Collaboratory: Brauchen wir ein „Grundrecht Internetfreiheit“?

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Brauchen wir ein „Grundrecht Internetfreiheit“? Mit dieser Frage beschäftigt sich die erste Ausgabe der neuen Discussion Paper Serie MIND (Multistakeholder Internet Dialog) des „Internet & Gesellschaft Co:llaboratory“. Information und Kommunikation unterliegen im digitalen Zeitalter einem fundamentalen Wandel.

Dabei übernimmt das Internet – über die Vermittlungsfunktion der klassischen Massenmedien hinaus – immer stärker die Rolle eines Forums für öffentliche Diskussion und gesamtgesellschaftliche Meinungsbildung. Zudem werden die Inhalte von Presse, Rundfunk und Fernsehen mehr und mehr über das Internet verbreitet. Im dafür relevanten Absatz des Grundgesetzes findet diese wachsende Bedeutung des Internets jedoch keinen Niederschlag:

„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (Artikel 5, Absatz 1, Grundgesetz)

Für eine Neuinterpretation des zweiten Satzes von Artikel 5 machen sich im MIND-Paper Bernd Holznagel und Pascal Schumacher von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster stark. Von der „starren Klassifizierung“ in Presse, Rundfunk und Film sei „Abstand zu nehmen“. Stattdessen sei der Satz als „allgemeine Medienfreiheit zu interpretieren, die neben Rundfunk und Presse auch die ‘Freiheit der Internetdienste’ gewährleistet“. Durch diese Ausdifferenzierung würde die Verfassung den „Besonderheiten einer Many-to-Many-Kommunikation im Internet“ Rechnung tragen.

Der Vorschlag der beiden Juristen wird in der Replik des Papiers von verschiedenen Seiten analysiert und kritisch kommentiert. Weitere Autoren sind:

  • Angela Kolb (SPD), Justizministerin Sachsen-Anhalt
  • Thomas Jarzombek (CDU), MdB, Mitglied der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages
  • Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft
  • Sandra Hoferichter, Vorstandsmitglied & Projektmanager Medienstadt Leipzig
  • Wolfgang Benedek, Direktor Institut für Völkerrecht, Universität Graz
  • Hans-Peter Dittler, Diplom-Informatiker, Mitbegründer Deutsche Interessengemeinschaft Internet
  • Alvar C. H. Freude, Software-Entwickler, Mitglied der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages
  • Christian Stöcker, Leiter des Ressorts Netzwelt bei SPIEGEL ONLINE

Herausgeber des Papiers ist Wolfgang Kleinwächter, Professor für Internet Politik und Regulierung an der Universität Aarhus.

Die Co:llaboratory Discussion Papers MIND werden sich ab sofort in loser Folge mit aktuellen Internet-Themen auseinander setzen. Die Papiere verstehen sich als moderne Streitschriften: Im Mittelpunkt steht eine prägnante und gerne provozierende Proposition einer Autorin oder eines Autors. Im Anschluss erhalten Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten in der Rubrik Replik die Gelegenheit, die Ausgangsthese zu kritisieren und weiterzuentwickeln. Insgesamt versteht sich die Paper-Serie als innovativer Beitrag zu einer sachlichen und transparenten Diskussion über die Zukunft von Internet & Gesellschaft. Experten und die interessierte Fachöffentlichkeit sind aufgerufen, sich auf www.collaboratory.de/discussion_papers aktiv an der weiterführenden Diskussion zu beteiligen.

 



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