Google Street View: Eine Zusammenfassung

Street View

Street View hin, Street View her. Überall raufen sich die Medien zusammen und zermalmen jedes Zitat, das aus den Reihen der Politiker kommen. Doch was ist Street View eigentlich, warum ist es die Rettung der Deutschen und wieso haben so viele Angst davor?

Was ist Street View? – eine Geschichte

2007 finden sich Googler bei der Where 2.0-Konferenz zusammen. Sie stellen ein neues Google Maps-Projekt vor, welches „Street View“ genannt wird. Street View heißt Straßenansicht, was wiederum die Perspektive aus der Sicht der Fußgänger und Autofahrer beschreibt. Kurz darauf taucht schon die erste Version auf – völlig ohne jeden Datenschutz. Schon damals haben wir vom GoogleWatchBlog uns gefragt: „Geht Street View zu weit?„, die Antwort war klar: Die Idee ist super, aber bitte ohne Gesichter und ohne KFZ-Kennzeichen.

Von der technischen Seite ist es eigentlich die Idee, wie vielen Leuten helfen sollte: Man schnallt eine 360°-Kamera auf ein günstiges Auto und fotografiert ein wenig. Ist man dann fertig, speichert man die Fotos ab und setzt sie zusammen. 

Schon damals, 2007, fragten sich Datenschützer: Geht das? – und kurz darauf kam auch schon – mithilfe von Street View – erste lustige Bilder ans Tageslicht. Für die „Opfer“ war es sicher nicht so belustigend. Daher hat Google auch reagiert und die Gesichter geblurrt, was so viel heißt wie „verschwommen, unkenntlich“ gemacht. Die Reise über die ganze Welt geht weiter: Von Japan, nach Mailand, nach Rom, Niederlande, Paris – bis Mitte 2008 erste Street View-Autos auch in Deutschland gesichtet werden.

Schon damals haben wir unsere Nutzer gefragt: „Streetview soll nach Deutschland kommen – Macht dir das Angst?“ und von knapp 1000 Befragten gaben knapp 47%, also geringfügig weniger als die Hälfte an, dass sie eher freudig auf den Service warten. Die Umfrage kann man nicht für bare Münze verkaufen, allerdings zeigt sie gut, wie unsere Leser mit dem Thema umgehen.

Die USA lebt schon seit knapp einem Jahr mit Street View (2008) und ist hoch zufrieden. In der EU hingegen hört man von dem neuen Service und ist von Anfang an wenig begeistert. Kaum wurde das geklärt, hat sich die Presse auf einmal auf den neuen Service gestürzt, obwohl von diesem noch nicht einmal sehr viel bekannt war – außer dass es Fotos von der Straße, Häusern und Autos geben würde. Seit dem ist die deutsche Politik auf dem Weg, Google Street View in den Medien als „Gefahr“ hinzustellen. Es werden Theorien konstruiert und keiner weiß so recht, was an diesem Service gut sein soll – ein Service, der auf einmal alles digitalisieren möchte, was wir eh Tag für Tag sehen.

Währenddessen geht anderorts Street View seinen Gang. Sogar die strengen Australier geben ihr OK, und auch die Britten haben nix gegen Street View. In Deutschland fotografiert Street View lustig weiter und stört sich gar nicht an den kritischen Stimmen. Europa zieht 2009 sowieso nach, nur in Deutschland wartet man…. Worauf? Dass Google sich einigt mit den deutschen Behörden. Allen voran Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar. Er hat Google ein Ultimatum gestellt; danach geht es immer wieder hin und her. Die Deutschen tuen sich sehr schwer mit einem Dienst, der hätte so toll sein können. Dann die Entwarnung: Alles gar nicht so schlimm. Oder doch

Das war aber noch nicht Alles. Dass Städte und Gemeinden sich gegen Street View stellen, mag man noch verkraften. Aber was das Fass zum Überlaufen gebracht hat, waren letztendlich die W-LAN-Fahrten mit den W-LAN-Daten. Dann kamen auch noch Passwörter hinzu. Und dass alles soll ein Street View-Auto innerhalb vom vorbeifahren gespeichert haben? Nein, nicht ganz. Zumindestens im Königreich finden die Datenschützer keine relevanten Daten. Die Datenbruchstücke waren also so klein, dass man nichts hätte rekonstruieren können. Persönliche Daten: Fehlanzeige. Da tut es auch gut, wenn die Software (die vorher einige Fehler intus hatte) nun auch Passanten retuschieren kann.

Das alles will man in Deutschland nicht wissen. Man bleibt fest dabei, dass Google sich auch gesetzlichen Regeln unterzuordnen hat. Und gibt es dafür keine Gesetze, so konstruiert man einfach mal den Lex Google.

Ist Street View andernorts auch so „beliebt“?

Ja, in den USA gibt es aktuell einen Zusammenschluss. Zwar kommt der knappe 3 Jahre zu spät, dennoch ist es nie zu spät, seine Daten zu retten. Ein Generalstaatsanwalt verfolgt dort die Absicht, Google wegen den W-LAN-Fahrten vor das Gericht zu ziehen. 

Auch in Großbritannien (siehe oben) wurde heftigst diskutiert. Dort hat man bereits die Festplatten von den Street View-Fahrten untersucht.

In Südkorea wurde kürzlich ein Google-Büro gestürmt; dort wurden Festplatten und Dokumente beschlagnahmt. Es besteht der Tatverdacht, Google könnte W-LAN-Phishing betreiben.

