Android ohne Google: Huawei sucht nach vielen Alternativen – ist Google tatsächlich unersetzbar?

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Die Beziehungen zwischen den USA und China sind zwar derzeit nicht mehr auf dem Siedepunkt, aber am US-Boykott gegen Huawei hat sich bisher nichts geändert – viel mehr sieht es aktuell danach aus, dass sich die Situation weiter verschärfen wird. Huawei arbeitet nun verstärkt an der Unabhängigkeit von US-Unternehmen und hat dabei schon sehr große Schritte getan. Doch beim Google-Ersatz tut man sich sehr schwer und dürfte auch in den kommenden Jahren keine perfekte Antwort darauf finden.


Eigentlich klingt die Geschichte bis heute wie ein Wirtschaftskrimi: Ein Smartphone-Hersteller ist auf dem Weg an die Weltspitze und wird kurz vor dem großen Ziel von einer fremden Regierung vollkommen aus der Bahn geworfen. Weil sich diese Geschichte über einen sehr viel längeren Zeitraum erstreckt als alle Beteiligten und Beobachter gedacht hätten, ist mittlerweile jeder in Zugzwang – aber niemand macht den ersten Schritt. Und diese Situation dürfte in den kommenden Wochen noch weiter eskalieren.

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Nach den ersten Gerüchten Anfang 2019 hielten es viele Beobachter für ausgeschlossen, dass Google Huawei die Android-Lizenz entzieht. Selbst nach dem angekündigten US-Boykott hätte kaum jemand diese Eskalation für möglich gehalten – aber Google waren als US-Unternehmen die Hände gebunden, sodass man nicht anders handeln konnte. Nach dem Entzug wiederum hätten nur die wenigsten damit gerechnet, dass das eine längere Geschichte wird. Nun ja, jetzt haben wir Ende Januar 2020 und die Situation steht eher vor einer weiteren Eskalation als vor der endgültigen Lösung.

Huawei wird wohl noch sehr lange Zeit unter dem US-Boykott stehen, der schon jetzt viele irreversible Schäden für beide Seiten angerichtet hat. Das Unternehmen zeigt sich allerdings von Anfang an unbeeindruckt – sehr zum Ärger der US-Regierung. Doch während Huawei viele Hardware-Komponenten in den zahlreichen Geräten von den Smartphones bis zu den Laptops sehr schnell ersetzen konnte, sieht das in puncto Software ganz anders aus.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Huawei in Zukunft mit TomTom zusammenarbeitet und Google Maps mit den Kartendiensten des niederländischen Unternehmens ersetzen möchte. Das kann aber nur ein kleiner Schritt sein und nicht über das eigentliche Problem des Unternehmens hinwegtrügen.



Huawei arbeitet schon seit längerer Zeit am eigenen Betriebssystem Harmony OS, das nicht nur auf Smartphones, sondern auch vielen anderen Geräten zum Einsatz kommen soll. Um größtmögliche Kompatibilität zu gewährleisten, soll Harmony OS auch Android-Apps ausführen können, sodass den Smartphones die große App-Welt offenstehen soll. Zumindest für Smartphones ist das allerdings unnötig, denn Huawei kann Android bekanntlich nach wie vor frei verwenden. Huawei benötigt keine Android-Alternative, sondern eine Google-Alternative.

Android muss von Huawei nicht ersetzt werden, sondern die zahlreichen Google-Apps – allen voran natürlich der Play Store mit dem Zugang zur großen weiten App-Welt. Der Play Store soll wohl durch Aptoide ersetzt werden, allerdings bringt auch das nicht die populären Apps von Google und Facebook auf die Smartphones. Problematisch ist es, dass viele Apps auf die APIs und Hilfsmittel der Google Play Services angewiesen sind – und ohne Play Store stehen diese nicht zur Verfügung.

Huawei kann einige Google-Apps nicht ersetzen
Nicht nur der Play Store und die Play Services sind ein großes Problem, sondern auch eine Reihe von Google-Apps sind kaum durch Konkurrenzprodukte oder Eigenentwicklungen ersetzbar. Dazu zählen häufig genutzte und von den Nutzern erwartete Apps wie Google Maps oder der Google Assistant, aber auch auf Google Fotos dürften viele Nutzer nicht mehr verzichten wollen. Einige weitere Apps sind für viele Nutzer vermutlich verzichtbar und können problemlos ersetzt werden – aber auch dann ist es nicht so leicht, geeignete Partner zu finden.

Google Maps könnte neben dem Play Store und den Play Services tatsächlich der größte Knackpunkt sein, denn Googles Kartenplattform ist zu einer solch großen Macht und umfangreichen Plattform geworden, dass selbst die zahlungskräftige Konkurrenz kein Licht sehen kann. Mit TomTom hat man eine gute Alternative gefunden, die das Kartenproblem erst einmal löst. Alles was mit dranhängt – von der starken Routenplanung mit zahlreichen Verkehrsmitteln über die Navigation und Live-Daten bis hin zu Streetview und den Bewertungen – ist hingegen nicht so schnell ersetzbar. Das sind Dinge, die über viele Jahre entwickelt und aufgebaut werden müssen. Ob ein Smartphone-Hersteller dafür genügend Ressourcen hat, wird sich langfristig zeigen.

