Rückzug mit Folgen: Versenkt Google mit dem Stopp aller Projekte den Tablet-Markt endgültig? (Ohne Apple)

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Der Tablet-Markt steht seit langer Zeit unter immer größeren Druck, denn die Verkaufszahlen sinken rapide und haben nun schon fast ununterbrochen vier Jahre in Folge einen Rückgang gezeigt. Googles Ankündigung, vollständig aus dem Tablet-Markt auszusteigen, dürfte nicht unbedingt dazu beitragen, dass sich das in Zukunft bessert. Viel mehr kann die Ankündigung als erster Sargnagel für die Geräteklasse gesehen werden, in der eigentlich nur Apple echten Erfolg haben konnte.


Gerade als viele Menschen vom Computer auf den Laptop umgestiegen sind und somit erstmals auch mobil die digitale Welt komfortabel nutzen konnten, begann vor gut 12 Jahren der große Smartphone-Boom. Schnell wurde aber klar, dass zwischen den Smartphones und Tablets noch eine weitere Gerätekategorie passt, die dann auch sehr schnell sprichwörtlich aus dem Boden gestampft wurde. Die Tablets waren geboren, hatten es aber zumindest im Android-Lager niemals leicht.

pixel slate

Google hat angekündigt, alle Tablet-Projekte zu stoppen und keine Tablets mehr auf den Markt zu bringen. Zwar hatte das Unternehmen im Laufe der Jahre einige populäre Geräte im Sortiment, wie etwa das Nexus 7 oder das Pixel C, doch eine bedeutende oder gar tragende Rolle hatte Google nie – sodass die Ankündigung eigentlich leicht unter den Tisch fallen könnte. Tatsächlich schlug es aber sehr hohe Wellen – und das hat einen gewichtigen Grund. Denn Google ist eben nicht nur ein Tablet-Hersteller unter vielen, sondern hat für die Branche eine sehr große Bedeutung.

Google hat nicht nur die Geräte produzieren lassen, sondern ist bekanntlich auch Entwickler des einzigen relevanten Tablet-Betriebssystems neben Apples für andere Hersteller nicht verfügbarem iOS. Das ist eine Doppelrolle, die bei den Herstellern noch nie gut angekommen ist, aber nun mit dem Aus dieser Situation auch keine positiven Signale sendet. Schnell war die Rede davon, dass es zukünftig keine Tablets mit Android bzw. Chrome OS mehr geben wird und der Markt praktisch vollständig an Apple überlassen wird.

Rick Osterloh, seines Zeichens Hardware-Chef bei Google, beeilte sich natürlich, die Situation klarzustellen und zu betonen, dass man auch weiterhin mit den vielen großartigen Partnern zusammenarbeiten wird, aber wirklich beruhigen kann das die Branche nicht. Denn es zeigt, dass die Prioritäten verschoben wurde.



Bei Google werden Plattformen und Technologien vor allem dann vorangetrieben, wenn das Unternehmen selbst einen direkten Vorteil davon hat. Das zeigt sich immer wieder bei offenen Plattformen wie Android, Chrome oder auch Google Assistant oder Google Cast. Wenn das Unternehmen nun selbst den Tablet-Markt nicht mehr für relevant genug hält, um selbst Geräte auf den Markt zu bringen, dann sind zukünftig auch keine großen Sprünge in Chrome OS und/oder Android zu erwarten, die die Tablets voranbringen könnten.

Wie sich ein Markt entwickelt, wenn Google selbst keine Hardware anbietet, lässt sich sehr gut bei den Smartwatches sehen. Sicherlich bekommt Wear OS regelmäßig neue Funktionen spendiert, wie jüngst die Tiles, aber das sind nur kleine Schritte ohne große Bedeutung für die Marktanteile oder gar die Verkaufszahlen. Wie es aussieht, wenn sich Googles Entwickler wirklich reinhängen, kann man z.B. bei den Smartphone-Kameras sehen, die von den Pixel-Smartphones ordentlich gepusht wurden und auch ohne große Hardware-Schlacht deutlich bessere Ergebnisse erzielen konnten.

Schon jetzt müssen die größeren Tablet-Hersteller viele Anpassungen an den Betriebssystemen vornehmen, um sie für den Einsatz auf den mobilen Geräten mit den großen Displays zu optimieren bzw. neue Funktionen zu implementieren. Das wird in Zukunft nun nicht besser, sondern eher noch schlechter. Dass Google den Wechsel von Android zu Chrome OS eingeläutet hat und nun selbst den Markt verlässt, dürften die Hersteller dem Unternehmen vielleicht auch Übel nehmen.