Google Street View – die Möglichkeiten eines neuen Tools

Abgesehen von den vielen Pannen, die Street View weiter ins Presselicht rückt, gibt Street View die Möglichkeit, seine Stadt – und allgemein alle Städte – in 3D zu erleben. Damit verbunden können natürlich auch Touristen die Stadt begutachten, bevor sie dahin fahren. Ein Pluspunkt für jeden Touristenort und jedes Hotel. Damit lässt sich natürlich gezielt auch Street View als Touristen-Magnet einsetzen. 

Street View ist auch dafür gedacht, dass sich vorher Interessenten informieren können, ob es beispielsweise ein super Brunnen auf dem Markt gibt, wie das allgemeine Stadtbild ist und welche Points of Interests es so gibt. Auch für die Stadt selbst eröffnet sich dadurch eine Welt, um seine Stadt besser kennenzulernen. Beispielsweise könnte man die Stadt verbessern, indem man in Street View schaut, welche Ecken noch nicht so gut aussehen. Auf Webseiten kann Street View einfach eingebunden werden, damit sich Leute einen virtuellen Stadtrundgang anschauen können – für kostenlos!

Die Möglichkeiten für Street View sind groß. Auch im restlichen Leben kann man Street View gut intigrieren – immerhin können alle von den Bildern profitieren, in Projekte einbinden – vielleicht sogar Spiele entwickeln – auf den Street View-Daten. Für Unternehmen wird Street View schon zum wichtigsten Stück Software: Endlich können Besucher in 3D bis zum Ladenlokal navigieren, keine 2D-Karten mehr. Und Navigationsgeräte können endlich darstellen, was auf der Straße auch passiert… keine Icons mehr, die Verwirrung aufzeigen können.

Man kann eigentlich immer Neues aus diesen Daten generieren, für so ziemlich jeden Bereich im Leben. Und Street View wird dennoch gehasst – steckt der Teufel im Google?

Warum haben so viele Angst vor Street View?

Es ist eine nahezu panische Angst. Eines Tages wachen verstörte Rentner auf und finden ihr Haus im Internet abgebildet. Müssen sie jetzt Angst haben? Vor Verbrechern? Vor Werbung? Vor Nachbarn? Nein, ernsthaft: Das Risiko durch Street View wird definitiv nicht höher.

Schaut man sich die bisherigen Dienste an, kann man auch sagen, dass dadurch kaum bis gar nicht das Risiko von Verbrechen gesteigert wurde. Würden Einbrecher so etwas planen, hätten sie das schon lange über Google Maps und ein Soziales Netzwerk getan: „Ich bin jetzt im Urlaub für 4 Wochen, bis später, Leute!“. Auch die Privatsphäre geht dadurch nicht verloren, das hat man beim Telefonbuch auch schon gesagt „jetzt weiß jeder meine Adresse“. Und wenn doch: Warum gibt es dann enorme Projekte, wie etwa Sightwalk? Und warum hat sich da noch keiner um Datenschutz bemüht? In Österreich etwa NORC? Das kann sich auch keiner so wirklich erklären schätze ich.

Man kann fast sagen, die Menschen haben Angst vor Street View, wie die Katze vor dem Staubsauger. Da kommt etwas, das die Leute nicht einschätzen können – und es wird die digitale Welt wandeln. Und wir Deutschen sind eigentlich schon immer so eingestellt: Alles was neu ist, das verdammen wir erst einmal (wie wir schon beim Web 2.0 gesehen haben). Immerhin gibt es ja eine Möglichkeit, dass man vorsorgt. Typisch deutsch eben.

Dabei müssen wir vor nichts Angst haben, außer dass wir bald völlig anders über ein Thema reden werden, welches aktuell der Füller des Sommerloch für einige Medien ist, so scheint es. Dennoch können wir uns es nicht verkneifen: Google Street View kommt irgendwann – und wenn nicht, sind wir daran schuld.



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comment 1 Kommentare zum Thema "Google Street View: Eine Zusammenfassung"

  • Also ich muss meinen Hut ziehen. Dieser Artikel ist echt Klasse geworden, habe ich gern gelesen.

    Einzig sollte man bei W-Lan „Logging“ erwähnen, dass das Fraunhofer Institut auch schon seit Jahren macht. Ähnlich dem StreetView wie SightWalk
    ( http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,690600,00.html oder http://www.mdr.de/mdr-info/7272942.html )

    Nun sollte man die Medien mal auf diesen Bericht aufmerksam machen, den genau so wie du es schilderst konnte man es hier bzw. in den Medien entnehmen.

    Wenn Google dies so Entwickelt das Läden die Möglichkeit bekommen könnten, diese zu Verlinken hätte man ein Stück näher das Kartenmaterial/Telefonbuch 2.0 (hier ehr Webbuch)

    Eine weitere Möglichkeit ist, dass man zu alte Fotos nun den richtigen Standort schreiben kann, anstatt nur „London“ könnte man nun „London, Piccadilly Circus“ o.ä. schreiben wenn man noch das Fotoalbum bzw. analoge Fotos 1.0 hat. Die neusten Digital Bilder haben durch Handy oder GPS-Kameras ja inzw. den GeoTag inbegriffen.

    Aber wie du sagst, es gibt einfach viele Möglichkeiten.
    Ich sehe StreetView hingegen als geniale Möglichkeit und habe nichts dagegen das ich oder mein Haus Fotografiert werden. (hier war StreetView schon im März/April (Nienburg Weser)

    Gruß Marco / COOLover

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