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Google oder Apple: Was passiert, wenn Google alle iOS-Apps einstellt? Gedankenexperiment zur Eskalation

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Google hat seit der ersten Generation einen festen Platz auf dem iPhone, denn zumindest die Google Websuche war vom ersten Modell bis heute vorhanden, was sich Apple Jahr für Jahr besser bezahlen lässt. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass Apple auch diese letzte App schon bald aussortieren könnte. Die große Frage wird sein, wie Google darauf reagiert und wer dann am längeren Hebel sitzt.


Im Laufe der iPhone-Generationen waren die Google Websuche, Google Maps und auch YouTube auf dem Smartphone vorinstalliert, wobei sich Apple nach und nach immer unabhängiger gemacht hat. Heute ist nur noch die Websuche übrig und beschert Apple bis zu 15 Milliarden Dollar pro Jahr. Für Apple eine mehr als komfortable Situation, denn man erhält die 41 Millionen Dollar pro Tag (!) praktisch dafür, dass man nichts tut. Dennoch will man das ändern und könnte schon bald eine eigene Suchmaschine starten.

Ich hatte schon vor einigen Tagen darüber spekuliert, dass Apple eigentlich am längeren Hebel sitzt, denn Google ist ersetzbar, Apple nicht. Es gibt alternative Suchmaschinen, aber kein alternatives iPhone-Betriebssystem. Sehr kurzfristig darf man sich bei Google natürlich über die 15 Milliarden Dollar zusätzlich freuen, muss aber einen höheren Verlust an Werbeumsatz und vor allem Reichweite hinnehmen. Doch wie sollte man Apple davon überzeugen, keine eigene Suchmaschine zu entwickeln? Es gibt eigentlich nur einen Weg, dessen Ausgang völlig offen wäre.

Google könnte entweder die eigene Suchmaschine massiv in den anderen iOS-Apps promoten oder den völlig anderen Weg gehen und sich vollständig vom iPhone zurückziehen. Dadurch entstünde ein interessantes Szenario, das sicherlich beide Unternehmen aufgrund der gegenseitigen Bedeutung längst intern durchgespielt und bewertet haben. Doch wie könnte es ausgehen, wenn Google als Reaktion auf einen Suchmaschinen-Rausschmiss auch alle anderen eigenen Apps aus dem App Store nimmt?




Ein iPhone ohne Google-Apps?
Sollte sich Google zu diesem Schritt entschließen, wäre das für praktisch alle iPhone-Nutzer ein endgültiger Abschied, denn Sideloading ist auf den Apple-Smartphones bekanntlich nicht vorgesehen. In den ersten Wochen und Monaten wäre es für Google ein gewaltiger Reichweitenverlust, der mit hohen Umsatzeinbußen verbunden ist – aber was ist danach? Werden iPhone-Nutzer sich alternative Apps und Plattformen suchen oder werden sie zu Android wechseln? So wie Apple die meisten eigenen Apps nur auf dem iPhone anbietet, könnte Google mit Android / Pixel ähnlich verfahren.

Es wäre ein enormes Risiko, aber ich halte es für vorstellbar, dass ein solcher Schritt eine wahre Massenwanderung zu Android auslösen könnte. Denn welche Bedeutung die Google-Apps haben, musste vor einigen Jahren Huawei sehr schmerzlich erfahren. Und das mit Geräten, auf denen sich die Google-Apps mit einer halben Stunde Arbeit (eher noch weniger) nachträglich installieren lassen. Wie sieht es dann mit Geräten aus, auf denen sie sich gar nicht mehr installieren lassen? Apple-Nutzer wird zwar eine gewisse Loyalität nachgesagt, aber was bringt der Apfel auf der Smartphone-Rückseite, wenn die wichtigen Apps nicht vorhanden sind?

Huawei ging im globalen Smartphone-Business wegen fehlender Google-Apps unter, Microsoft konnte unter anderem wegen fehlender Google-Apps nicht mit Windows Phone Fuß fassen. Warum sollte also Apple einen solchen Schritt ohne Einbußen überstehen? Das ist kaum vorstellbar, denn auch wenn Apple die stärkere Marke ist, geht es schlussendlich um die Smartphone-Nutzung. Auch Apple-Nutzer lieben YouTube, auch Apple-Nutzer verwenden nicht selten Google Maps und auch Apple-Nutzer googeln – und das nicht zu knapp.

Natürlich gibt es zu allen Google-Apps Alternativen, zum Teil mögen sie sogar besser sein. Aber Google punktet mit plattformübergreifender Nutzung auf allen Geräten, was viele Anwendungen nicht bieten können. Apps lassen sich nachbauen, Plattformen nicht. Und so könnte Google alle Apps vom iPhone zurückziehen und massiv den Wechsel vom iPhone zu Android, am besten natürlich den Pixel-Smartphones, bewerben. Dem hätte Apple kaum etwas entgegenzusetzen.




Natürlich ist dieser Artikel sehr spekulativ und von meiner eigenen Beobachtung geprägt, die ich möglichst neutral halten will. Einige Puzzle-Teile der letzten Wochen brachten mich auf diesen Gedanken, der bei genauer Betrachtung gar nicht mehr so abwegig ist. Denn wenn Apple die Google-Suche vom iPhone schmeißt, was früher oder später als recht wahrscheinlich gilt, wird Google nicht nur mit den Schultern zucken, sondern muss zum Gegenangriff übergehen.

Dass Google gleichzeitig das Apple-Ökosystem nachbaut und die Marke „Pixel“ als Alternative zum iPhone und den weiteren Apple-Produkten in Stellung bringt, ist kein Zufall. Beide Seiten müssen nicht gleich in den Krieg gegeneinander ziehen, aber sie arbeiten daran, weniger voneinander abhängig zu sein. Wie ich bereits in einem anderen Artikel schrieb, würde Apple das Aus des Suchmaschinen-Deals besser verkraften als Google. Und wenn Google auch nur der Funken einer Risikobewertung in den Strategie-Abteilungen herrscht, wird man das sehr genau wissen und Antworten darauf parat haben müssen.

Das damalige Huawei-Szenario hat gezeigt, wie die Machtverhältnisse verteilt sind. Vor allem, weil Huawei noch vor wenigen Jahren selbst eine starke Marke war, die gerade den Sprung an die Weltspitze wagen wollte. Apple ist ungleich stärker und die iPhone-Nutzer mögen einiges verzeihen, aber irgendwo ist eine Grenze. Und diese Grenze könnten die Google-Apps sein… oder nicht?


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