a web implementation that works well on Windows devices. That seems possible, and that is in everyone’s best interest. And there’s plenty of room to compete in differentiation.

Sollte der Edge-Browser signifikante Marktanteile erreichen können, wird Google natürlich wieder auf die Holzhammer-Methode setzen und somit die aktuell noch sehr gute Partnerschaft belasten. Die große Gefahr, dass das Unternehmen auch in Zukunft einige Dienste Chrome-only (nicht Chromium-only) anbieten wird, steht immer im Raum und könnte schlussendlich auch für Microsoft wieder zu einem Problem werden. Dann hätte man zwar nichts im Vergleich zur aktuellen Situation gewonnen oder verloren, würde aber die Plattform des Konkurrenten aktiv weiterentwickeln. Ganz Risikofrei ist der Chromium Edge also nicht – aber das wird sich dann erst in den kommenden Jahren bewerten lassen.

Siehe auch
» Vor wenigen Jahren undenkbar: Microsoft setzt verstärkt auf Google-Technologien & -Plattformen

» Microsofts Chromium-Browser ist da: Der neue Edge mit Chromium-Unterbau als Canary & Dev zum Download

[The Verge]


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