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EU-Leistungsschutzrecht: Entwurf ist final; Google News, YouTube & viele weitere Plattformen sind betroffen

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Schon seit vielen Monaten brütet das EU-Parlament über der Einführung eines EU-weiten Leistungsschutzrechts, das einige Abgeordnete gegen den Willen vieler Gegenstimmen einführen möchten. Gestern Abend hat dieses Leistungsschutzrecht eine wichtige Hürde genommen und wurde von den Unterhändlern als Entwurf beschlossen. Sollte es nun tatsächlich beschlossen werden – und danach sieht es aus – wäre es wohl nicht nur das Ende von Google News, sondern auch von YouTube in der aktuellen Form und sehr vielen weiteren Internetplattformen.


Bereits vor weit über vier Jahren, nämlich im März 2013, wurde das Leistungsschutzrecht in Deutschland eingeführt – aber wirklich geändert hat sich seitdem nichts, zumindest nicht für die Beteiligten Parteien. Und weil es in Deutschland und einigen anderen Ländern schon nicht funktioniert, hat sich die EU-Kommission einfach mal gedacht, dass man das Gesetz gleich europaweit einführen könnte. Wie eine unter Verschluss gehaltene Studie aber gezeigt hat, ist das Leistungsschutzrecht sogar kontraproduktiv.

Unterhändler des EU-Parlaments und der EU-Staaten haben sich nun auf einen Entwurf für das Leistungsschutzrecht geeinigt, der nun noch vom Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden muss. Anschließend haben die Länder 24 Monate Zeit, um diesen Entwurf in geltendes Recht umzuwandeln – es wird also EU-weit keine vollständig einheitliche Richtlinie geben. Dennoch darf an den Grundpfeilern des Leistungsschutzrechts nicht gerüttelt werden.

Google hat sich schon vor Jahren gegen das LSR ausgesprochen und nach dem Beschluss in Deutschland einfach alle Verlage von der eigenen Plattform geworfen, die Google keine Freilizenz geboten haben. Das hat zu sehr massiven Traffic-Einbrüchen geführt und schon nach wenigen Wochen dafür gesorgt, dass ALLE Verlage auf das Leistungsschutzrecht verzichtet haben, um wieder in Google News zu erscheinen. Doch eine solche Ausnahmeregelung war im ersten Entwurf explizit verboten, im aktuellen ist es das nicht. Kann sich aber evtl. noch ändern.

Google hat bereits angekündigt, Google News einzustellen, da man aus nachvollziehbaren Gründen nicht dazu bereit ist, Geld an die Verlage zu zahlen. Da Google ein kostenloser Traffic-Lieferant ist und selbst direkt kein Geld über Google News verdient, wäre eher eine Zahlung in die andere Richtung angebracht.



Dass das EU-Parlament das Internet nicht versteht, zeigt sich aber auch an einer Ausnahmeregelung, mit der man eigentlich besänftigen wollte: Suchmaschinen dürfen nun Hyerlinks setzen und kurze Auszüge veröffentlichen, ABER sie dürfen keinen ganzen Satz verwende und auch nicht die Überschrift wiedergeben. Die Nutzer sollen also anhand von Satzfragmenten erkennen können, worum es in einem Artikel geht. Na Herzlichen Glückwunsch.

Google hatte vor einigen Wochen einen Test durchgeführt und gezeigt, wie der News-Bereich mit dem LSR aussehen würde. Ich denke der obige Screenshot bedarf keiner weiteren Worte. Vor wenigen Tagen wurde das Experiment dann auch ausgewertet und wenig überraschend musste Google feststellen, dass der Traffic um 45 Prozent eingebrochen ist. Wie sich die EU-Abgeordneten das wohl erklären wollen.

Gedanklich dürfen wir uns also schon von Google News verabschieden, denn in dieser Form ist das Produkt absolut sinnlos. Aber Geld wird Google auch nicht zahlen, das betont man seit Jahren. Was das für die vielen kleinen Publikationen – so wie GoogleWatchBlog – bedeutet, bleibt abzuwarten. News als Traffic-Lieferant zu verlieren tut vor allem den Kleinen weh, aber auch die Großen werden es zu spüren bekommen. Wie sich das weiterentwickelt, ist kaum absehbar.



Aber das Leistungsschutzrecht wird auch zu Uploadfiltern führen, mit denen alle Plattformbetreiber dafür sorgen müssen, eine Lizenz für die veröffentlichten Inhalte einzuholen. Das wird selbst für die Webgiganten wie YouTube oder Instagram und Facebook unmöglich sein, sodass die Veröffentlichung von Inhalten jeglicher Art zuvor geprüft und zensiert werden muss. Natürlich ist das auch das Ende aller Kommentarspalten und Diskussionsforen im EU-Internet. Kein Betreiber wird so lebensmüde sein, dafür zu haften.

Die Parlamentarier haben aber auch hier eine nette Erleichterung eingebaut, die wieder mal keine ist. Plattformen, die jünger als drei Jahre alt sind, einen Jahresumsatz von weniger als zehn Millionen Euro und unter fünf Millionen Nutzer im Monat haben, sollen von Artikel 13 ausgenommen werden. Sprich: Alles was älter als drei Jahre ist, ist mit drin. Das trifft dann aber wohl auf jede größere Community zu und auch GoogleWatchBlog (ich nehme uns mal als Beispiel) ist schon 14 Jahre alt und muss dann dafür Sorge tragen, dass kein geschütztes Textmaterial in den Kommentaren veröffentlicht wird. Das Ende der Kommentarfunktion und aller Communitys.

Noch ist das Ganze nicht beschlossen, aber auch die vielen Online-Petitionen und Aufrufe werden wohl kaum dafür sorgen, dass das noch einmal gekippt wird. Das gesamte europäische Internet wird dann wohl auch sehr genau beobachten, wie Google, Facebook und andere Giganten darauf reagieren und dann vermutlich ähnliche Schlüsse ziehen. EU-Europäer werden sich wohl darauf einstellen müssen, sehr viele Dienste und Freiheiten zu verlieren. RIP Internet.

» EU-Leistungsschutzrecht: Googles extrem zensierte Websuche hat zu einem starken Traffic-Einbruch geführt

[Spiegel Online]


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