Deutsche Fernsehforschung: YouTube ist keine große Konkurrenz für das deutsche TV-Programm

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YouTube und andere Videoplattformen sind seit vielen Jahren nicht mehr wegzudenken und ein fester Bestandteil des Alltags vieler Nutzer – so wie (früher) das Fernsehen. Schon seit dem Aufstieg der Videoplattform vor über zehn Jahren wurde darüber diskutiert, ob sie dem linearen Fernsehen das Wasser abgräbt. Jetzt gibt es endlich eine erste offizielle Antwort in Form von Statistiken darauf – und die ist durchaus überraschend.


Viele Fernsehsender sahen YouTube in der Mitte der 00er-Jahre als zunehmende Bedrohung für ihr Geschäftsmodell und hatten die sicherlich berechtigte Sorge, dass die Zuschauer zu Googles Videoplattform abwandern – die damals aber bei weitem noch nicht so professionalisiert war wie heute. Mittlerweile weiß man, dass weniger YouTube die Konkurrenz ist, sondern viel mehr Netflix, Amazon Prime und ähnliche Angebote. Dennoch wird YouTube nun bald bei Reichweitenmessungen mit auftauchen.

youtube tv

Gerade einmal vier Jahre hat es gedauert, bis die AGF (Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung) erste Statistiken zum Vergleich zwischen dem Fernsehen, den Mediatheken und YouTube veröffentlichen konnte. Die jetzt veröffentlichten Daten wurden mit größer Sorgfalt zusammengestellt und aufwendig analysiert, sodass schon Anfang März die Zahlen für Oktober 2018 veröffentlicht werden können. Laut AGF ist das ein „beachtlicher Meilenstein“ in der Geschichte des Unternehmens. Wer Ironie findet, darf sie behalten.

Die Ergebnisse der Fernsehforschung zeigen, dass YouTube im Leben der Nutzer eine recht große Rolle spielt, aber dem Fernsehen noch längst nicht das Wasser abgegraben hat. Laut der ersten Studie verbringen die Nutzer durchschnittlich 33 Minuten pro Tag auf YouTube. Dem stehen aber 232 Minuten Fernsehen pro Tag gegenüber. Düster sieht es für die vielen Mediatheken der TV-Sender aus, denn diese werden nur 2 Minuten pro Tag verwendet. Meiner Meinung ist das aber im Schnitt durch die Masse doch schon ein recht guter Wert.

Die mehr als halbe Stunde YouTube am Tag ist aber nicht komplett vom TV abgeknabbert, denn genau genommen finden sich auch auf Googles Videoplattform viele Inhalte aus den Mutterkonzernen von Pro7 und RTL. Ganze drei Minuten pro Tag werden auf YouTube also zumindest theoretisch weiterhin von den TV-Sendern gefüllt.



Weitere Daten zeigen, dass das Streaming von Inhalten vor allem auf dem Smartphone stattfindet: 60 Prozent der Inhalte werden auf dem kleinen Display konsumiert, während nur 40 Prozent ein großes Bild bevorzugen. Das dürfte wohl vor allem daran liegen, dass viele Menschen die Videos unterwegs ansehen. So lange sie sich aber weiterhin am Abend vor den Fernseher setzen und dort vier Stunden Programm pro Tag genießen, dürfte das für die TV-Sender kein Problem sein.

Natürlich kann man hinterfragen, warum man das klassische lineare TV-Programm mit YouTube vergleichen muss. Die echte Konkurrenz sitzt, wie bereits erwähnt, ganz woanders und trägt die Namen Netflix und Amazon Prime. YouTube hingegen ist eher eine Ergänzung und kann schon allein durch die Struktur des Angebots kein klassisches Fernsehen ersetzen – und hat das wohl auch niemals vorgehabt. Das zeigt sich in den USA, wo YouTube mittlerweile ein eigenes Netzwerk betreibt und das klassische Fernsehen an die zahlenden Kunden ausliefert.

Für die Statistiken hat die AGF mit YouTube zusammengearbeitet und die entsprechenden statistischen Daten von Googles Videoplattform erhalten. Warum es dennoch so lange gedauert hat, lässt sich wohl nur damit erklären, dass die AGF im Besitz der großen deutschen TV-Sender ist und diese Gesellschafter wohl wenig Interesse an den Daten haben.

[DWDL]




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comment 3 Kommentare zum Thema "Deutsche Fernsehforschung: YouTube ist keine große Konkurrenz für das deutsche TV-Programm"

  • Mhh, in der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung sind laut Wiki nur TV Sender und Bezahl-Streaming Anbieter, aber kein Videoportal. Da ist es zumindest fragwürdig, wenn die zu dem Ergebnis kommen, dass letztere keine Konkurrenz für Abbonenten- / Zuschauer-Zahlen sind.

    • Deswegen hat es wohl auch vier Jahre gedauert, bis das Ergebnis gepasst hat 😉
      Aber sie arbeiten immerhin mit YouTube zusammen.

  • 232 Minuten Fernsehen pro Tag? Das bezweifle ich. Noch nicht mal meine Mutter, die sich jeden Müll ansieht, hält es so lange aus. Sie ist mit ihren 73 Jahren mehr auf Youtube unterwegs, als auf der Glotze. Ich selbst schaue mindestens schon seit 10 Jahren kein lineares Fernsehen. Nachdem ausgestrahlte Inhalte auch nicht mehr beliebig lange in den Mediatheken aufbewahrt werden dürfen, ist auch dieses Medium völlig uninteressant geworden. Gewinner sind deshalb bei mir eindeutig Youtube und Ondemandanbieter. Ich hätte eh keine Lust, meine Zeit mit Müll aus der Glotze zu vergeuden. Das ich dafür auch noch zahlen muss, ist schon schlimm genug. Ich will genau dann das sehen, was ich will. Also ich glaube kein Wort aus der Statistik. Diese Arbeitsgemeinschaft besteht doch selbst aus den Gesellschaftern der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten der ARD und des ZDF, etc.. Die werden doch nie im Leben selbst zugeben, dass Ihre Daseinsberechtigung am Aussterben ist. Das ist keine unabhängige Statistik. Für diese „Erkenntnis“ haben sie 4 Jahre gebraucht und hab ich 4 Jahre bezahlt. Schnallt das überhaupt jemand, dass das totale verarsche ist. Weg damit.

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