PWAs als Lösung?
Tatsächlich könnte Huawei von einer Entwicklung profitieren, die Google selbst vorantreibt: Die Progressive Web Apps. Viele Google-Apps stehen mittlerweile als solche Apps zur Verfügung, sind vollständig im Browser nutzbar und sind somit auf kein Ökosystem, keinen Play Store und keine Play Services angewiesen. Wenn Google in naher Zukunft große Sprünge macht und die technischen Möglichkeiten der PWAs ausreizt, können sie zu einer echten und akzeptablen Alternative werden.



Huawei profitiert vom starken Heimatmarkt
Das gesamte Unternehmen kämpft vor allem aufgrund der 5G-Streitigkeiten mit riesigen Problemen die nach Aussagen des CEOs sogar existenzbedrohend werden können. Rein auf die Smartphone-Sparte bezogen hingegen ist Google Huaweis einziges großes Problem, das global betrachtet dann aber vielleicht doch gar nicht so schlimm ist. Google ist vor allem auf US-Markt und dem europäischen Markt extrem stark und eine große Macht. Auf dem US-Markt spielte Huawei aber nie eine Rolle und abseits von Westeuropa ist Googles Dominanz längst nicht so groß.

Dazu kommt der starke Heimatmarkt, denn in China braucht niemand die Google-Dienste. Auch in anderen asiatischen Ländern wie z.B. Indien haben sich ganz eigene Ökosysteme gebildet, die Huawei auch weiterhin offenstehen. Allein China und Indien decken schon den halben Weltmarkt ab, sodass das Google-Problem für Huawei gar nicht so groß ist, wie wir als Europäer glauben wollen. Das Unternehmen wird es hart treffen, kann es aber dennoch ohne Existenzbedrohung einstecken. Rein statistisch gesehen könnte man sogar trotz des Europa-Verlusts zum größten Smartphone-Hersteller der Welt aufsteigen. An diesem Ziel hält das Unternehmen nach eigenen Aussagen auch weiterhin fest.

Halten wir also fest, dass Huawei Google kaum ersetzen kann – es vielleicht aber auch gar nicht muss. Aktuell stehen die Zeichen sehr stark darauf, dass es nie wieder ein Huawei-Smartphone mit Google-Diensten geben wird und je länger der Boykott andauert, desto wahrscheinlicher wird meine ganz eigene Prognose. Für viele europäische Nutzer wird Huawei dann natürlich uninteressant, aber aus Nutzersicht gibt es genügend Alternativen und auch Huawei-Fans werden sich vielleicht bei Xiaomi, OnePlus & Co. umsehen und interessante Smartphone-Linien finden.

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comment 2 Kommentare zum Thema "Android ohne Google: Huawei sucht nach vielen Alternativen – ist Google tatsächlich unersetzbar?"

  • Geschichte läuft in Kreisen. Bei Symbian Smartphones musste man sich von überall her seine Anwendungen zusammenklauben, weil der Nokia Store nix taugte.
    Dann warfen sich alle auf Android und IOS, gerade *wegen* des zentralen und gut gefüllten Stores vom OS Anbieter. Nun läuft die Sache wieder zu alten Zeiten zurück. Da kann man sein Nokia N8 doch glatt wieder auspacken. Oder noch neu kaufen. Wenn es das jetzt gäbe, aufgefrischtes Symbian, mit einem 5,5 Zoll Display, viel mehr Festspeicher und nem zeitgemäßen Prozessor, 3,2,1,meins!
    Vielleicht laufen meine alten gekauften Anwendungen samt Registrierung dort noch, die ich selbstverständlich offline gesichert habe.

    Huawei rennt da für meinen eigenen Bedarf einfach in eine Sackgasse. Klar sind die Möglichkeiten im Moment schlecht, aber es sollte nicht so laufen: Noch verschlosseneres System als andere Hersteller, ich hab mit allen meinen Huaweis der letzten Jahre massive Probleme mit Sync und Benachrichtigungen, weil entsprechende Einstellungen im Energiemanagement von der Huawei- oder Androidsoftware einfach ignoriert werden – und man wird regelmäßig als ahnungsloser Dummbatz behandelt. Chinastyle und Fangirlz, eben.

  • Ich werde bei Huawei bleiben und Google verlassen.die USA braucht kein Mensch mehr.die spionieren nur und sind unzuverlässig soll Google doch die USA verlassen.wenn sie weiter interessiert sind an Europa. sonst ist der Laden Out.

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