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Googles Quartalszahlen unter der Lupe: Werbung bricht ein, Cloud mit Lichtblick & Alphabet verbrennt Milliarden

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Die Google-Mutter Alphabet hat vor wenigen Tagen die Geschäftszahlen für das 4. Quartal 2022 vorgelegt und einmal mehr nicht gerade für Begeisterung bei den Aktionären gesorgt. Denn es ist das zweite wirkliche schlechte Quartal in Folge (für Google-Verhältnisse) und auch zuvor lief es immer weniger rund. Es zeigt sich, dass die Abhängigkeit vom Werbegeschäft für Google und auch den gesamten Alphabet-Konzern immer brenzliger wird. Aber es gibt auch Lichtblicke.


Die Google-Mutter Alphabet gehört zu den wertvollsten Unternehmen der Welt und konnte über viele Jahre ein zweistelliges Umsatzwachstum hinlegen, auch in Zeiten globaler Krisen – zu diesen sogar noch mehr als zuvor. Doch im 4. Quartal 2022 war das nicht mehr der Fall, denn schon seit mehreren Quartalen ist Sand im Getriebe und das Geschäft läuft nicht mehr so reibungslos wie zuvor. Der Umsatz ist um ein einziges Prozent gestiegen, nachdem man im Vorjahr noch um ganze 32 Prozent wachsen konnte. Effektiv ist der Umsatz Inflations-bereinigt eher gesunken.

Wachstum ist endlich und vielleicht hat Google das Ende der Fahnenstange vorerst erreicht. Aber auch die aktuellen globalen Krisen (Energie, Finanzen, Euro-Absturz, Kriegssorgen,…) spielen natürlich mit herein. Das alles hat dafür gesorgt, dass das Umsatzwachstum stark ausgebremst wurde und auch der Gewinn stark eingebrochen ist. Der Gewinn lag mit 18,1 Milliarden Dollar ganze 3,6 Milliarden Dollar unter dem Vorjahr. Der Rückgang ist fast vollständig auf das Werbegeschäft zurückzuführen, während die anderen Bereiche ihre Verluste zum Teil noch ausgeweitet haben.

Wir sind weit davon entfernt, Google in einer echten Krise zu sehen, doch die Zahlen des 3. und 4. Quartals sind deutliche Warnsignale und die Aussichten deuten eher darauf hin, dass es in den nächsten Quartalen so weitergehen wird. Nicht nur die Wirtschaft flaut ab, sondern auch Googles Kerngeschäft ist bedroht und man steht in einigen Bereichen vor großen Herausforderungen. Es ist zu erwarten, dass der kürzlich eingeleitete Stellenabbau von 12.000 Mitarbeitern längst nicht ausreicht.




Der Umsatz mit Werbung, seit jeher Googles Kerngeschäft und Haupteinnahmequelle, ist um ganze 2,2 Milliarden Dollar zurückgegangen, wobei alle drei ausgewiesenen Bereiche (Google-Dienste, YouTube und Werbenetzwerk) einen Rückgang hinnehmen mussten. Mit „Google other“, das sind die vielen anderen Aktivitäten von Hardware über Abos bis zum Play Store, zeigt der Umsatz hingegen in die richtige Richtung, kann den Rückgang der Werbeeinnahmen aber nicht abfedern. Hier ging es um gut 630 Millionen Dollar nach oben.

Ein starker Wachstumstreiber ist auch in diesem Quartal das Google Cloud-Geschäft, das um ganze 1,8 Milliarden Dollar zulegen konnte und somit das Gesamtergebnis rettet und das kleine Wachstum unter dem Strich erzielt. Auch bei Alphabet legt der Umsatz um 40 Millionen Dollar zu, was für Google-Verhältnisse aber kaum erwähnenswert ist. Interessant ist der Blick auf die Mitarbeiterzahl, der die von Sundar Pichai kürzlich eingeräumte völlige Fehleinschätzung zeigt und jetzt zu den 12.000 Entlassungen führt: Google hat 2022 ganze 34.000 neue Mitarbeiter eingestellt, wobei das sicherlich nicht für das Gesamtjahr, sondern maximal für die ersten drei Quartale gilt. Mit Milchmädchen-Betrachtung sind das weit über 100 neue Mitarbeiter pro Tag!

Kommen wir zu den Gewinnen, denn da sieht das Bild schon völlig anders aus. Insbesondere das Umsatz-Wachstum von Google Cloud und den Alphabet-Unternehmen ist sehr teuer erkauft: Google Cloud hat auch im 4. Quartal 2022 eine gute halbe Milliarde Dollar Verlust eingefahren, diesen aber immerhin im Vergleich zum Vorjahresquartal fast halbiert – da ist man auf einem guten Weg. Bei Alphabet hingegen fehlen mir schon seit längerer Zeit die Worte und ich habe mehrfach aus meiner komfortablen Beobachter-Perspektive das Alphabet-Konstrukt in Frage gestellt. Schneller Fakt:

Das war früher gut tragbar, doch die Alphabet-Verluste steigen von Quartal zu Quartal und da Googles Gelddruckmaschine schwächelt, wird das irgendwann prekär: Googles Werbegeschäft hat 4,8 Milliarden Dollar weniger Gewinn eingefahren als im Vorjahresquartal. Auch Sundar Pichai muss sich wohl langsam Fragen nach der Alphabet-Zukunft gefallen lassen und nimmt diesen mit einem Statement bei den Quartalszahlen den Wind aus den Segeln. Es geht bei Alphabet genauso weiter wie bisher:

We’re on an important journey to re-engineer our cost structure in a durable way and to build financially sustainable, vibrant, growing businesses across Alphabet.




Betrachten wir das gesamte Jahr, lief es für Alphabet noch sehr gut, was vor allem am starken 1. und 2. Quartal lag. Der Umsatz im Gesamtjahr 2022 lag bei 282,8 Milliarden Dollar und damit 25 Milliarden Dollar über dem Vorjahr. Das ist ein Anstieg von 10 Prozent, doch von 2020 auf 2021 konnte man noch um 43 Prozent wachsen. Der Gewinn hingegen ist im Jahresvergleich rückläufig: 2022 wurden 74,8 Milliarden Dollar Gewinn eingefahren, im Jahr zuvor noch 78,7 Milliarden Dollar. Die Marge schrumpfte von 31 Prozent auf 26 Prozent.

Die nicht näher angeführten „anderen Ausgaben“ lagen für das 4. Quartal bei gut einer Milliarde Dollar, im Gesamtjahr gar bei 3,5 Milliarden Dollar. Ich will nicht zu viel spekulieren, aber darin sind sicherlich auch die hohen Ausgaben für die Stadia-Abwicklung enthalten. Laut Googles langjähriger Finanzchefin Ruth Porat hat man im Hintergrund sehr viele Schritte unternommen, um die Kosten zu senken, wobei einiges sicherlich erst in den folgenden Quartalen greifen wird und vielleicht auch für Nutzer / Kunden bemerkbar ist.

We have significant work underway to improve all aspects of our cost structure, in support of our investments in our highest growth priorities to deliver long-term, profitable growth.

» Alphabet-Zahlen zum Nachlesen

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