Apple macht jetzt mächtig Druck
Googles Ausstieg kommt zu einer Unzeit, denn gerade erst hat Apple angekündigt, iOS in eine Smartphone- und eine Tablet-Version aufzuspalten und sich somit noch besser auf die Weiterentwicklung des Tablet-Betriebssystems stützen zu können. Hier dürften einige Innovationen auf der Roadmap stehen, denen Google höchstens ein Jahr später ein „Me Too“ entgegensetzen kann, aber Apples Software-Entwickler nicht ins Schwitzen bringen wird.

Welche Überlegungen hinter diesem Aus stehen, lässt sich schwer nachvollziehen, vor allem wenn man bedenkt, wie Tablets gerade dabei sind, sich zu einer ganz anderen Geräteklasse zu transformieren, die für Google sehr wohl eine große Bedeutung hat. Tablets sind mittlerweile mehr mit Laptops als mit Smartphones verwandt und stellen gemeinsam mit dieser Geräteklasse die Hybriden bzw. Convertibles.



Tablets sind tot, lange leben die Hybriden
Und so passt auch Googles Ankündigung irgendwie nicht ins Bild, zwar den Tablet-Markt zu verlassen, aber dafür verstärkt auf Laptops zu setzen. Das letzte eigene Beispiel, das hierzulande niemals in den Handel kam, Pixel Slate, lässt sich, so wie viele andere Geräte der Konkurrenz auch, in keine der beiden Gruppen vollständig einordnen. Der einzige Unterschied scheint es zu sein, ob man eine Tastatur abnehmen oder anklippen kann.

Schlussendlich dürfte sich vor allem Apple freuen, denn diese Entwicklung dürfte die Position des iPad-Produzenten ordentlich stärken. Da Google niemals wirklich den Fokus auf Tablets hatte, sind die Marktanteile des iPad in dieser Kategorie mehr als doppelt so hoch als die des iPhones bei den Smartphones. Googles einziger echt Anlauf auf den Tablet-Markt, Android Honeycomb, ist zurecht sehr schnell in der Versenkung verschwinden und danach gab es nur noch eine gestreckte Smartphone-Oberfläche.

Nun darf man gespannt sein, wie Apple das iPad bzw. die iOS-Oberfläche für Tablets umbauen wird. Microsoft ist mit einem plattformübergreifenden Betriebssystem gescheitert, Googles Annäherungen zwischen Android und Chrome OS sind schon wieder Geschichte und könnte als erstes der drei Unternehmen den vermeintlich richtigen Weg gehen und die Tablets nicht nur als Zusatz, sondern als echte eigene Gerätekategorie sehen.

Siehe auch
» Google stoppt alle Tablet-Projekte: Hardware-Chef Rick Osterloh konkretisiert das Tablet-Aus

» Das fremde Smart Home: Google Nest-Nutzer konnte auf die Bilder einer fremden Nest Cam zugreifen

» YouTube in großen Nöten: Ist die Abspaltung von Kids, Music, Gaming und YouTuber die einzige Lösung?




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comment 2 Kommentare zum Thema "Rückzug mit Folgen: Versenkt Google mit dem Stopp aller Projekte den Tablet-Markt endgültig? (Ohne Apple)"

  • Schade eigentlich. Das Nexus 7 2013 war eines der besten Geräte seinerzeit. Google hätte einfach bei den billigen Geräten bleiben sollen. Nexus 4/5 waren ja definitiv Erfolge. Und nun mit dem 3a sieht man, das die Leute günstige Geräte wollen. Aber für Google ist das wohl zu wenig Profit. Ich bin froh ein iPad Pro zu nutzen. Gerade mit dem iPados ein super mobiler Begleiter. Schon jetzt nehme ich kein Notebook mehr mit. Samsung Tablets existieren zwar noch, werden aber nie das Niveau eines iPads erreichen.
    Der Markt ist schon ziemlich einseitig geworden und obwohl alle meckern, ist Apple ganz vorne.
    Smartwatch: Apple Watch
    Tablets: iPad
    Kabellose Kopfhörer: AirPods
    Smartphone: Samsung/IPhone
    Will nun aber jemand die beste smartwatch und das beste Tablet und die besten Kopfhörer, dann wird er natürlich das iPhone nehmen. Allgemein werden android smartphones im hochpreisigen Segment überflüssig. Das merkt auch Samsung. Bis 500€ und damit für 70% der Weltbevölkerung geeignet, sind android smartphones. Darüber beherrscht Apple den Markt mit 49% Marktanteil. Samsung ist da nur bei 25%. Das sagt doch schon alles. Das Pixel 4 wird doch genauso untergehen auf dem Markt wie das Pixel 3.

  • „.. dass zwischen den Smartphones und Tablets noch eine weitere Gerätekategorie passt, ..“ – Aha.

    Ganz offenbar will sich Googles Kundschaft nicht Handy und Tablet leisten.

    Ich habe ein iPhone SE und ein iPad Air 2 und verwende mein Handy nur notfalls und ansonsten mit anhaltend großer Freude mein iPad.

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