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Chaos um Hangouts: Googles Planlosigkeit & Arroganz auf dem Messenger-Markt wird zur Lachnummer

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Als Suchmaschinen-Konzern sollte Google sehr genau wissen, wie man Struktur und Ordnung herstellt – doch diese Gabe wurde den Strategen des Unternehmens offenbar nicht mit auf den Weg gegeben: Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen so ganz nebenbei bekannt gegeben, dass Google Hangouts nun doch nicht eingestellt wird und damit erneut die großen Pläne über den Haufen geworfen. Google liefert hier ein Lehrstück ab, wie man erfolgreich auch noch den letzten Messenger-Kunden vergrault.


Wir haben hier im Blog schon sehr oft über Googles lustiges Messenger-Karussell geschrieben, das immer wieder neue Runden dreht und wohl niemals zur Ruhe kommen wird. Natürlich entwickeln sich Produkte und Strategien in einem dynamischen Unternehmen und einer schnelllebigen Branche weiter, aber was Google im Messenger-Bereich aufführt, lässt sich nur noch als absolute Planlosigkeit gepaart mit völliger Ignoranz beschreiben.

Googles lange Messenger-Geschichte begann mit Google Talk, dem rückblickend wohl besten Messenger, den das Unternehmen jemals hatte und wohl auch auf sehr lange Zeit haben wird. Alles was danach kam war zwar Anfangs stets vielversprechend, aber wurde immer wieder mit Vollgas gegen die Wand gefahren. Es gibt wohl keine Google-Abteilung, die so oft einen Neustart gewagt hat, wie das Messenger-Team. Und das bei einem Produkt, bei dem eine Vielzahl von Nutzern die wichtigste Grundlage für den Erfolg ist.

Die Vorgeschicht
Google Hangouts war vor einigen Jahren einigermaßen populär und erfreute sich lange Zeit großer Beliebtheit. Irgendwann kamen dann die beiden Nachfolger Google Allo und Google Duo, wovon der erste längst schon wieder in der Versenkung verschwunden ist und der zweite sich als moderne Plattform zur Videotelefonie etabliert hat. Aus diesen Gründen wurde Hangouts nicht eingestellt, sondern blieb weiterhin bestehen – was die meisten Nutzer erfreut haben dürfte.

Doch aus dem (gemeinsam) gefloppten Paket Allo und Duo hatte Google nicht gelernt. Vor einem JAhr wurde verkündet, dass das klassische Hangouts eingestellt und durch die beiden neuen Produkte Hangouts Chat und Hangouts Meet ersetzt wird. Bereits im Oktober 2019 sollte es so weit sein – also schon in wenigen Wochen.



Es wurde schon in den vergangenen Monaten verdächtig ruhig um die beiden neuen Hangouts-Produkte und nun wissen wir auch warum: Hangouts Chat und Hangouts Meet wurden offiziell auf mindestens Juni 2020 verschoben – für G Suite-Nutzer. Für Privatnutzer wurden die beiden Produkte nun gleich ganz eingestellt und Google wird wieder auf den klassischen Hangouts-Messenger setzen, von dem sich viele Nutzer nun schon verabschiedet haben.

Am klassischen Hangouts für Privatpersonen ändert sich nichts. Die private Nutzung wird weiterhin unterstützt.

Das ist auch für Google eine Premiere, dass Produkte eingestellt werden, die zwar bereits offiziell angekündigt waren, aber noch nicht gar nicht auf dem Markt gewesen sind. Vermutlich ist es die bessere Variante für alle, denn die beiden getrennten Hangouts-Apps wären schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen. Doch Google hat nun das Problem, dass man ein Produkt wiederbeleben muss, dass man eigentlich schon zwei Mal zu Grabe getragen hat.

Die Marke Hangouts ist längst zu stark beschädigt, um jemals wieder eine große Bedeutung zu haben oder die Nutzer in Scharen anzulocken. Außerdem wurden erst kürzlich Hangouts für die Smartwatch eingestellt und auch das einigermaßen prestigeträchtige Hangouts on Air schon bald verschwinden. Was bleibt also noch von Hangouts übrig? Ein Messenger, der seit Jahren nicht weiterentwickelt, sondern nur gepflegt wurde. Und damit steigt man gegen WhatsApp, Facebook und Telegram in den Ring? Die Konkurrenz lacht sich ins Fäustchen.

Googles zweigleisige Messenger-Strategie war noch nie nachvollziehbar. Während alle großen Messenger aufrüsten und immer mehr Funktionen unter einem Dach vereinen, teilt Google diese in einen Chat- und einen Videobereich. Das hat schon bei Allo nicht funktioniert und wird auch bei Hangouts Chat und Meet nicht funktionieren. Vermutlich hat man das nun endlich selbst gemerkt, zumindest lässt der Zeitpunkt der neuen Ankündigung darauf schließen. Meet und Chat dürften bald final gewesen sein und irgendwann hat man in den letzten Tests wohl gemerkt, was dort eigentlich in den vergangenen Monaten für ein Murks entwickelt wurde, der vollständig am Markt vorbeigeht.

Dass man die beiden Neuankömmlinge nun für die G Suite auf „mindestens Juni 2020“ verschiebt, zeigt sehr eindeutig, dass das Team nochmal bei Null beginnt. Notbremse und alles von vorne – und dann dauert es eben ein Jahr, bis die neue Software fertig ist. Dass alles in der Schwebe ist, ist vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass man nun wieder an EINEM Messenger arbeitet und auf die Trennung der beiden zusammengehörigen Bereiche verzichtet.



WTF Google?

Eigentlich kann man die ganze Story kaum noch begreifen, denn wir sprechen hier von einem Weltkonzern mit einer sechsstelligen Anzahl an Mitarbeitern. Dass dieser IT-Konzern in einem der wichtigsten Bereiche der Kommunikation und als Gigant hinter dem weltweit erfolgreichsten Smartphone-Betriebssystem absolut keinen Plan hat, würde einem keiner glauben – wenn man es nicht selbst mitbekommen würde. Vielleicht scheitert es einfach an Googles gigantischen Ansprüchen.

Doch die Planlosigkeit strahlt nicht nur auf die Marke Hangouts, sondern auf das ganze Unternehmen Google ab. Wer würde heute noch einen Messenger von Google verwenden und dafür die bisher verwendete Plattform verlassen? Wer würde noch Energie darin investieren, viele andere Nutzer, Freunde und Familie einzuladen und in langen Sitzungen vom neuen Messenger überzeugen? Nur um dann festzustellen, dass Google schon wieder am Nachfolger schraubt und die natürlich nicht untereinander kompatiblen Plattformen einstellt?

Wie es jetzt mit Hangouts weitergeht, weiß wohl nicht einmal Google selbst. Der alte Messenger müsste an unendlich vielen Stellen modernisiert werden, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein. Aber eigentlich fokussiert man sich ja gerade auf Google Messages, das zwar auch riesige Pläne hat, aber einfach nicht von der Stelle kommt. RCS und Joyn? Das interessiert schon heute niemanden mehr. Googles Geheimwaffe wird zur Wasserpistole und wird die Etablierten nicht treffen.

Dass nun auch der YouTube Messenger sehr schnell wieder eingestellt wird und der Hoffnungsträger Google Messages schon WhatsApp kopieren muss (siehe Verlinkungen unten), passt da nur zu gut ins Bild, ist aber schon wieder eine ganz andere Geschichte…

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